Gasthäuser wandeln und entwickeln sich seit 1000 Jahren, sagt Günther Overkamp. Er wirft heute in seiner Kolumne einen Blick in die Vergangenheit und die Zukunft. © Foto: Menne
Kolumne „Overkamps Lecka-reien“
Günther Overkamp: Die Zukunft der Gastronomie braucht jetzt gute Ideen
Wohin geht der Trend in der Gastronomie? Nach zwei Pandemie-Jahren sind Ideen gefragt. Koch Günther Overkamp ist überzeugt vom klassischen Gasthaus - und sagt: „Zukunft braucht Herkunft.“
Ich liebe ja den Begriff Gasthaus. Da schwingt schon alles mit: dass du willkommen bist und gastfreundlich empfangen wirst. Dass es einen Gastwirt gibt – oder eine Wirtin oder beide, auf jeden Fall aber eine Familie als Betreiber. Und nicht eine Kette und einen Automaten, der eine Karte auswirft, mit der du dann in dein Zimmer kommst. Null Anspruch, null Atmosphäre. Geht für mich gar nicht.
Wenn ich irgendwo übernachte, kann ich das schon beim Reinkommen riechen, ob ich hier richtig bin. Es ist die Atmosphäre, die Stimmung. Wenn dir einer persönlich deinen Schlüssel gibt und dich berät, das kostet natürlich Geld. Da wird sich in Zukunft dramatisch entscheiden, wo man hingeht und wo es für die Gastronomie hingeht.
Durch die letzten zwei Jahre ist eigentlich nichts mehr planbar. Aber wir müssen uns weiterentwickeln, Ideen entwickeln. So wie sich die Gastronomie ja schon seit 1000 Jahren entwickelt. Ältester ist der Gasthof Wurstkuchel in Regensburg, seit 1146! Etwas näher zu uns liegt das Pilgrim-Haus in Soest, seit 1304. Auch heute noch in Familienhand!
Der erste Overkamp nahm noch Zoll
Overkamp gibt es seit 1642. Erstmals erwähnt in kirchlichen Urkunden wird Johan am Zollbrett. Gemeint war der 1713 verstorbene Johan Overkamp, der einen Kotten mit Schmiede und die Zollstation auf dem Höchsten unterhielt. Die Hansestadt Dortmund traf hier auf die Stadt Hörde. Das war Zollgrenze. Schmiede, Poststation, Zollstation waren oft zusammen. Hier wurde die Post übergeben, bei schlechten Nachrichten der Bote abgemurkst, die Pferde wurden gewechselt und beschlagen, Leute und Pferde bekamen was zu futtern.
Dann wechselten die Overkamps von der Schmiede zur Landwirtschaft und haben um sich herum Land gekauft bis runter zum Niederhofer Kohlenweg. Daraus entstand dann das, was man heute Hofladen nennt. Mit Gurken aus dem Fass, Mehl aus dem Sack und Brathähnchen aus der Pfanne.
Bis in die 50er Jahre war Overkamp ein Lebensmittelladen. Dann entstand eine Kneipe mit vielen handfesten Gästen, die sich jeden dritten Tag gekloppt haben. Dass man von einem Restaurant sprechen kann, das haben erst meine Schwiegereltern Heinz und Ingrid Overkamp bewirkt.
Sie waren und sind dramatisch heimatverbunden und haben die durch Tradition und Region geprägte westfälische Küche zu ihrer Mission erhoben. Mit viel Enthusiasmus und Gastfreundlichkeit machten sie Overkamp zu dem, was es heute ist: Zu einem echten Gasthaus, das im Kreise der westfälischen Restaurants Bedeutung hat.
Ein Glück, dass die Töchter Bianca und Dina in ihre Fußstapfen getreten sind und unser Sohn Willi steht auch schon in den Startlöchern. Wo der Trend hingeht, das ist nicht richtig auszumachen. Wir haben uns aber entschieden, das Gasthaus weiterzuentwickeln – oder auch zurück!
Brot aus dem Steinofen und „alte Schmiede“
Denn Overkamp bekommt wieder ein Feinkostgeschäft mit Weinhandel und eine Nahversorgung: also kaufen und zuhause essen. Und demnächst backen wir unser eigenes Phönixbrot aus dem Steinofen. Auf den mittelalterlichen Grundmauern wird eine neue „alte Schmiede“ gebaut, jetzt als „Weinschmiede“.
Wir passen uns den Anforderungen an. Aber ansonsten bleibt alles, wie es ist: Die Familie hat sich lieb, an der Theke gibt’s Stifts, jeden Freitag Rotbarsch, samstags Erbsensuppe, sonntags Sauerbraten – das ist in Stein gemeißelt. Bis denne!
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