Heike Beckmann (l.) und Gabi Bayer vom Dortmunder Tierschutzverein "Arche90" mit Hund.

Heike Beckmann (l.) und Gabi Bayer vom Dortmunder Tierschutzverein "Arche90" suchen dringend neue Pflegestellen für gerettete Tiere. © Schaper

Hilferuf von Dortmunder Tierschützern: „Wir wissen oft nicht, wohin mit den Tieren“

rnArche90 schlägt Alarm

Einmal mehr sind die Dortmunder Tierschützer von Arche90 am Limit. Die Pflegestellen sind randvoll. Die Situation sei dramatisch, sagt Sprecherin Gabi Bayer. Dafür sieht sie mehrere Gründe.

Dortmund

, 19.09.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein typischer Hilferuf, wie er in diesen Tagen immer wieder die Tierschützer der Arche90 am Infotelefon erreicht: Eine Frau berichtet, dass sich ihr Sohn einen Kangal angeschafft habe. Der Welpe ist jetzt acht Monate alt und wird zu einem sehr großen und sehr kräftigen Herdenschutzhund. Weil Mutter und Sohn jetzt mit dem Tier überfordert sind, muss er weg. Aber wohin?

Nur eines von vielen Problemtieren, die der Arche90 sozusagen vor die Füße gekippt werden. So viele verletzte und ausgesetzte Tiere wie zuletzt habe sie schon lange nicht mehr gesehen, sagt Arche90-Sprecherin Gabi Bayer: „Wir wissen oft nicht, wohin mit den Tieren, die wir retten. Die Situation ist dramatisch.“

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Denn nicht nur die Tierheime, bei denen Arche90 seine Schützlinge zuweilen unterbringt, seien voll; vor allem die eigenen Pflegestellen seien am Limit. Für die wachsende Zahl von Tieren in Not gibt es laut Bayer gleich mehrere Gründe.

Leichtfertig Haustiere angeschafft

„Während der Lockdown-Phasen der Corona-Krise haben sich viele Menschen leichtfertig Haustiere angeschafft, um die sie sich im normalen Büroalltag nicht mehr kümmern können. Diese landen dann oft im Tierheim, bei Ebay-Kleinanzeigen oder auf den Vermittlungsseiten von Tierschutzvereinen.“

Die steigenden Preise für Lebensmittel, Energie, Futter und Tierarztbehandlungen verschärften die Lage zusätzlich. „Manche Halter können sich ihr Tier kaum noch leisten. Immer öfter stehen gerade ältere Menschen vor meiner Tür und bitten um eine Dose Hunde- oder Katzenfutter, weil das Geld einfach nicht reicht“, beschreibt die Tierschützerin bedrückt.

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Im schlimmsten Fall gäben die betroffenen Besitzer ihre Tiere schweren Herzens ab. Bayer: „Das ist nicht nur für Mensch und Tier schmerzlich, sondern immer häufiger kaum noch möglich. Es fehlt schlichtweg der Platz.“ Arche90 könne sich kaum noch vor Anfragen retten.

Mehr Ehrenamtliche benötigt

Bayer ist dankbar für die Freiwilligen, die verletzte Katzen, Kaninchen oder Vögel gesundpflegen. Aber das Engagement reiche nicht aus, um den Bedarf zu decken. „Wir bräuchten viel mehr Ehrenamtliche, die als Pflegestelle Tiere aufnehmen“, erzählt sie.

Doch obwohl Arche90 sämtliche Kosten trage, die für ein Tier anfielen, sei es derzeit schwer, Freiwillige zu finden. Aufrufe in den sozialen Netzwerken und auf der Vereins-Homepage blieben unbeantwortet. Bayer: „Viele möchten heutzutage die Verantwortung nicht mehr übernehmen.“

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Die Lage sei aktuell so dramatisch, dass Einsatzleiterin Heike Beckmann bei manchen Anrufen der Feuerwehr schon überlegen müsse, ob sie ein Team zur Tierrettung schicken kann. „Wir können keinen Einsatz annehmen, wenn wir das Tier anschließend nirgendwo unterbringen können“, erzählt sie.

Akute Fälle kann der Verein zwar auf der „Krankenstation“ im Vereinsheim aufnehmen. Dort sollen Tiere aber normalerweise nicht länger als ein paar Tage bleiben. Zum Teil parke sie schon Tiere bei den Tierärzten, weil sie sie sonst nicht unterkriege, berichtet Gabi Bayer.

Leute fragen nach handlichen Chihuahuas

Der Dortmunder Tierschutzverein arbeitet nicht wie Arche90 mit Pflegestellen, aber Mitarbeiterin Carola Gaidies bestätigt, dass zumindest, was Hunde betrifft, das Dortmunder Tierheim momentan fast jeden Zwinger belegt hat. Hunde und Katzen von ukrainischen Flüchtlingen, die wegen ihrer Haustiere keine Wohnung bekommen, habe das Tierheim kurzfristig in Notpflege aufgenommen.

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Ansonsten helfe man mit der Tiertafel, sagt Gaidies. Auch sie hatte kürzlich einen Anruf wie den bei der Arche90: Eine Frau, mit kleinem Kind und voll berufstätig, wollte ihre Old English Bulldogge, einen nicht kastrierten Rüden, loswerden. Gaidies: „Doch dafür haben wir keine Kapazitäten. Viele fragen jetzt gezielt nach kleinen, handlichen Chihuahuas.“

Kontakt zu Arche90

So können Sie helfen

  • Wenn Sie sich als Pflegestelle bei der Arche90 bewerben möchten, schreiben Sie uns einfach eine unverbindliche Mail an info@arche90.de.
  • Arche90 ist auch immer auf der Suche nach weiteren Einsatzfahrern, die a) verletzte oder kranke Tiere bei Findern abholen, b) verletzte oder kranke Tiere zum Tierarzt fahren und/oder c) Fallen aufstellen für wilde Tiere (z.B. Streunerkatzen), die ärztlich versorgt werden müssen.
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