Hörder Synagoge brannte in Pogromnacht ab Am Mahnmal kommen Klaus Lenser die Tränen

Klaus Lenser über bewegte Geschichte des Mahnmals am Ebert-Platz
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Ein paar Blätter wehen an diesem kalten Mittag über den Friedrich-Ebert-Platz im Herzen der Hörder City, als wir Klaus Lenser vor dem dortigen Mahnmal treffen. Schnell wird klar, dass er eine besondere Beziehung zu diesem Ort der Erinnerung an die Pogromnacht 1938 pflegt.

Klaus Lenser kann man aus gutem Grund als echten Ur-Hörder bezeichnen. Der pensionierte Lehrer ist hier im Dortmunder Süden großgeworden, beteiligt sich im Verein „Hörde International“ und ist Mitglied des Vorbereitungskreises „Hörder Pogromgedenken 9. November 1938“.

Einer Sache hat er sich besonders verschrieben: Die Erinnerung an die Opfer des Holocaust und der Nazi-Diktatur soll für immer hochgehalten werden. „Nie wieder ist jetzt“, sagt er im Verlauf unseres Gesprächs mit bestimmtem Ton.

Alte Postkarte zeigt Ebert-Platz

Zu unserem Termin bringt er ein Skript und ein schwarz-weißes, archiviertes Bild einer alten Postkarte mit. Klaus Lenser ist vorbereitet – im Rahmen einer Gedenkstunde will er eine Rede halten.

Auf dem Skript: Ein Überblick über die Geschichte des Mahnmals, an dessen Entstehung Lenser maßgeblich beteiligt war. Das Bild der alten Postkarte zeigt wiederum die damalige Hörder Synagoge am Rathausplatz (heute Friedrich-Ebert-Platz), die während der Pogromnacht am 9. November 1938 durch die Nationalsozialisten niedergebrannt wurde.

Die Hörder Synagoge am Rathausplatz, heute Friedrich-Ebert-Platz. Erhalten geblieben sind die Lutherkirche und das Postamt. All das zeigt eine Postkarte aus dem Jahr 1914.
Die Hörder Synagoge am Rathausplatz, heute Friedrich-Ebert-Platz. Erhalten geblieben sind die Lutherkirche und das Postamt. All das zeigt eine Postkarte aus dem Jahr 1914. © Archiv

Klaus Lenser nimmt uns mit auf einen kleinen Rundgang durch die Geschichte des Mahnmals, des Ebert-Platzes und des gegenüberliegenden Gebäudes. Eine Zeitreise, die ihn an schöne Momente und Begegnungen erinnert – ihm aber gleichzeitig auch Tränen in die Augen schießen lässt. Los geht es in der Synagogengasse, nur wenige Meter entfernt vom Ebert-Platz. Genau dort, wo sich damals die Hörder Synagoge befand.

„Holocaust betraf auch Hörderinnen und Hörder“

„Der Holocaust betraf auch Hörderinnen und Hörder. Als junger Lehrer vertiefte ich das Gedenken und die Warnung vor den neuen Rechten im Unterricht“, erklärt Lenser, der selbst als Schüler im Geschichtsunterricht der 60er-Jahre nichts über den Holocaust und die Nazi-Diktatur erfuhr. Dafür nahm er gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern an Projekten und Schülerwettbewerben teil, um den jungen Menschen ein Bewusstsein für das zu geben, was während der NS-Zeit passiert war. Das, was er während seiner eigenen Schulzeit im Unterricht nicht erfahren hatte.

In Gesprächen mit Zeitzeugen, an die sich der pensionierte Lehrer erinnert, fielen Sätze wie: „Die Synagoge brannte, Juden wurden aus den Häusern geholt und durch die Hermannstraße geführt, Fenster wurden eingeschmissen, Sachen und Ausstellungsstücke rausgeschmissen.“

Die Synagoge in Hörde, die während der Pogromnacht vollständig niederbrannte, befand sich direkt gegenüber des heutigen Friedrich-Ebert-Platzes. Zum Gedenken an die Pogromnacht wurde im Innenhof des Neubaus der GWS im Mai 1980 eine Gedenktafel angebracht. Doch für die Öffentlichkeit, die täglich durch Hörde spaziert, ist die Tafel bedingt durch ihre Lage im Innenhof kaum ersichtlich.

Jugendgruppe aus Israel mit Appell

Lenser, der im Rahmen der sogenannten Geschichtswerkstatt unterdessen als Experte bezogen auf das Thema Juden in Dortmund galt, erlebte dann ein erstes einschneidendes Treffen mit einer Jugendgruppe aus Israel. Mit dieser stand er vor ebenjener Gedenktafel, versteckt im Hinterhof. „Wozu bringt ihr eine Gedenktafel im Innenhof an, die keiner bemerkt? Sorge dafür, dass es anders wird, wir helfen mit“, erinnert sich Lenser an die entsetzten Jugendlichen aus Israel.

Klaus Lenser steht vor dem Mahnmal am Friedrich-Ebert-Platz.
Klaus Lenser steht vor dem Mahnmal am Friedrich-Ebert-Platz. © Staab

Mit der Unterstützung der örtlichen Parteien, der Bezirksvertretung und der Hoesch-Ausbildungswerkstatt konnte schließlich das Denkmal nach dem Entwurf von Israel Lanzmann im Jahr 1988 zum 50. Jahrestag der Pogromnacht vorgestellt werden. „Für mich ist das bis heute eine besondere Erinnerung“, freut sich Lenser mit stockender Stimme und ergänzt: „Dieser Standort ist auch heute noch absolut der richtige.“

Das Mahnmal besteht aus drei Elementen, erklärt Lenser, während wir die wenigen Meter von der Synagogengasse zurück zum Mahnmal auf dem Ebert-Platz spazieren. „Die beiden Granitblöcke in der Mitte stehen für die zerstörte Synagoge. Die sieben mal sieben Edelstahlpfeiler stehen als kalter Werkstoff für den Tod und symbolisieren die Opfer, die Menschen. Und auch die Inschrift war uns besonders wichtig.“ Dort steht unter anderem geschrieben: „Von 1933 bis 1945 wurden sie auch bei uns, allein weil sie Juden waren, entwürdigt, vertrieben, verschleppt und ermordet.“

Freundschaft zu Auschwitz-Überlebendem

Immer wieder stockt Klaus Lenser die Stimme, während er auf die einzelnen Bestandteile des Mahnmals eingeht. Einmal schießen ihm deutlich sichtbar sogar die Tränen in die Augen. „Während meiner wichtigsten Lehrerfortbildung lernte ich Hans Frankenthal kennen. Er war Auschwitz-Überlebender, mit dem ich ein freundschaftliches Verhältnis hatte.“

Dann kullern einige Tränen über die Wange des pensionierten Lehrers, der noch so viel zu erzählen hat. Doch das Mahnmal, an dem er entscheidend beteiligt war, steht im Herzen von Hörde. Für immer ein wichtiger Ort, der an die schrecklichen Taten der Nazi-Diktatur erinnert. „Nie wieder ist jetzt“, wiederholt Lenser.

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