
© Oliver Schaper
Keine Lust auf Schlangestehen? Der „rote Blitz“ fährt für andere Dortmunder einkaufen
Nahversorgung
Seit über fünf Jahren fährt Michael Bösebeck mit seinem roten Ape für andere Leute im Supermarkt einkaufen. Er berichtet, wie aus einer Schnapsidee ein Erfolgsrezept wurde.
Eigentlich sei es „eine Schnapsidee“ gewesen, sagt Michael Bösebeck: nur mit einem Roller und einem Anhänger einen Lebensmittellieferservice in Dortmund auf den Weg zu bringen. Doch sein Plan ging auf: Innerhalb kurzer Zeit belieferte er so viele Menschen, dass er mittlerweile davon leben kann. Passend zu seinem roten Kleintransporter mit drei Rädern nennt er seinen Service „Der rote Blitz“.
Bösebeck ist gelernter Fleischer, machte bei der Bundeswehr eine Ausbildung zum Koch und arbeitete später als Einzelhandelskaufmann in Lebensmittelgeschäften. Wenn er sich also mit etwas auskennt, dann sind es Lebensmittel und Supermärkte. Die Lieferservices von Rewe und Edeka inspirierten ihn dazu, selbst einen solchen Service aufzubauen – und es mindestens genau so gut, wenn nicht besser zu machen als die großen Ketten.
Kunden müssen sich für ein Geschäft entscheiden
Dabei hat Bösebeck als Alleinunternehmer und mit seiner Ausbildung einige Vorteile. Der erste: Er kennt sich aus. In seinen Wagen, sagt er, komme nur, was gut sei. Und allein an der Bestellvorlage auf seiner Webseite sieht man, dass Bösebeck über die Sortimente der Lebensmittelläden Bescheid weiß: Neben „Obst und Gemüse“ und „Brot, Zwieback, Konfitüren“ umfassen die sieben Seiten „Molkereiprodukte, Eier, Salate“ und später Fleisch, Wurst, Käse, „Fisch und Salate“ als jeweils getrennte Größen.
Sogar verschiedene Konservendosen unterscheidet das Dokument: Obstkonserven, Gemüse- und Sauerkonserven, Fertigkonserven. Das hilft nicht nur beim Bestellen – Bösebeck ist auch strukturiert und schnell durch die Läden durch: 20 bis 30 Minuten, dann sitzt er wieder im Auto. 50 bis 90 Kilometer legt Bösebeck pro Tag mit seinem Ape zurück.
Dabei ist er nicht an eine bestimmte Kette gebunden und kann auch zu Discountern gehen. Nur mehrere Stationen für einen Einkauf, „das mache ich nicht. Der Kunde muss sich schon für einen Laden entscheiden.“ Andernfalls könne er die Terminabsprachen nicht einhalten. „Wenn ich sage, ich komme um Drei, dann komme ich auch um Drei“, sagt Bösebeck. Das ist ihm wichtig: „Ich mache die Termine, damit die Kunden nicht den ganzen Nachmittag darauf warten müssen, dass ich komme.“
40 Kunden pro Woche - alle werden einzeln beliefert
Zu seinem Angebot, sagt er, gehöre eben auch, dass er alles bis vor die Wohnungstür bringe. „Jeder Kunde kommt einzeln dran“, sagt Bösebeck. „Nur manchmal erledige ich mehrere Einkäufe auf einmal. So stelle ich sicher, dass ich nicht stundenlang mit den Lebensmitteln durch die Gegend fahre.“
Die meisten seiner rund 40 Kunden pro Woche bestellen vor. „Aber wenn man montags bis mittwochs vor zwölf Uhr anruft, schaffe ich es meist noch am gleichen Tag“, sagt er. Pro Lieferung nimmt Bösebeck 7 Euro. Schwer vorzustellen, dass das zum Leben reichen soll. „Ich habe es mal durchkalkuliert“, sagt Bösebeck. „Eigentlich müsste man um die 10 Euro nehmen, damit es sich rentiert.“
Doch konkurriere er nun einmal mit eben den großen Ketten, die ihn einst auf die Idee brachten: „Rewe nimmt beispielsweise pro Lieferung nur 5 Euro“, sagt Bösebeck. „Das kann aber gar nicht kostendeckend sein – man muss die Leute ja auch bezahlen, das Auto warten und tanken.“ Er werde von seinem Verdienst nicht reich, sagt er, „aber ich bin glücklich und zufrieden.“
Zu 90 Prozent beliefert Bösebeck Senioren
Zumeist arbeitet Bösebeck nämlich für Leute, die wirklich froh seien, ihn zu haben. Zu etwa 90 Prozent beliefere er Senioren, die nicht mehr gut zu Fuß seien geschweige denn schwere Tüten die Treppen bis in ihre Kreuzviertel-Wohnungen hochtragen könnten. Andere könnten nach Unfällen oder wegen Krankheit nicht raus. Wieder andere, sagt Bösebeck, seien gewerbliche Kunden – oder hätten einfach keine Zeit und keine Lust, zwei Stunden für einen Einkauf aufzubringen. „Für solche Leute ist es ja genauso gedacht: die die Zeit lieber nutzen, um zu Hause etwas zu erledigen.“
Verständlich – denn auch für ihn ist es lästig, an der Kasse oder der Theke anzustehen: „Das kostet echt die meiste Zeit“, sagt er. Einen kleinen Luxus hat Bösebeck sich deshalb gegönnt, als er seinen Service aufzog: Samstag wird nicht eingekauft. Fünf Tage die Woche verbringt er schon in Supermärkten und auf Straßen und in fremden Treppenhäusern, da nimmt er sich die zwei Wochenend-Tage als Auszeit. „Ich bin zufrieden mit dem Service“, sagt Bösenbeck. „Und ich hoffe, dass ich das noch lange machen kann.“
Im Dortmunder Süden groß geworden, mittlerweile Innenstadtbewohnerin. Hat an der TU Dortmund Musik mit Hauptfach Orgel, Germanistik und Bildungswissenschaften studiert, studiert jetzt zusätzlich Musikjournalismus. Seit 2010 bei den Ruhr Nachrichten. Schreibt am liebsten über Kultur und erzählt Geschichten von Menschen.