Nur ein Beispiel von vielen ist diese Hausfassade an der Schleswiger Straße in der Nordstadt. An vielen Stellen wurde das Viertel bereits aufgehübscht. © Archiv

Grundstücksmarktbericht

Immobilienboom in der Dortmunder Nordstadt: Die Kaufpreise steigen

Auf den ersten Blick verwundert es: in der Nordstadt haben sich seit 2015 die Kaufpreise für Immobilien nahezu verdoppelt. So steht's im Grundstücksmarktbericht. Es gibt Gründe dafür.

Dortmund

, 23.04.2021 / Lesedauer: 4 min

Wenn Klaus Spieker aus seinem Bürofenster an der Münsterstraße 13 schaut, blickt er rüber zum Burgtor und auf das Grundstück, auf dem das einstige Erotikkino Studio X abgerissen werden und ein spektakuläres Hochhaus entstehen soll.

Das Gebäude am Eingang von der City zur Nordstadt wird in einigen Jahren, so ist es zu vermuten, weithin sichtbar für den Wandel zwischen Burgwall und Lortzingplatz stehen.

Einen Hinweis auf diesen Wandel liefert bereits der Grundstücksmarktbericht 2021. Darin ist ausgewiesen, dass es neben Hörde nur einen Stadtbereich gibt, in dem sich in Dortmund der Immobilienkaufpreis seit 2015 nahezu verdoppelt hat - und das ist die Nordstadt. Allein von 2019 auf 2020 stiegen die Kaufpreise um fast 20 Prozent.

Der enge Markt rückt die Nordstadt in den Fokus

Während sich für Hörde der Preisanstieg schnell und plausibel mit dem anhaltenden Phoenix-See-Effekt erklären lässt, ist eine Erklärung für die Nordstadt schwieriger. Hier gibt es nicht den einen Grund.

„Es ist so, dass der Immobilienmarkt unheimlich eng ist. Daher melden sich Kapitalanleger und fragen, was es denn gibt. Und da ist die Nordstadt als Innenstadt-Lage nicht schlecht. Man geht im Markt von einem weiteren Zuzug aus und davon, dass die Leute zentral wohnen wollen“, sagt Klaus Spieker.

Auf diesem Grundstück des ehemaligen Erotikkinos hinter den Bahngleisen an der Leopoldstraße soll ein spektakuläres Hochhaus gebaut werden. Das Projekt könnte für die Nordstadt in eine neue Zukunft weisen. © (A) Schaper

Dr. Thomas Bach, der Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund in Dortmund, bestätigt die Dynamik, die der Markt für Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäuser in der Nordstadt genommen hat. „Wenn es sonst wenige Immobilien gibt, lenkt das den Fokus auf die, die am Markt sind“, sagt er.

Dass sich der genormte Kaufpreis pro Quadratmeter Wohnfläche des Wohneigentums fast verdoppelt habe, hänge aber auch damit zusammen, dass die Nordstadt lange extrem unterbewertet gewesen sei. „Da waren die Preise im Keller“, sagt Thomas Bach.

In der Nordstadt: 745.000 Euro für ein Mehrfamilienhaus

Aktuell werden beispielsweise auf dem Immobilienportal „Immobilienscout 24“ eine 48-Quadratmeter-Wohnung am Nordmarkt für 99.999 Euro oder ein Mehrfamilienhaus mit 248 Quadratmetern Wohnfläche für 745.000 Euro angeboten. Überhaupt finden sich nur wenige Angebote aus der Nordstadt.

Für Didi Stahlschmidt, der nicht nur freier Mitarbeiter dieser Redaktion ist, sondern sich auch beim Quartiersmanagement Nordstadt engagiert, ist der Nachfrage- und Preisanstieg nicht überraschend. „Der geht einher mit einer bundesweiten Entwicklung in den Großstädten“, sagt er und hat neben den Marktmechanismen aber noch einen anderen Erklärungsansatz: „In Dortmund kommt hinzu, dass sich in der Nordstadt in den vergangenen Jahren ein Wandel vollzogen hat. Das städtebauliche Erscheinungsbild hat sich verbessert. Dazu haben das Hof- und Fassadenprogramm und das Modernisierungsprogramm der Stadterneuerung erheblich beigetragen. Das fällt auf und rückt die Nordstadt wieder mehr in den Fokus der Immobilienwirtschaft.“

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Tatsächlich ist beim Gang durch die Nordstadt augenfällig, dass die Zahl der Problem-Immobilien - sprich: Gammelhäuser - deutlich abgenommen hat. „Die Anleger erkennen, dass die Vermietbarkeit in der Nordstadt auch langfristig gegeben sein wird. Und es sind auch viele Kleinanleger unterwegs, die für ihre Familien Wohnungen kaufen“, sagt Klaus Spieker.

Nordstadt-Investoren benötigen langfristige Strategie

Es zeigt sich also, dass die Menschen gerne in der Nordstadt wohnen und sich auch ein Generationswechsel bemerkbar macht. Die Kinder der Migrantenfamilien, die vielfach studiert haben, investieren in die Immobilien.

Kapitalanleger, die auf der Flucht vor den Negativzinsen für ihr Vermögen in der Nordstadt trotz steigender Preise und damit sinkender Rendite Häuser und Wohnungen kaufen, verfolgen, so sagt es Immobilienmakler Klaus Spieker, eine langfristige Strategie mit einer Nettorendite-Erwartung von höchstens drei Prozent.

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Die ist bei dem oben erwähnten Mehrfamilienhaus nicht zu erzielen. Inklusive Nebenkosten für den Erwerb (Grunderwerbssteuer, Notar, Maklerprovision) kostet das Haus mit seinen 248 Quadratmetern Wohnfläche nicht 745.000, sondern rund 800.000 bis 830.000 Euro.

Renditerechnung bedeutet eine Miete von über 11 Euro

Bei einem Eigenkapitaleinsatz von 20 Prozent und unter der Voraussetzung, dass keine Investitionen nötig sind und keine Rücklagen gebildet werden, müsste grob kalkuliert eine Miete von über 11 Euro pro Quadratmeter erzielt werden. Laut Mietspiegel liegt die Durchschnittsmiete derzeit bei knapp sieben Euro. Die Spanne reicht bis 8,51 Euro.

Interessant ist so eine Immobilie höchstens für die Eigennutzung. Und der Preis dürfte auch dafür übertrieben sein. „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel“, sagt Klaus Spieker. Er selbst hat in der nördlichen Innenstadt ein Mehrfamilienhaus mit 465 Quadratmetern Wohnfläche für 795.000 Euro im Angebot.

Die Sorge, dass es aufgrund der Kaufpreisentwicklung zu einer Gentrifizierung, also zu einer Attraktivitätssteigerung des Viertels zugunsten zahlungskräftigerer Eigentümer und Mieter, kommt, hat Klaus Spieker nicht. Noch nicht.

Der geplante Hochhaus-Neubau, für den der schmuddelige Gebäudekomplex mit dem früheren Erotikkino an der Leopoldstraße, auf den er bisher von seinem Büro aus blickt, abgerissen werden soll, läutet vielleicht einen sozioökonomischen Wandel ein. Aber selbst bis der kleine Wolkenkratzer kommt, dauert es noch: vor 2023 wird mit dem Bau nicht begonnen.

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