
Transparenz sieht anders aus. Seit Übernahme des 52 Hektar großen, früheren Werksgeländes von Hoesch Spundwand und Profil (HSP) 2016 durch die Essener Thelen-Gruppe zeichnete sich ab, dass es mit Wohnungsbau dort schwierig werden könnte. Mehr oder weniger alle Projektverantwortlichen wussten von Anfang an, dass die Nutzung der Fläche eingeschränkt war.
Der Verkäufer Thyssenkrupp (TK) hatte seine Interessen durch einen Eintrag ins Grundbuch gesichert, der, so sagt die Thelen-Gruppe, Wohnungsbau unmöglich mache. TK gehe es darum, benachbarte, in Betrieb befindliche Produktionsstätten zu schützen. Man wollte verhindern, dass es durch „heranrückenden Wohnungsbau“ zu Konflikten komme, die letztlich zu Lasten der Betriebe enden könnten.
Wohnungsbau aber war immer ein wichtiger Bestandteil in den Smart Rhino-Planungen fürs HSP-Gelände. Schließlich sollten dort Hunderte von Wohnungen entstehen. Dass der ebenfalls gewünschte Neubau der Dortmunder FH auf wackeligen Füßen stand, war den Politikern im Rat all die Jahre bewusst. Über den Umstand, dass sogar der Eckpfeiler Wohnungsbau gehörig wankte, wurden sie im Unklaren gelassen.
Die zuständigen Ratsgremien sind darüber zu keinem Zeitpunkt ins Bild gesetzt worden. Erst kurz vor dem Aus von Smart Rhino im Juli sickerten vereinzelt erste, zarte Hinweise durch. Das ist ein schlechter Witz und hat mit Transparenz nichts zu tun.
Den toten Punkt überwinden
Vor Kurzem blieb es Planungsdezernent Szuggat vorbehalten, den Politikern reinen Wein einzuschenken – die dann prompt vom Glauben abfielen. Die Begründung für die jahrelange Verschwiegenheit der Projekt-Macher klingt abenteuerlich: Man sei davon ausgegangen, TK werde schon mit sich verhandeln lassen – erst recht, wenn es zu einem FH-Neubau auf HSP komme. Zumal dann auch das Land NRW mit im Boot säße und so von „höherer Ebene“ auf TK eingewirkt werden könnte. Das war das Prinzip Hoffnung. Was daraus wurde, ist bekannt.
Wie es mit der Brachfläche in absoluter City-Nähe nun weitergehen soll, ist offen. OB Westphal ließ vor Monaten durchklingen, man wende sich wieder den ursprünglichen Plänen für die HSP-Fläche zu – ohne einen FH-Neubau. Später ließ er in einem SPD-Ortsverein fallen, man könne statt der FH auch eine Berufsschule auf die Fläche verlagern. Das Grundsatzproblem aber bleibt: Auch das anfängliche Konzept sah neben Grün- und Gewerbeflächen Wohnungsbau vor – bis zu 800 Wohneinheiten waren damals dimensioniert, später waren es noch deutlich mehr.
Um wenigstens jene 800 auch nur ansatzweise zu realisieren, führt kein Weg an (neuen) Verhandlungen mit TK vorbei. Sie müssen Chefsache des OB sein. Ob sie Erfolg versprechen, hängt auch davon ab, welches Pfund die Stadt in die Gespräche einbringen kann: Gut möglich, dass tk umgekehrt Pläne schmiedet, für die der Konzern wiederum die Zustimmung der Stadt benötigt - so werden Deals gemacht. Und ja: Ein Eintrag im Grundbuch wird nicht durch Fingerschnippen beseitigt. Er ist aber auch nicht für alle Zeiten zementiert.
Für die Thelen-Gruppe ist die Lage erst einmal komfortabel: Wohnungsbau auf HSP ist für die Essener ohnehin ein ungeliebtes Kind. Der Investor setzt, wenn überhaupt, lieber auf Gewerbe. Auch da gibt es seitens der Stadt noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
Dass die HSP-Brache, die fast so groß ist wie die Stadtkrone Ost, auch Wohnungsbau benötigt, ist Konsens zwischen den Ratsfraktionen. Gut so. Strittig ist, in welcher Größenordnung. „Wir befinden uns in der Stunde Null“, hieß es vonseiten der Thelen-Gruppe, kurz nachdem Smart Rhino vom Tisch war. Es wird höchste Zeit, den toten Punkt zu überwinden - das gilt für alle Beteiligten. Das riesige Grundstück am Rande der City ist schlicht zu wertvoll, um es auf Jahre veröden zu lassen.
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