Hinter Günther Overkamp steht ein Team von 15 Köchen, einschließlich zwei Küchenchefs - und natürlich eine ganze Familie. Über sein Berufsleben mit ihnen allen schreibt er zukünftig in seiner Kolumne. © Dieter Menne
Kolumne „Overkamps Lecka-reien“
Günther Overkamp: Der Papst hätte fast meine Koch-Karriere verhindert
Wechsel in der Kolumnen-Küche: Nach Michael Dyllong schreibt hier ab sofort Dortmunds Gastro-Urgestein Günther Overkamp. Zum Auftakt erzählt er, wie er statt Koch beinahe Priester geworden wäre.
von Günther Overkamp
Dortmund
, 07.01.2022 / Lesedauer: 4 minBeinahe wäre ich gar nicht Koch geworden. Ich bin haarscharf an einer Karriere in der katholischen Kirche vorbeigeschrammt. Ich stamme aus Fredeburg im Hochsauerland, heute Bad Fredeburg, und da ist es Naturgesetz, dass ein katholischer Junge Messdiener wird.
Ich war ehrgeizig. Bald durfte ich die Lesung halten, dann bei der Prozession die Monstranz tragen und schließlich schleppte mich mein Religionslehrer mit nach Rom. Bei der Audienz auf dem Petersplatz hielt das Papa-Mobil direkt auf unserer Höhe an.
Der Papst (damals Johannes Paul II) stieg aus. Er kam auf unsere Gruppe zu – ich war vom Donner gerührt: Er gab mir tatsächlich die Hand! Ich dachte: Das ist ein Zeichen. Ich werde Priester!
Solide Schützenfest-Ausbildung
Andererseits genießt man als Hochsauerländer auch eine solide Schützenfest-Ausbildung: Dazu gehört, dass man lernt, nach 22 Bier aufrecht an der Wand stehend zu schlafen - und vor allem: auf dem Tanzboden immer eine neue Liebe zu finden.
Das war mir dann doch sehr wichtig. Trotz Handschlag vom Papst. Zumal das Schützenfest für einen Sauerländer praktisch noch über Weihnachten steht.
Letztlich ausschlaggebend für meine Berufswahl war aber mein Pflichtbewusstsein als ältester Sohn. Ich komme selbst aus der Gastronomie. Meine Eltern, Anneliese und Horst Klein, hatten 1968 ein Hotel gebaut auf einer Wiese im Wald in Fredeburg.
Diese Wiese wiederum hatten meine aus Dortmund stammenden Großeltern, die immer zur Sommerfrische ins Sauerland gefahren waren, bereits in den 30er Jahren gekauft. „Kleins Wiese“ heißt unser kleines und feines Familienhotel deshalb auch – und von mir wurde erwartet, dass ich es weiterführe.
Zunächst war es also eine rationale Pflichtentscheidung, Koch zu werden. Die Liebe ist erst gewachsen. Heute ist es für mich der schönste Beruf der Welt. In kaum einem anderen Beruf kann man Menschen so direkt etwas Gutes tun für Leib und Seele und bekommt auch ein unmittelbares Feedback. Meistens reicht dafür ja ein einziges Wort: „Lecka!“
Wie also ist der Messdiener aus dem Hochsauerland schließlich in Dortmund gelandet, der Heimat seiner Großeltern? Und dann auch noch bei einer Institution wie Overkamp, den Gralshütern der westfälischen Küche? Es steckte wie so oft eine Frau dahinter, aber sie interessierte sich Null für mich. Darum habe ich einen langen Umweg gemacht.
Den langen Weg braucht man als junger Koch allerdings sowieso, um in guten Häusern dazuzulernen. Nach meiner Ausbildung in heimatlicher Umgebung, im Hotel Störmann in Schmallenberg, bin ich ins Jagdhaus Eiden nach Bad Zwischenahn gegangen, dann in den Jagdhof Glashütte in Bad Laasphe und zu Drei Kronen in Lippstadt.
Dortmund als Zwischenstation war auch dabei: Zum einen hab ich die Hotelfachschule besucht und dann im damaligen Restaurant des Römischen Kaiser, dem Castellino, feinere Küche kennengelernt. Das war ein tolles Restaurant. 1995 fühlte ich mich dann fit für die Leitung unseres Familienbetriebs in Fredeburg.
Eines schönen Sommertages im Jahr darauf fährt auf dem Parkplatz von Kleins Wiese ein Körbchen-Cabrio vor (Anmerkung der Redaktion: ein Golf-Cabrio mit Überrollbügel). Am Steuer: Dina Overkamp mit Sonnenbrille. Auf dem Rücksitz ihr Berner Sennenhund. In meiner Erinnerung hatte auch er eine Sonnenbrille auf.
Ich heirate eine Familie
Ich war schockverliebt! In Dina natürlich. Aber ihren Hund konnte ich auch gut leiden. Sie war die Frau, die mich jahrelang wie Luft behandelt hatte, und nun besuchte sie mich!
Als Dina 1997 meinen Antrag annahm, war mir klar: Ich heirate eine Familie. Im Haus Overkamp waren damals nicht nur Dina, ihre Eltern und ihre beiden Schwestern tätig, sondern auch noch zwei Tanten.
Dass das gut ging und mir die Verpflanzung aus dem schönen Hochsauerland auch leicht gemacht wurde, hat zwei Gründe: Erstens hab ich den besten Schwiegervater der Welt. Er behandelte mich von Anfang an wie einen Sohn. Zweitens hab ich Gott sei Dank auch noch einen ganz besonderen Bruder, der meine Lücke im Sauerland und im Hotel „Kleins Wiese“ in jeder Hinsicht mehr als ausfüllt.
Ein kleines Problem gab es noch: Seit über 300 Jahren ist der Familien- und Gasthaus-Name Overkamp. Der Junge aus dem Sauerland hieß aber nun mal Klein und seine junge Familie zunächst auch. Aber dann hat die Tradition an mein Herz geklopft - und jetzt heißen wir alle ganz offiziell Overkamp. Ich will ja nix in Schuld sein!
Uns allen liegt das kulinarische Erbe dieser Stadt sehr am Herzen. Unsere Schutzpatronin heißt Henriette Davidis. Aber dazu später mehr. Denn ich werde hier demnächst öfter aus dem Küchenkästchen plaudern. Ich freu mich drauf!
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