Grundschul-Eltern warten tagelang auf Testergebnisse: „Es ist die Hölle“

© Collage: dpa/Kurth

Grundschul-Eltern warten tagelang auf Testergebnisse: „Es ist die Hölle“

rnPCR-Tests in Dortmund

Die Auswertung der Corona-Tests von Grundschülern kostet Dortmunder Eltern viele Nerven: Testergebnisse lassen tagelang auf sich warten, dementsprechend lange können die Kinder nicht in die Schule.

Dortmund

, 24.01.2022, 12:29 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ich bin maßlos überfordert“, sagt Julia Kurth. Die alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern steckt aktuell in einer Klemme, die viele Eltern in Dortmund betrifft: Zweimal pro Woche wird ihre jüngere Tochter in der Grundschule per PCR-Pooltest auf eine Corona-Infektion getestet.

Fällt der Pool-Test, in dem je nach Klassenstärke die halbe oder die ganze Klasse zunächst zusammen getestet wird, positiv aus, müssen die zuvor schon mitentnommenen Einzeltests ausgewertet werden, um die infizierten Schüler herauszufinden.

Das Ergebnis soll eigentlich bis 6 Uhr am Folgetag vorliegen, so hat es das zuständige Schulministerium NRW geplant - denn Schüler aus dem positiven Pool-Test dürfen erst dann wieder in den Unterricht, wenn ein negatives Einzelergebnis vorliegt. Das Problem: In der Praxis ist die Wartezeit auf die Einzelergebnisse viel länger.

„Isolation ist große Belastung“

Im Fall der Tochter von Julia Kurth, die die Marienborn-Grundschule in Lütgendortmund besucht, lag das Einzelergebnis nach einem positiven Pooltest am 13.1. auch sieben Tage später noch nicht vor. Dementsprechend durfte ihre Tochter tagelang nicht in die Schule. „Die Isolation ist eine große Belastung für sie, es ist die Hölle“, sagt ihre Mutter.

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Aber auch für sie selbst bringt die Wartezeit große Schwierigkeiten mit sich: Ihr Arbeitgeber sei zwar sehr entgegenkommend, aber es fehle jegliche Planungssicherheit. „Selbst, wenn das Ergebnis dann irgendwann vorliegt, hat man ja immer im Hinterkopf: Wann schlägt der nächste Pool-Test an, wie lange dauert es dann bis das Ergebnis der Einzeltestung kommt?“

Schwierige Gefühlslage: Überfordert und alleingelassen

Was ihr besonders zu schaffen macht: Die Schule sei für Nachfragen nicht erreichbar, auch das sorge dafür, dass man sich alleingelassen, überfordert fühle. Auch unsere Redaktion hat mehrfach telefonisch und per Mail Kontakt zur Schule aufnehmen wollen - erfolglos.

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Diese Gefühlslage von Julia Kurth bestätigt auch eine weitere Mutter, die anonym bleiben möchte, aber die gleichen Erfahrungen mit lange ausbleibenden Einzeltestergebnissen gemacht hat.

„Viele Eltern sind völlig ratlos“

„Für uns Eltern ist das eine Katastrophe, viele sind völlig ratlos.“ Nachdem sie selbst drei Tage nach einem positiven Pooltest noch kein Einzelergebnis für ihr Kind vorliegen hatte, hat sie kurzerhand am Wochenende in einem Testzentrum auf private Kosten einen PCR-Test machen lassen.

Was lange nicht für alle Eltern finanzierbar ist - und auch nur von kurzem Erfolg war. „Dienstags gab es dann schon wieder einen positiven Pooltest und wir haben wieder zwei Tage auf das Ergebnis gewartet.“ Die Folge: Wieder kein Schulbesuch möglich. Ähnliche Schilderungen erreichten uns über die Sozialen Netzwerke von mehreren Eltern aus Dortmund.

„Auswertung läuft insgesamt verzögert“

Zwei Tage Wartezeit scheinen das Minimum zu sein - dementsprechend verpassen die Schüler nach positiven Pooltest oft zwei, manchmal auch noch mehr Unterrichtstage. „Bei uns an der Schule dauert es bis zu zwei Tage“, bestätigt Jutta Portugall, Leiterin der Lieberfeld-Grundschule in Wellinghofen und Sprecherin der Grundschulen in Dortmund.

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„Insgesamt läuft die Auswertung verzögert, ich kenne keine Schule, die am nächsten Morgen das Ergebnis vorliegen hat. Die Labore kommen einfach nicht mehr hinterher.“

Schulen sind „zugepackt bis obenhin“

Portugall wirbt aber auch um Verständnis für die Schulen, wenn nicht in jedem Einzelfall die Kontaktaufnahme bei Nachfragen von Eltern reibungslos läuft: „Man muss auch die Situation der Schulen sehen. Es gibt Schulen, die haben nur an zwei Vormittagen für ein paar Stunden eine Sekretärin da. Zumal läuft das normale Tagesgeschäft mit Zeugnissen und allem, was sonst dazugehört, weiter. Obendrauf kommt noch Corona - wir sind auch zugepackt bis obenhin.“

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Wirklich viel tun könnte man bei verzögerten Testauswertungen nicht: „Wir können auch nur sagen, dass es uns leid tut. Aber solange das Ergebnis nicht da ist, muss der positiv getestete Pool zuhause bleiben. Wir bekommen vom Labor auch erst Nachricht, wenn auch die Eltern das Ergebnis zugestellt bekommen.“

Auch Lehrer fallen als Arbeitnehmer aus

Nicht nur die Eltern und Schüler, auch das Kollegium stellen die vielen positiven Pooltests aktuell vor Herausforderungen: „Es fallen auch Lehrerinnen deswegen aus, weil ihre Kinder nach den Tests zuhause bleiben müssen.“

Diese Doppel-Problematik - einerseits der verpasste Unterricht für die Schüler, andererseits des Ausfall der Eltern auf der Arbeit - kennt auch Christina Borowski. Ihr Sohn besucht die Kirchhörder Grundschule. „Bisher hatten wir Glück, bei ihm gab es noch keinen positiven Pooltest.“

An Testtage „nervös und angespannt“

Trotzdem ist sie vom langsamen Testverfahren betroffen: Als selbstständige Gastronomin hat sie mehrere Angestellte mit Grundschulkindern. „Momentan melden sich ständig Angestellte länger ab, weil Testergebnisse ausstehen.“

Und so ist die Stimmungslage auch bei ihr an den Testtagen in den Grundschulen immer gleich: „Nervös und angespannt.“

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Schulministerium NRW

Alternative: Testnachweise aus anerkannten Teststellen

  • Das zuständige Schulministerium NRW verweist auf unsere Nachfrage zu den aktuellen Verzögerungen darauf, dass hilfsweise Antigen-Schnelltests eingesetzt werden können, „sollten aufgrund der zurzeit sehr starken Auslastung der Labore oder aus anderen Gründen einer Schule die Pool-Ergebnisse nicht rechtzeitig vorliegen.“
  • Dies hilft jedoch nicht, wenn bereits ein positives Pool-Ergebnis vorliegt - das Freitesten kann dann nur mittels PCR-Einzeltest erfolgen. Zudem gelte laut Corona-Betreuungsverordnung, dass „Schüler nicht an Schultests teilnehmen müssen, wenn sie entsprechende Testnachweise von anerkannten Teststellen vorlegen“, heißt es aus dem Schulministerium.
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