Auf Initiative von Daniela Klodt vom Kriminalkommissariat 12 der Dortmunder Polizei wurde der audiovisuelle Vernehmungsraum für Kinder als Opfer sexuellen Missbrauchs neu gestaltet.

Auf Initiative von Daniela Klodt vom Kriminalkommissariat 12 der Dortmunder Polizei wurde der audiovisuelle Vernehmungsraum für Kinder als Opfer sexuellen Missbrauchs neu gestaltet. © Kolle

Missbrauch: Wie die Dortmunder Polizei Kindern hilft, ihre Geschichten zu erzählen

rnPolizei Dortmund

Für Kinder, die sexuell missbraucht wurden, ist es eine Belastung, von diesem traumatischen Erlebnis zu erzählen. Um es ihnen zu erleichtern, hat sich die Polizei in Dortmund etwas einfallen lassen.

Dortmund

, 30.05.2022, 08:35 Uhr / Lesedauer: 2 min

Auf den ersten Blick passt der Raum gar nicht zu dem, was in ihm besprochen wird. Die Atmosphäre ist hell und freundlich: türkisfarbene Vorhänge am Fenster, Bilder an den grau-weißen Wänden, eine Stehlampe hinter einem ovalen Tisch mit zwei Stühlen. Einzig der stachelige Kaktus auf der Fensterbank ist ein unbeabsichtigtes Indiz dafür, dass das, was hier zur Sprache kommt, unter die Haut geht.

Erst bei näherem Hinsehen fallen das Mikrofon und die Kamera unter der Decke ins Auge. Weitere Kameras hängen in der Fensternische und über der Heizung. Der neugestaltete Raum für audiovisuelle Vernehmungen mit Kindern, die mutmaßliche Opfer eines sexuellen Missbrauchs sind, soll dem Opferschutzgedanken mehr Rechnung tragen als bisher und die Situation für die Kinder erträglicher machen, aber gleichzeitig beweiskräftige Ermittlungen ermöglichen. Das Zimmer ist weder Büro- noch Wohnraum; denn auch Letzteres würde Kinder zu sehr ablenken.

„Die Technik war erdrückend“

Audiovisuelle Vernehmungen mit Kindern gebe es in Dortmund schon länger, sagt Daniela Klodt vom zuständigen Kriminalkommissariat (KK)12 der Polizei, doch bislang habe die Ausrichtung auf der Technik gelegen. „Die war sehr präsent und sehr erdrückend.“ Die Polizeibeamtin hat auf Wunsch der Kollegen die Initiative ergriffen, um das zu verbessern.

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Klodt und ihre Kollegen haben sich zunächst die Vernehmungsräume anderer Polizeibehörden angesehen und sich „von jedem Raum das Beste abgeguckt.“ So wurden in Dortmund aus einem Vernehmungsraum zwei Räume. Im eigentlichen Vernehmungsraum sitzt die Kriminalbeamtin oder der Kriminalbeamte mit dem Kind oder Jugendlichen am Tisch. Manchmal seien die Kinder erst drei Jahre alt, berichtet Daniela Klodt.

Im Raum nebenan ist jetzt die Technik untergebracht. Auf der Seite des Vernehmenden ist ein Bildschirm schräg eingelassen. Über diesen Monitor kommen im Fall des Falles für das Kind nicht sichtbare Hinweise und Impulse von einem zweiten Beamten, der die Vernehmung von nebenan mitverfolgt.

Auf das Gespräch konzentrieren

Über einen großen, mehrteiligen Bildschirm im Technikraum kann er oder sie die Aufnahme aus mehreren Perspektiven beobachten, Mimik und Gesten erkennen, etwa wenn ein Kind unter dem Tisch mit den Beinen zappelt. Auch Eltern oder ein Anwalt finden dort Platz. „Die Eltern melden uns durchaus zurück, dass das für sie eine angenehme Umgebung“, sagt Daniela Klodt.

Der Vorteil sei, so Thomas Mayer, Leiter des KK2, dass man sich auf das Gespräch mit dem Kind konzentriere und nicht auf die Technik. „Wer mit dem Kind spricht, muss das Gespräch für die Protokollierung von Fragen und Antworten nicht unterbrechen. Das muss uns helfen, besonders belastende Situationen zu vermeiden.“

„Dieser neue Raum spiegelt die Erfahrung, das hohe Engagement und die professionelle Sensibilität unseres KK12 im Umgang mit Kindern nach einem sexuellen Missbrauch wider“, stellt Polizeipräsident Gregor Lange fest. „Darin zeigt sich auch, wie wichtig uns der Opferschutz ist.“

Vernehmungsraum wird einmal am Tag gebraucht

Das Erschreckende: Der Vernehmungsraum wird inzwischen im Schnitt täglich wegen des Verdachts von Kindesmissbrauch aufgesucht, um die traurige Geschichte in Bild und Ton zu protokollieren. Von 1225 Sexualstraftaten, in denen 2021 im Zuständigkeitsbereich der Dortmunder Polizeibehörde ermittelt wurde, entfielen 152 auf den sexuellen Missbrauch von Kindern. Tendenz steigend.

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Die Dortmunder Polizei reagiert darauf und auf die steigenden Fallzahlen bei der Kinderpornografie mit der Einrichtung einer neuen Ermittlungskommission, die zum 1. Juni 2022 ihre Arbeit aufnimmt. Dafür wurden die personellen und technischen Ressourcen des KK12 in den vergangenen Monaten und Jahren auf das Vierfache erhöht.

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