NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst war zur Inbetriebnahme einer lang ersehnten, neuen Feuerbeschichtungsanlage bei Thyssenkrupp in Dortmund zu Gast. Fast drei Jahre lang wurde dafür gebaut. Es wurden 250 Millionen Euro investiert.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst war zur Inbetriebnahme einer lang ersehnten, neuen Feuerbeschichtungsanlage bei Thyssenkrupp zu Gast. Fast drei Jahre lang wurde dafür gebaut. Es wurden 250 Millionen Euro investiert. © Stephan Schütze

Wüst weiht neues Mega-Werk bei Thyssenkrupp ein: „Stahl hat Zukunft“

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So eine Industrie-Investition hat es in Dortmund lange nicht gegeben. NRW-Ministerpräsident Wüst weihte bei Thyssenkrupp eine Anlage ein, mit der vor allem die Automobilbranche beliefert wird.

Dortmund

, 13.10.2022, 18:31 Uhr / Lesedauer: 3 min

Selbst der groß gewachsene Hendrik Wüst (CDU) wirkt in dieser riesigen und mit viel Hochtechnologie vollgepfropften Industriehalle klein. 250 Millionen Euro hat der Stahlriese Thyssenkrupp sich die neue Feuerbeschichtungsanlage auf der Westfalenhütte kosten lassen, mit der er vor allem die Autoindustrie beliefern will. Es wird Stahl in geschmolzenes Zink getaucht und so vor dem Rosten geschützt.

Industrieinvestitionen wie diese sind in Dortmund rar geworden. Und weil gerade auch das Industrieland Nordrhein-Westfalen solche Standortbekenntnisse braucht, war die Eröffnung der Anlage nahezu ein Pflichttermin für den Ministerpräsidenten.

Drei Fußballfelder passen in die seit 2019 errichtete Industrie-Kathedrale mit gewaltigen Rohrleitungs-Labyrinthen bis unters Dach. An ihrer höchsten Stelle ragt die Halle 65 Meter in den Himmel. Damit ist sie so hoch wie der U-Turm. „Die Anlage hier“, sagt Bernhard Osburg, Vorstandsvorsitzender der Thyssenkrupp Steel Europe AG, „ist die modernste ihrer Art auf der Welt.“

Es ist 10.50 Uhr am Donnerstagvormittag als die neue Feuerbeschichtungsanlage in Dortmund von (von l.) Thyssenkrupp-Chef Bernhard Osburg, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst,  OB Thomas Westphal und Regierungspräsident Heinrich Böckelühr in Betrieb genommen wird.

Es ist 10.50 Uhr am Donnerstagvormittag als die neue Feuerbeschichtungsanlage von (von l.) Thyssenkrupp-Chef Bernhard Osburg, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, OB Thomas Westphal und Regierungspräsident Heinrich Böckelühr in Betrieb genommen wird. © Stephan Schütze

Mit der Investition, mit der zu den 1300 Arbeitsplätzen in Dortmund noch 100 neue geschaffen worden sind, will Thyssenkrupp seine Position als führender deutscher Flachstahlproduzent stärken „und die Position des Ruhrgebiets als ein Zentrum für innovative Technologien rund um den Werkstoff Stahl festigen“, so Bernhard Osburg.

Wüst zur Gaspreisbremse: „Mit Tempo umsetzen“

In den Ohren von Ministerpräsident Hendrik Wüst klingt das wie Musik. Er betont, dass Nordrhein-Westfalen mit Blick auf den Klimaschutz ein starkes Industrieland bleiben müsse. Nur als Vorbild für CO2-neutrale Produktion könne man erreichen, dass andere Länder „es uns nachmachen“. „Deshalb ist es wichtig, dass wir es richtig hintereinander kriegen“, sagt Wüst. Auch, wenn zwei Blöcke von Braunkohlekraftwerken in NRW gerade wieder ans Netz gingen, bleibe es bei dem Ziel, bis 2030 aus der Kohle auszusteigen.

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Die Vorschläge der Expertenkommission für einen Gaspreis-Deckel dürfe man nun nicht zerreden. „Das ist der richtige Weg. Es ist wichtig, dass das jetzt mit Tempo umgesetzt wird“, so Wüst. In der aktuellen Energiekrise gelte es, pragmatisch zu handeln und gleichzeitig aber auch den Blick darauf zu richten, in eine neue Energieform einzusteigen. Wasserstoff soll zum Beispiel in Zukunft das Gas ersetzen, das Thyssenkrupp in enormen Mengen braucht - bei der Stahlproduktion in Duisburg und bei der Stahlverarbeitung in Dortmund.

„Am Anfang der Wertschöpfungskette wird viel Energie verbraucht“, sagt Hendrik Wüst, „aber wir möchten die komplette Wertschöpfungskette hier halten. Stahl hat eine sichere Zukunft. Deshalb hat die Politik beschlossen, Thyssenkrupp dabei zu unterstützen, in grünen Stahl zu investieren.“

Thyssenkrupp braucht Gas wie eine mittelgroße Stadt

„Grüner Stahl“ ist ein Stahl, der in Zukunft aus mit Ökostrom gewonnenem Wasserstoff produziert wird. Der dahin führende Transformationsprozess ist weltweit in vollem Gange und Hendrik Wüst will den Wettlauf gewinnen. „Ich will“ sagt er, „dass grüner Stahl aus NRW kommt.“

Wie wichtig das ist, zeigen folgende Tatsachen: die Stahlindustrie gehört zu den größten Verursachern von CO2-Emmissionen, der Ofenteil bei Thyssenkrupp verbraucht so viel Erdgas wie eine mittelgroße Stadt.

Beeindruckend ist die neue Produktionshalle auf dem Werksgelände von Thyssenkrupp auf der Westfalenhütte in Dortmund. Mit 65 Metern Höhe sind die Türme so hoch wie der U-Turm in der Stadtmitte.

Beeindruckend ist die neue Produktionshalle auf dem Werksgelände von Thyssenkrupp auf der Westfalenhütte. Mit 65 Metern Höhe sind die Türme so hoch wie der U-Turm in der Stadtmitte. © Stephan Schütze

Die neue Feuerbeschichtungsanlage wird mit Gas aus Norwegen, den Niederlanden und auch von den LNG-Terminals in Belgien und Frankreich betrieben. Es kostet aktuell rund 145 Euro pro Megawattstunde - statt 15 bis 35 Euro wie man es lange gewöhnt war. „Die hohen Energiepreise treffen uns mit voller Wucht“, sagt Thyssenkrupp-Chef Bernhard Osburg. Deshalb sei der Vorschlag der Expertenkommission, den Gaspreis ab 1. Januar auf sieben Cent pro Kilowattstunde für 70 Prozent des geschätzten Vorjahresverbrauchs zu deckeln, ein „guter Vorschlag“.

Über eine Million Tonnen veredelter Stahl

Nach den Vorreden und dem Gang über das Werksgelände an einigen wie riesige Klopapierrollen daliegenden Stahl-Coils vorbei, ist es dann genau 10.50 Uhr als Bernhard Osburg gemeinsam mit Hendrik Wüst, dem neuen Regierungspräsidenten Heinrich Böckelühr und Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD), den Startknopf für die neue Feuerbeschichtungsanlage drückt.

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„Bei feuerverzinkten Produkten hat die Anlage die Fähigkeit, hochwertige Güter für die Automobilkunden herzustellen. Und erstmals können wir Bleche fertigen, die über 1,80 Meter breit sind“, erklärt Osburg. Karosserien werden also mit dem veredelten Stahl noch besser gegen Korrosion geschützt.

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„Das Band läuft auch schneller. Das heißt, diese Anlage ist produktiver als die bisherigen. Wir erweitern unsere Kapazität um bis zu 600.000 Tonnen“, sagt Jens Reichel, Leiter Technischer Service und Energie bei Thyssenkrupp Steel Europe. Gemeinsam mit den Nachbaranlagen kommen jetzt über eine Million Tonnen veredelter Stahl pro Jahr aus Dortmund.

OB lobt „unternehmerische Kraft“ von Thyssenkrupp

Für OB Thomas Westphal grenzt das an ein Wunder. „Die Grundsteinlegung“, sagt er, „erfolgte 2019. Und die Eröffnung erleben wir nun in einer komplett anderen Welt.“ Er lobt die „unternehmerische Kraft“, mit der trotz Pandemie, Energiekrise und der ohnehin schwierigen Zeit für die Stahlindustrie in Europa, an der Investition festgehalten worden sei.

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Dass sie nach wie vor richtig ist, davon zeigt sich der Vorstandsvorsitzende auf die Frage von Regierungspräsident Heinrich Böckelühr, ob man die 250-Millionen-Euro-Investition heute auch noch tätigen würde, überzeugt. „Wir haben immer wieder beraten, ob wir die Errichtung der Anlage fortsetzen sollen. Wir haben uns dafür entschieden - und das war der richtige Weg“, so Bernhard Osburg.

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