Dortmunder Grünen-Politikerin (36) zieht Reißleine „Ich hatte nur noch ein schlechtes Gewissen“

Julia Kowal (Grüne) tritt als Vize-Bezirksbürgermeisterin zurück
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Die Dortmunder Grünen-Politikerin Julia Kowal (36) hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, am Ende ist sie für sie aber alternativlos: Die 36-Jährige tritt als zweite stellvertretende Bezirksbürgermeisterin für den Stadtbezirk Lütgendortmund zurück. Rund zweieinhalb Jahre, seit der Kommunalwahl 2020, füllte Julia Kowal das Amt aus.

Ihren Schritt begründet die dreifache Mutter und selbstständige Redakteurin so: „Diese repräsentative Arbeit ließ sich für mich zuletzt immer schwieriger mit Arbeit und Familie vereinen.“ Denn Veranstaltungen, zu denen sie als stellvertretende Bezirksbürgermeisterin eingeladen wurde, hätten überwiegend nachmittags, abends und am Wochenende stattgefunden.

Immer ein schlechtes Gewissen

„Ich hatte nur noch ein schlechtes Gewissen, weil ich mich oft zwischen Familie, Job und den politischen Terminen entscheiden musste“, sagt Kowal. Ganz besonders wichtig sei für sie, ihren Kindern (5, 7 und 8 Jahre alt) gerecht zu werden.

Über Monate habe sie sich mit dem Gedanken getragen, aufgrund dieses ständigen Gewissenskonflikts politisch kürzerzutreten. Blauäugigkeit könne man ihr aber nicht vorwerfen, betont Kowal. Denn: Das Amt habe sie während der Elternzeit übernommen, damals habe sie einfach über deutlich mehr Zeit verfügt.

Im November 2020 wurden Karin Neumann (l., CDU) und Julia Kowal (r., Grüne) als Stellvertreterinnen von Bezirksbürgermeister Heiko Brankamp gewählt.
Im November 2020 wurden Karin Neumann (l., CDU) und Julia Kowal (r., Grüne) als Stellvertreterinnen von Bezirksbürgermeister Heiko Brankamp gewählt. © Stephan Schütze (Archiv)

„Da ich das Amt nicht mehr ganz ausfüllen kann, möchte ich auch nicht länger die höhere Aufwandsentschädigung beziehen“, erklärt Julia Kowal. Der Bezirksvertretung bleibe sie aber erhalten, ihr Mandat werde sie nicht niederlegen, betont sie. „Für diese Aufgabe kann ich meine Zeit viel flexibler einteilen.“

Und: Natürlich werde sie als Grünen-Politikerin auch weiterhin Termine und Veranstaltungen wahrnehmen. „Aber hoffentlich mit einer nicht mehr ganz so hohen Erwartungshaltung an mich“, so die 36-Jährige.

Über ihren Rücktritt habe sie nicht nur die Fraktion und den Ortsverband der Grünen informiert, sondern auch die Geschäftsführung der Bezirksvertretung. „Ich fühle mich jetzt sehr erleichtert“, sagt Julia Kowal am Dienstag (2.5.) im Gespräch mit dieser Redaktion.

Nachfolge ist noch ungeklärt

Uwe Müller, Fraktionssprecher der Grünen in Lütgendortmund, zeigt großes Verständnis für die Entscheidung seiner Kollegin. „Für unsere Fraktion ist ihr Schritt absolut nachvollziehbar. Wir danken Julia für ihren bisherigen Einsatz“, so Müller. Gleichzeitig freue man sich, dass sie in der Fraktion weiter mitarbeiten werde.

Ob es eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für die zweite stellvertretende Lütgendortmunder Bezirksbürgermeisterin geben wird, ist offen. Aufgrund der Machtverhältnisse von CDU und Grünen mit jeweils vier Sitzen nach der Kommunalwahl hatte sich das Gremium auf zwei Stellvertreter des Bezirksbürgermeisters geeinigt.

„Eigentlich könnte man dieses Geld sparen“, findet Julia Kowal. Die erste stellvertretende Bezirksbürgermeisterin ist Karin Neumann (CDU).

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