
© Bäckerei Kreis
Energiepreise setzen Handwerk in Dortmund zu: „Müssen die Kosten weitergeben“
Ukraine-Krieg
Extreme Preissprünge und Lieferengpässe trüben die Stimmung im Handwerk. Das zeigt eine Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Dortmund. Es gibt fehlende Produkte und eine Warnung.
Wenn er seine Backöfen einschaltet, ist das für Bäckermeister Stefan Mühlenbäumer, Inhaber der Bäckerei Kreis in Kirchhörde, deutlich teurer als vor einem Jahr. „Der Strom ist heute 43 Prozent teurer“, sagt er.
Was das für ihn bedeutet wird klar, wenn man weiß, dass er in seinem Betrieb 92.000 Kilowattstunden im Jahr verbraucht. „Wir haben also erheblich höhere Kosten. Und das paart sich mit den zuletzt gestiegenen Rohstoffpreisen“, so Stefan Mühlenbäumer. Die Mehrkosten könne er nicht auffangen: „Wir müssen die Kosten an die Kunden weitergeben.“
Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine am 24. Februar, so hat er ausgerechnet, sind die Preise für Brötchen, Brot, Kuchen und Gebäck im Schnitt um 20 Prozent gestiegen. „Die Gründe erklären wir den Kunden und die akzeptieren das auch“, sagt Stefan Mühlenbäumer.
Lieferengpässe führen zu schwierigen Beschaffungsprozessen
Während der Bäckermeister aber sein Bioland-Getreide aus Witten und Waltrop bekommt und nicht von Importen aus der Ukraine abhängig ist, berichtet der Stahl- und Metallbau-Unternehmer und Kreishandwerksmeister Christian Sprenger nicht nur von noch nie erlebten Preissprüngen, sondern auch von schwierigen Beschaffungsprozessen.

Kreishandwerksmeister Christian Sprenger warnt: „Wer heute noch eine gute Auftragslage vorweisen kann, muss möglicherweise schon morgen angesichts gestörter Lieferketten oder rasanter Materialpreisentwicklungen Aufträge stornieren.“ © HWK/p.kub.
„Das umkämpfte Asow-Stahlwerk in Mariupol war eine der größten Hütten Europas. Durch den Krieg gibt es jetzt beim Baustahl große Verschiebungen“, sagt Christian Sprenger. Beim Stahl und auch bei anderen Baumaterialen gebe es Lieferengpässe, die Verfügbarkeit müsse immer wieder neu ermittelt werden und das Verfügbare dann deutlich teurer eingekauft werden. „Ein langer Preisbildungshorizont ist nicht mehr umsetzbar“, sagt Christian Sprenger.
All das führt dazu, dass die Stimmungslage im Handwerk durch den Ukraine-Krieg einen Dämpfer erlitten hat. Die Frühjahrsumfrage der Handwerkskammer zu Dortmund zeigt zwar, dass dennoch 87 Prozent der Betriebe ihre aktuelle Geschäftslage mit gut bis zufriedenstellend einschätzen (Herbst 2021: 91 Prozent).
Gute Auftragslage kann sich auch schnell ändern
Christian Sprenger aber warnt: „Wer heute noch eine gute Auftragslage vorweisen kann, muss möglicherweise schon morgen angesichts gestörter Lieferketten oder rasanter Materialpreisentwicklungen Aufträge stornieren oder Verluste verkraften. Langfristig kalkulierte Preise lassen sich unter Umständen nicht mehr halten.“ Diesel sei heute 70 Cent pro Liter teurer als vor einem Jahr, Wärmepumpen seien wegen der hohen Nachfrage und fehlender Steuerungschips ein knappes Gut geworden und Dachziegel knapp und deutlich teurer, weil sie mit großem Energieaufwand gebrannt werden müssen.

Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund, spricht von einer deutlich eingetrübten Stimmung im Handwerk: „Nachdem sich die Situation zum Ende des Jahres etwas entspannt hatte, wird die Aufholdynamik der vorherigen Quartale durch den Ukraine-Krieg deutlich abgebremst.“ © (A) Schaper
Für Kammerpräsident Berthold Schröder spiegeln die Umfrageergebnisse „die unsichere Lage wider, in der sich unsere Betriebe derzeit befinden.“ Er sagt: „Nachdem sich die Situation zum Ende des Jahres etwas entspannt hatte, wird die Aufholdynamik der vorherigen Quartale durch den Ukraine-Krieg deutlich abgebremst. Angesichts der unvorhersehbaren wirtschaftlichen Entwicklungen fehlt den Betrieben die nötige Planungssicherheit, was wiederum zu deutlich verhaltenen Erwartungen für die kommenden Monate führt.“
Die Aussichten schätzten jetzt deutlich mehr Betriebe als „sich verschlechternd“ ein als zu Beginn der Corona-Pandemie. Gerade bei einem Embargo für russisches Gas müsse man für das Handwerk „erhebliche Auswirkungen“ befürchten. „Viele chemische Produkte drohen dann zu fehlen. Ich denke, dass der Kaskadeneffekt, den ein Embargo haben würde, noch nicht richtig modelliert ist“, so Berthold Schröder.
70 Prozent der Betriebe erhöhten ihre Preise
Ein Sonderumfrage hat gezeigt, dass die steigenden Energiekosten den Handwerksbetrieben massiv zusetzen. Noch nie hätten 70 Prozent der Betriebe bei einer Konjunkturumfrage angegeben, dass sie ihre Preise steigern mussten. „Wir erleben durch die Bank höhere Preise, die an die Kunden weitergegeben werden müssen“, sagt Berthold Schröder.

Die Materialknappheit wird im Handwerk zu einem immer größeren Problem. Zurzeit sind, so die Handwerkskammer, Dachziegel ein knappes gut. © dpa
Viele Betriebe versuchten, Material zu hamstern und weit im Voraus zu bestellen. So seien Dachziegel in diesem Jahr nicht mehr verfügbar, weil der Jahresbedarf schon geordert worden sei. Auch im Dämmstoff-Bereich sei soetwas festzustellen. „Ich nenne das den Toilettenpapier-Effekt. Das frühzeitige Eindecken nutzt nur im Bau- und Ausbaugewerbe nichts, weil die Gewerke voneinander abhängen“, so Berthold Schröder.
Unternehmen verbessern ihre Energieeffizienz
„Die Energiepreisentwicklung belastet umso mehr“, sagt Gabor Leisten, Abteilungsleiter Betriebswirtschaftliche Unternehmensberatung, „als sie noch oben draufgesattelt wird auf die ohnehin schon explosionsartigen Preisanstiege bei vielen Materialien und auf die Lieferengpässe. Bereits jetzt ist der Anteil der Energiekosten im Gesamthandwerk innerhalb der vergangenen fünf Jahre von 10 auf 16 Prozent gestiegen.“
Und 95 Prozent aller Betriebe rechnen damit, dass die Energiepreise als direkte Folge des Ukraine-Krieges weiter anziehen werden. Um gegenzusteuern haben bereits zwei von drei Unternehmen Maßnahmen zur verbesserten Energieeffizienz umgesetzt oder planen diese.
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
