Der Hannibal II steht seit September 2017 leer. Es soll saniert und neu vermietet werden. © RN
Streit um Hochhaus-Räumung
Hannibal in Dortmund: Viele Ex-Mieter bleiben auf Kosten sitzen
Die Räumung des Dorstfelder Hannibal durch die Stadt Dortmund hat das Verwaltungsgericht nicht beanstandet. Was heißt das für Schadenersatzansprüche der Ex-Mieter?
Als die Stadt den Hochhauskomplex in Dorstfeld im September 2017 mit seinen 412 Wohnungen räumen ließ, mussten sich gut 750 Menschen Knall auf Fall ein Dach über den Kopf suchen. Trotz umfangreicher Hilfsmaßnahmen der Stadt sind Bewohnern durch den erzwungenen Umzug Kosten entstanden, auf denen einige bis heute sitzenbleiben. Gegen wen können sie Ansprüche stellen, um ihre Ausgaben erstattet zu bekommen?
Angaben, wie viele der Ex-Hannibal-Bewohner betroffen sind, kann Tobias Scholz vom Dortmunder Mieterverein nicht machen. Scholz spricht von einer Dunkelziffer. „Eine seriöse Bewertung, ob das aktuelle Gerichtsurteil zu Schadenersatzansprüchen etwas hergibt, ist zurzeit nicht möglich“, sagt Scholz. „Wir warten die schriftliche Begründung ab.“
Allerdings erhärte sich die Vermutung, dass der frühere „Eigentümer“ (Lütticher 49, Anm. d. Redaktion) aufgrund von massiven Baumängeln für die Räumung verantwortlich sei. Und damit für entstandene Schäden haften müsse. „Alles andere ist schwer vorstellbar“, so Scholz.
Mieterverein sorgt sich um Verjährung
Zudem weist Scholz auf Risiken der Verjährung hin: 2020 hatte Lütticher erklären lassen, dass mögliche Ansprüche aus dem Jahr 2017 noch bis „sechs Monate nach Abschluss des Verfahrens“ gestellt werden könnten. „Üblicherweise enden die Ansprüche nach drei Jahren“, sagt Scholz. Problem dabei: Die Zusage gilt bislang nur für das Jahr 2017.
„Für weitere Forderungen, die aus dem Jahr 2018 resultieren, hat Lütticher keine Zusage gemacht", betont Scholz. Für diese Ansprüche laufe die Verjährungsfrist am 31.12.2021 aus. Der Mieterverein möchte von Lüttichter nun auch für 2018 eine Verlängerung einfordern. „Wir werden dazu in Kürze mit Lüttichter Kontakt aufnehmen“, kündigt Scholz an.
Norbert Dahmen, Rechtsdezernent der Stadt Dortmund, sieht die Stadt jedenfalls nicht in der Pflicht, früheren Hannibal-Mietern möglichen Schadenersatz zu leisten. Das Gericht habe in seiner Entscheidung am Mittwoch (6.10) lediglich auf einen formalen Fehler hingewiesen, so Dahmen. Die Stadt hätte die Räumungsverfügung den einzelnen Bewohnern zustellen müssen statt dem damaligen Vermieter. „Das haben wir gemacht, wenn auch mündlich“, sagt Dahmen.
Weiteres Verfahren noch in der Schwebe
Zum Zeitpunkt der Räumung hätten die Sicherheitskräfte überall geschellt, an jede Wohnungstür geklopft und die Mieter aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. „Wir haben die Räumungsverfügung also mündlich erlassen“, betont Dahmen. „Eine mündliche Verfügung hat ebenso Gültigkeit wie eine schriftliche.“
Der springende Punkt für den Rechtsdezernenten: Die Stadt hatte Lütticher mit der Räumungsanordnung gleichzeitig eine „Nutzungsuntersagung“ zugestellt, um die weitere Vermietung zu verhindern. „Diese Nutzungsuntersagung ist vom Gericht nicht beanstandet worden“, sagt Dahmen. Sie sei also rechtens.Aus diesem Grund könne die Stadt auch kein Adressat für mögliche Schadenersatzforderungen früherer Mieter sein, sagt der Rechtsdezernent. „Gegen die Stadt ergibt sich kein Anspruch“, sagt Dahmen. Die Frage, ob der damalige Eigentümer Lütticher oder der die Forte-Gruppe als neuer Hausherr in Betracht komme, lässt Dahmen offen.
Einen weiteren Anhaltspunkt könnte ein zweites Verfahren vor dem Verwaltungsgericht liefern: Die Stadt macht selber Forderungen gegen Voreigentümer Lütticher geltend: Sie möchte 327 000 Euro Kosten für den damaligen Einsatz ihrer Feuerwehr erstattet bekommen. Lütticher hat dagegen geklagt – und bislang nicht zurückgezogen. Dafür bleibt aber ausreichend Zeit: Die Verhandlung ist noch nicht terminiert.
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