
© Alexandra Wachelau
Nur noch Online-Ticketkauf fürs Schwimmbad: „Das grenzt an Diskriminierung“
Hallenbad Hombruch
Ohne Online-Ticket geht es seit Corona nicht mehr ins Hallenbad – ein Problem für Schwimmer ohne Internetzugang wie das Ehepaar Semrau. Doch Schwimmbad-Betreiber haben kaum eine Wahl.
Es ist der zweite Sommer, in dem man in den meisten Fällen ausschließlich mit Online-Tickets in die Schwimmbäder kommt. Das ist der Corona-Pandemie geschuldet. So kauft man nicht nur seine Eintrittskarte, sondern ist gleichzeitig auch registriert.
Name, Adresse, Zeitfenster – gut für die Nachverfolgung im Fall der Fälle, schlecht für Menschen wie das Ehepaar Semrau, das gerne Bahnen im Hombrucher Hallenbad gezogen hätte – aber kein Internet hat.
Hallenbäder können in der Pandemie nur wenige Menschen aufnehmen
„Wir haben es schon im vergangenen Jahr versucht, im Sommer, als die Zahlen gesunken sind“, erinnert sich Karlheinz Semrau. Schon damals wurden er und Ehefrau Hilga Semrau abgewiesen: Sie hatten kein Online-Ticket. Gleiches ist den Semraus vor rund zwei Wochen noch einmal passiert.
Nun ist die diesjährige Saison der Freibäder quasi gelaufen – mehr schlecht als recht mit der Pandemie, schlechtem Wetter, Überschwemmungen und Vandalismus.
Mit den Hallenbädern rückt noch ein weiteres Problem in den Fokus: Denn während die Freibäder internetlosen Schwimmern Mehrfachtickets aus Papier anbieten konnten, macht das bei den Hallenbädern Probleme.
Der Grund: Im Vergleich zu den Hallenbädern können die Freibäder viel mehr Menschen aufnehmen. Wer dann einmal mit einem analogen Ticket kam, fand in aller Regel auch unangemeldet noch Platz im Becken.

Wer in den Hallenbädern von Sportwelt schwimmen möchte, braucht seit dem Frühjahr 2020 ein Online-Ticket. © Martin Maly (A)
Im Hombrucher Hallenbad dürfen allerdings derzeit nur 36 Menschen ins Schwimmbecken – maximal; plus zwölf im Nichtschwimmerbecken. „Wenn wir jetzt den Menschen analog Tickets verkaufen, und die stehen dann vorm Schwimmbad und können nicht rein, weil es voll ist, dann ist das sicher auch keine gute Lösung“, sagt Jörg Husemann, Chef der Sportwelt Dortmund, die einige der Dortmunder Frei- und Hallenbäder betreibt. Fragen könne man aber natürlich jederzeit am Eingang.
Das hat beim Ehepaar Semrau allerdings zweimal dazu geführt, dass es wieder nach Hause fahren musste – ohne je ins kühle Nass getaucht zu sein. „Ein Unding“, findet Karlheinz Semrau: „Ich habe wirklich nichts gegen die bestehenden Schutzregeln und halte mich gerne an alle Maßnahmen“, betont er. „Doch wenn einem der Eintritt verweigert wird, nur weil man kein Internet hat, grenzt das an Diskriminierung.“
Bei zu vielen Ausnahmen leidet das Hygienekonzept
Jörg Husemann betont indes: „Wir haben bisher für alle Menschen ohne Internet eine Lösung gefunden.“ Damit bezieht er sich auch auf die vielen Seniorengruppen, die sich regelmäßig in den vier Hallenbädern der Sportwelt Dortmund treffen – einige der Rentner haben auch kein Internet.
Jörg Husemann empfiehlt generell einen vorherigen Anruf, wenn Menschen ohne Internetzugang in einem der Sportwelt-Hallenbädern schwimmen gehen möchten. Allerdings betont er: „Jeder Mensch, für den wir eine Ausnahmeregelung gestalten, geht auf Lasten unseres Hygienekonzepts.“
Denn eine Tageskasse oder gar einen internetfähigen Ticketautomaten gibt es vor Ort nicht. Menschen, die ein papiernes Ticket erhalten, können nicht im System erfasst und gezählt werden. „Deswegen war ja Anfang 2020 der Appell der Stadt, die Bezahlungen möglichst zu digitalisieren – und das haben wir dann auch geschafft“, resümiert er. Die Stadt selbst hatte damit, zumindest beim Südbad, einige Probleme.
Als Lösungsansatz, so Jörg Husemann, sei bereits eine internetfähige Tageskasse im Gespräch. Allerdings sei so ein System bereits für die Freibäder von Sportwelt bestellt worden – vor der aktuell auslaufenden Saison. Angekommen sei bisher noch nichts, wie bei vielen Materialien bestehen auch hier momentan Lieferprobleme.
Ob Badegäste ohne Internetzugang bis dahin zu ihrem Schwimmvergnügen kommen, ist also davon abhängig, ob Ausnahmen mit papiernen Tickets gemacht werden oder nicht. Hilga Semrau betont: „Wir sind definitiv nicht die einzigen, viele aus unserem Bekanntenkreis haben weder Internet noch Smartphone.“ In anderen Situation sei das bisher nie ein Problem gewesen – nur das Schwimmen fällt für das Ehepaar nun vorerst weg.
Leben erleben, mit allem was dazugehört, das ist die Arbeit in einer Lokalredaktion, und das wird auch nach mehr als 30 Jahren niemals langweilig, in der Heimatstadt Dortmund sowieso nicht. Seriöse Recherche für verlässliche Informationen ist dabei immer das oberste Gebot.
