Hoffnung dominiert Diskussion um Karstadt-Aus „Wir erleben tollen Beistand der Kunden“

Live-Talk zum Karstadt-Aus: „Wir erleben tollen Beistand der Kunden“
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Davon, dass auch in Dortmund das Karstadt-Haus komplett geschlossen werden soll, war Tobias Heitmann am Anfang der Woche genauso überrascht wie viele andere. Dortmund sei doch schließlich ein sehr starker Handelsstandort und Karstadt befinde sich am Westenhellweg in einer absoluten Top-Lage, fand der Vorsitzende des Cityrings, der Interessen-Gemeinschaft der Innenstadt-Händler,

„Ich habe wohl damit gerechnet, dass sich Karstadt von jetzt 21.000 Quadratmetern auf weniger Verkaufsfläche verkleinert, aber nicht damit, dass der Standort ganz aufgegeben werden soll“, sagte Tobias Heitmann zum Auftakt unseres Live-Talks zur Karstadt-Krise am Donnerstagabend.

Zusammen mit der Wissenschaftlerin Nina Hangebruch vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund und Karstadt-Betriebsrat Joffrey Kallweit erörterte er unter der Moderation von Redakteur Oliver Volmerich die Rest-Hoffnungen auf eine Rettung und denkbare Alternativen.

„Es geht um die Miete“

Nina Hangebruch vermisste jedes Muster, das dem Kahlschlag im Karstadt-Filialnetz zugrunde liegen könnte. „Man weiß nicht, liegt es an einem insgesamt guten Einzelhandelsangebot in den betroffenen Städten, an schlichtweg zu geringen Umsätzen oder dass das Verhältnis von Miete zu Umsatz nicht stimmt“, sagte sie. Just wenige Stunden zuvor waren am Donnerstag von der Unternehmensleitung auch wieder 5 der 52 verkündeten Standortschließungen zurückgenommen. Was dem hiesigen Betriebsratsvorsitzenden Joffrey Kallweit spürbar neuen Mut gemacht hatte.

„Ich gehe davon aus, dass wir bleiben. Das Haus ist in Ordnung, es wurde viel investiert und es läuft gut“, sagte Kallweit. Und: „Wir waren heute in Essen mit der Unternehmensleitung im Gespräch. Wie wir hörten, geht es in Dortmund hauptsächlich um die Miete. Wir hoffen jetzt, dass der Vermieter zu Zugeständnissen bereit ist. Bitter ist, dass das Haus uns ja mal gehörte. Es ist verkauft und dann viel zu teuer zurück gemietet worden.“

Über mögliche Alternativen zu Karstadt mochte Betriebsrat Joffrey Kallweit im Live-Talk gar nicht gerne reden. „Ich gehe davon aus, dass wir bleiben. Das Haus ist in Ordnung, es wurde viel investiert und es läuft gut“, sagte er.
Über mögliche Alternativen zu Karstadt mochte Betriebsrat Joffrey Kallweit im Live-Talk gar nicht gerne reden. „Ich gehe davon aus, dass wir bleiben. Das Haus ist in Ordnung, es wurde viel investiert und es läuft gut“, sagte er. © Stephan Schuetze

Gedanken über Nachnutzungsmöglichkeiten der Karstadt-Immobilie mochte sich der Betriebsrat in der Talk-Runde nicht machen. „Das kann man später noch tun. Jetzt muss alles getan werden, um das Haus bestehen zu lassen. Bei uns brechen jeden Tag noch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Tränen aus. Und wir erleben einen tollen Beistand von den Kunden, die uns Mails schreiben und auch zu uns kommen. Wir haben gerade richtig gute Zahlen“, sagte Joffrey Kallweit.

Hohe Umbaukosten

Chancen und Perspektiven für eine mögliche Zeit nach Karstadt aufzuzeigen, oblag der Wissenschaftlerin Nina Hangebrauch. Sie hat sich mit 220 Warenhäusern befasst, die zwischen 1994 und 2019 in Deutschland aufgegeben wurden.

„Das Spektrum der bisher andernorts realisierten Nachnutzungen ist sehr groß - es reicht von Handelsnutzungen (zumindest auf einem Teil der Fläche) über Büroflächen und Co-Working, Teile einer Universität, Hotels, Wohnungen, Pflegeheime, Kindergärten, Schulen, Theater, Kinos, Volkshochschulen, Bibliotheken, Museen, Galerien oder auch Fitnessstudios.“ 70 Prozent Gebäude seien im Bestand genutzt und nicht abgerissen worden. Häufig seien Lichthöfe ins Gebäude geschnitten worden, die Umbaukosten seien durchaus hoch.

Cityring-Chef Tobias Heitmann mochte sich das - wie Joffrey Kallweit - alles noch nicht vorstellen. „Mir fehlt die Phantasie. Für andere Nutzungen ist das Karstadt-Haus in Dortmund baulich nur schwer zu ertüchtigen. Und man kann ja nicht überall Co-Working-Spaces und Cafés machen. Außerdem werden ja 25 bis 26 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter durch Wohnen oder von einer Uni schwer zu erzielen sein. Deshalb ist es am besten, wenn Karstadt bleibt.“

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