Mit Farbe übermalt, aus dem Nest geworfen, den Kopf abgerissen. Tote und verletzte Tauben und Taubenküken sammeln Tierschützer seit einem Jahr immer wieder in einer Parkgarage und ihrem Umfeld in der westlichen Dortmund Innenstadt ein. Ein Tatort, an dem Tauben gequält und getötet werden.
Angelika Remiszewski, Dortmunder Kreis- und Landesverbandsvorsitzende der Partei Mensch Umwelt Tierschutz spricht von „unhaltbaren Zuständen“. Gemeinsam mit der Ärztin Katharina Ciak versucht sie, verletzte Tauben zu retten, und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Katharina Ciak führt genau Buch, wie viele tote und verletzte Tauben sie bei ihren Kontrollen aufsammelt. Allein im Juli waren es vier tote und eine sterbende Taube, zwei schwache, unflugfähige Tauben, zwei schwache Tauben, die später gestorben sind und eine verschnürte Taube mit Entzündungen an den Füßen.
„Barbarische Tierquälerei“
In und um die Parkgarage lebt laut Veterinäramt eine Population von rund 50 Tauben. Zum ersten Mal rückte die Garage am 5. Juli 2022 in den Blick der Öffentlichkeit. Damals wurden fünf Taubenküken bei Malerarbeiten mit pinker Farbe überstrichen. Zwei starben, drei konnten von den Taubenschützern gerettet werden. Die Taubenhilfe Dortmund-Lünen hatte sie damals in Pflege genommen.
Die Vorsitzende des Dortmunder Tierschutzvereins Erika Scheffer sprach seinerzeit von „barbarischer Tierquälerei“. Die Täter hätten mit solcher Rohheit die Taubenküken mit Farbe übermalt, dass sie erblindet seien und wegen zugeklebter Schnäbel Atemnot hatten. Scheffer erstattete Anzeige gegen die Mitarbeiter der Malerfirma wegen schweren Verstoßes gegen das Tierschutz-Gesetz.
Allerdings wurde das Verfahren von dem Staatsanwalt eingestellt. Es war nicht eindeutig zu beweisen, dass die Maler die Küken überstrichen hatten. Auch Passanten hätten in den Farbeimer greifen und die Küken übermalen können.
Im Gebüsch entsorgt
Immer wieder haben die Taubenschützerinnen bei neuen Fällen das Veterinäramt und die Polizei verständigt, die auch wiederholt ausrückten. Wie im vergangenen Februar, als Handwerker bei den Sanierungsarbeiten an der Garage Taubenküken aus ihren Nestern geholt und sie im Gebüsch entsorgt haben sollen.
Die Polizei war auch vor Ort, als im Mai innerhalb von drei Tagen fünf Küken mit abgerissenem Kopf gefunden wurden. Erneut erstatteten die Tierschützerinnen Anzeige. Die Akte liege beim Veterinäramt, sagte Staatsanwalt Henner Kruse auf Anfrage. Noch ist unklar, was dieses Mal dabei herauskommt. Voraussichtlich gar nichts; denn die Anzeige läuft gegen Unbekannt.
Die Tierschutzvereinsvorsitzende Erika Scheffer ärgert sich immer wieder darüber, dass solche Verfahren eingestellt werden: „Tauben haben keinen Wert, nicht einmal einen Streitwert von 500 Euro. Wir sind sauer, dass den Tauben so wenig Wertschätzung entgegengebracht wird.“

Nur begrenzt Hilfe
Peer Fiesel, Dortmunder Fachanwalt für Tierschutzrecht und Präsident des Landestierschutzverbands, schreibt häufiger solche Anzeigen. Seit neun Jahren, sagt er, sei der Tierschutz im Grundgesetz verankert, „aber das bringt nur begrenzt Hilfe“. Bei strafbaren Handlungen – wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder oder einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt – drohe in der Regel lediglich eine Geldstrafe. Nur in seltenen Extremfällen und bei Wiederholungstätern sei eine Haftstrafe bis zu drei Jahren möglich.

Ein denkbarer Weg sei, das Veterinäramt um Einschreiten zu bitten, so Fiesel. Wenn die Behörde nicht eingreife und Tiere leiden müssten, mache sie sich selbst strafbar.
Das Veterinäramt beobachte die Lage an der Parkgarage, „insbesondere bei neuen Meldungen im Zusammenhang mit möglichen tierschutzrelevanten Beobachtungen und dies wird je nach Erkenntnislage gemaßregelt“, hatte Stadtsprecher Maximilian Löchter bei einem der angezeigten Fälle erklärt.
Hausverbot für Tierschützer
Beim Fall im Februar, bei dem Taubenküken aus ihren Nestern geholt worden waren, sei das Veterinäramt unverzüglich vor Ort gewesen, so Löchter damals. Die Mitarbeiter der Handwerksfirma und ein Mitarbeiter eines dort ansässigen Fitness-Studios seien „zum Umgang mit der dort ansässigen Taubenpopulation belehrt“ worden – auch in Schriftform. Außerdem habe es im Nachgang weitere Kontrollen gegeben.
Während man der Täter nicht habhaft wird, sehen sich die Tierschützerinnen sanktioniert. So haben zwei von ihnen, darunter Katharina Ciak, in der Parkgarage Hausverbot – wegen „unangemessenen Verhaltens“ so der Anwalt des Fitnessstudio-Betreibers.
Das hält die Ärztin aber nicht davon ab, in ihrer Freizeit nach den Tauben zu sehen und gemeinsam mit Angelika Remiszewski seit Monaten die Taubeneier in den Nestern gegen Gipseier auszutauschen, um die Population im Zaum zu halten und so Tierleid zu verhindern. Solange die Tauben auf den Gipseiern brüten, legen sie keine weiteren Eier.
Kein Stadttaubenkonzept
Sie sei auf die Tierschützer vom Verein „Aktiv für Tiere, Tauben und Wasservogelhilfe“ angewiesen und besonders auf Katharina Ciak, sagt Remiszweski, weil die sich auf die arg verdreckten und hoch liegenden Abzugshauben der Garage traue, um die Eier einzusammeln. „Ich bin nicht schwindelfrei genug, unterstütze die Ärztin aber und sichere die Leiter.“

Sie wünschen sich einfach „einen friedlichen und akzeptablen Umgang miteinander“, sowie mehr Kooperation mit dem Fitnessstudio als Mieter der Stellplatzanlage, um dort ungestört die Taubeneier austauschen zu dürfen und verletzte Tiere zu sichern, so Remiszewski. Von der Aktion profitiere letztlich auch das Fitnessstudio. Weniger Tauben heißt weniger Dreck auf den Parkflächen.
Die Kritik der Tierschützer richtet sich auch gegen die Stadt Dortmund, die es nicht schaffe, im Gegensatz zu anderen Kommunen wie zum Beispiel Gelsenkirchen, ein wirksames Stadttaubenkonzept aufzustellen, um weiteres Tierleid zu verringern.
In die Taubenklinik
Eine Stellungnahme der ehrenamtlichen Tierschutzbeauftragten der Stadt, Dr. Katharina Kalka, war bis Freitag ,4.8., 16.10 Uhr, nicht zu bekommen.
Mit den geretteten Tauben verfahren die Tierschützer je nach Fall unterschiedlich.
Angelika Remiszewski: „Die zumeist verletzten oder kranken Tiere lassen wir tiermedizinisch versorgen, bei Tierärzten oder zum Beispiel in der Taubenklinik Essen. Die Pflege übernehmen dann Taubenschutzorganisationen, zum Beispiel die Taubenhilfe Dortmund-Lünen und Umgebung, aber auch Privatpersonen.“
Platz für Taubenhaus gesucht
Manche Tiere könnten nach kurzer Zeit wieder am Fundort „ausgewildert“ werden, andere bedürften längerer Pflege oder blieben, wenn sie zum Beispiel nicht mehr fliegen könnten, bei der Pflegestelle. Katharina Ciak betreut selbst eine Voliere in ihrem Garten, wo kranke Tauben und Küken untergebracht sind.
Damit erst gar nicht so viele Tauben geboren werden, suchen Remiszweski und Ciak einen Platz für ein Taubenhaus, um dort die Eier gegen Gipseier austauschen zu können – sowie es der Tierschutzverein seit Jahren mit dem Taubenturm im Stadtgarten macht. Angelika Reminszewski: „Wir würden uns freuen, wenn jemand einen Platz für uns hätte...“
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