Keine Sechs-Tage-Woche mehr für Weinhaus Hilgering am Westenhellweg „Ich habe mir da viele schlaflose Nächte gemacht“

Personalmangel und Überlastung: Weinhaus Hilgering schließt jetzt immer montags
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Es sind bewegte Tage für den Einzelhandel und dessen Angestellte im Januar 2024. Neben den „großen“ Nachrichten zu Galeria Karstadt und anderen großen Playern, gibt es auch „kleine“ Botschaften. Diese sagen allerdings viel aus über die Herausforderungen der Branche.

Das Weinhaus Hilgering, seit 1959 am Westenhellweg 114 in Familienbesitz, weist seine Kundinnen und Kunden auf einen ungewöhnlichen Schritt hin.

Montags bleibt das Geschäft geschlossen. Keine Sechs-Tage-Woche mehr in einem durchaus beliebten inhabergeführten Geschäft in Dortmunds Toplage – das ist selten.

Rechnung geht nicht auf

„Ich habe mir diese Entscheidung sehr, sehr schwer gemacht“, sagt Matthias Hilgering. Doch durch den Wegfall eines Mitarbeiters im vergangenen Jahr sei für die verbliebenen Personen im Betrieb die Belastung vor allem im zurückliegenden halben Jahr zu groß geworden.

„Wir sind im Moment unterbesetzt und es ist auch nicht so einfach adäquates Personal zu finden“, sagt er.

Er macht die Rechnung für seinen vergleichsweise kleinen Betrieb auf. „Wir sind vier Personen im Verkaufsbereich. Ungefähr zwei Drittel des Jahres sind Menschen im Urlaub, dann sind wir noch zu dritt. Dann haben wir die freien Tage, die wir aufgrund der Sechs-Tage-Woche geben müssen und auch wollen, damit die Mitarbeiter fit bleiben. Dann wären wir nur noch zu zweit im Geschäft.“

Hartes Weihnachtsgeschäft

Damit, so Hilgering, könne er „weder eine Beratungsqualität bieten, noch funktioniert das für die Freizeit der Mitarbeiter“.

Er treffe diese Entscheidung deshalb auch aus Rücksicht auf das Wohlergehen aller Beteiligten. „Ich muss auch an die Mitarbeiter denken, dass sie ihre Fitness behalten, dass sie motiviert bleiben. Wenn man sechs Tage die Woche durcharbeitet wie temporär im Weihnachtsgeschäft – das können wir nicht ganzjährig stemmen, das ist nicht möglich.“

Keine Sechs-Tage-Woche mehr trotz bester Lage. Die Reaktionen der Kunden darauf seien bisher positiv, sagt Unternehmer Matthias Hilgering.
Keine Sechs-Tage-Woche mehr trotz bester Lage. Die Reaktionen der Kunden darauf seien bisher positiv, sagt Unternehmer Matthias Hilgering. © Felix Guth

Hilgering sagt: „Das dehnt sich ja weiter in den familiären Bereich aus, auch auf meinen. Meine Kinder freuen sich auch, wenn ich mal vielleicht einen halben Tag mehr leisten kann. Das letzte halbe Jahr war eine Kraftanstrengung.“

Die Reaktionen der Kunden auf den zusätzlichen Schließungstag seien bisher durchweg verständnisvoll. Ohnehin werde der Inhaber weiter immer ansprechbar bleiben – auch montags, gerade in der Übergangsphase. Der Schließungstag wird für den selbstständigen Unternehmer vermutlich selten ein freier Tag.

Wie riskant ist der Schritt?

Aber Matthias Hilgering ist sich im Klaren darüber, dass er einen Schritt geht, von dem er noch nicht genau weiß, wo er genau hinführt.

„Ich weiß nicht, wie riskant das ganze Thema ist. Natürlich ist das immer die Sorge eines Unternehmers, dass der Umsatz darunter leidet. Ich habe mir da viele schlaflose Nächte gemacht. Es war alternativlos, denn es gibt keine bessere Lösung.“

Hilgering, über viele Jahre Mitglied im Vorstand der Händlervereinigung Cityring, hält es für wahrscheinlich, dass viele inhabergeführte Betriebe in der Dortmunder City vor einer ähnlichen Situation stehen. Und Dortmund legt eben gerade auf diese Geschäfte in der Außenwirkung auch großen Wert - etwa über Marketing-Aktionen wie die Qualitätsroute.

Schwieriges Umfeld

Von der Entscheidung unbeeinflusst sei sein Einsatz für die Händlerschaft in Dortmund, sagt Hilgering.

Dort, wo sich sein Weinhaus befindet, im unmittelbaren Umfeld von Drogenkonsumraum und großen Leerständen, seien auch Fortschritte erkennbar. „So lange der Druck der Ordnungsbehörden da ist, funktioniert das weitestgehend gut. Das ist immer noch ein schwieriges Thema. Aber es ist auf jeden Fall eine deutliche Besserung zu erkennen“, sagt Hilgering.

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