Graffiti-Künstler übersprühen provokantes Nazi-Graffito in Dorstfeld
Polizei
Graffiti-Sprayer haben am Freitag in Dorstfeld das „Nazi-Kiez“-Graffito unter neuer Kunst verschwinden lassen - unter den Augen der Behörden. Sogar der allerhöchsten. Das steckt dahinter.

Mit viel Polizeipräsenz sind am Freitag die Graffiti an der Emscherstraße übermalt worden. © Kevin Kindel
Normalerweise sind Graffiti-Sprayer und Polizisten nicht die besten Freunde. Am Freitagvormittag (6.9.) an der Dorstfelder Emscherstraße war das anders. Unter starkem Polizeischutz haben vier Künstler mehrere Wände besprüht.
In hochgeschlossenen schwarzen Maleranzügen - und damit nicht erkennbar - haben die Graffiti-Künstler aus dem Ruhrgebiet seit dem Morgen Nazi-Schmierereien übersprüht, insbesondere das markante „Nazi-Kiez“-Graffito. Gleichzeitig wehten vom gegenüberliegenden Haus schwarz-weiß-rote Fahnen. Die Bewohner dieses Hauses haben die ganze Aktion interessiert verfolgt.
Bis zum frühen Nachmittag dauerte die Aktion an. Am Ende war dort statt Nazi-Symbolik „Our colors are beautiful“ - „Unsere Farben sind wunderschön“ zu lesen.
Ordnungsrechtlich hatte die Stadtverwaltung keine Handhabe, die Nazi-Graffiti entfernen zu lassen. „Also haben wir den Weg des Dialogs gewählt“, sagt Rechtsdezernent Norbert Dahmen. Die meisten Hauseigentümer, die solche Schmierereien auf ihren Wänden haben, seien eindeutig gegen diese Aussagen. „Aber sie haben aufgegeben, sie zu überpinseln“, so Dahmen.
Dorstfelds Bezirksbürgermeister Ralf Stoltze war es jetzt, der den Kontakt zu dem Eigentümer hergestellt hat und ihn zu der gemeinsamen Aktion überzeugen konnte. Monatelang sei die Aktion geplant worden, berichten die Verantwortlichen.
„Aus Opfern, deren Eigentum beschädigt worden ist, wollen wir Beteiligte machen“, sagt Norbert Dahmen. Weitere ähnliche Aktionen sollen in den kommenden Monaten auch an anderen Stellen in Dortmund folgen.
Ein Bestandteil, um für Nachhaltigkeit im Engagement zu sorgen, sei die geplante Videoüberwachung der Emscherstraße, sagt Polizeipräsident Gregor Lange: „Die wird im Moment in meinem Haus sehr intensiv vorangetragen.“
Die Aktion zur Beseitigung der Schmierereien begann schon am frühen Morgen gegen 6 Uhr mit starker polizeilicher Unterstützung. „Seit Jahren sind die auf Hauswänden aufgebrachten Nazi-Parolen allen an der heutigen Aktion Beteiligten ein Dorn im Auge. Rechtsextremisten dienten die Parolen zur Abschottung, anders Denkende sollten dadurch eingeschüchtert und abgeschreckt werden“, heißt es in einer Pressemitteilung.
„Dass solche Bilder heute mitten in Deutschland möglich sind“, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul vor Ort: „Ich hätte es nicht für möglich gehalten.“ Dortmund sei durchaus der Rechtsextremen-Hotspot in NRW: „Deswegen ist es so wahnsinnig wichtig, dass da eine Gegenwehr erfolgt.“ Die Graffiti-Aktion nennt Reul ein „riesiges Signal aus der Bürgerschaft, das mich ungeheuer beeindruckt.“
Den Neo-Nazis dürfe man keinen Millimeter Raum geben, so Reul: „Deshalb ist es eine tolle Sache, dass sich die Bürgerinnen und Bürger, die Stadt und die Polizei gemeinsam gegen die rassistischen Hetzer stellen und deren widerliche Schmierereien entfernen.“
Der für Dorstfeld zuständige Bezirksbürgermeister Ralf Stolze ergänzt, er freue sich, „dass heute in Dortmund ein Schandfleck beseitigt wird“. Dorstfeld sei generell vielfältig und bunt, sagt Polizeipräsident Lange: „Es gibt eine Straße, in der Rechtsextreme versuchen, mit entsprechendem Auftreten so zu tun, als sei das ihr Raum. Entsprechende Pläne, Angsträume in Dorstfeld zu errichten, werden wir immer wieder durchkreuzen. Ich glaube, wir haben sie getroffen und ehrlich gesagt: Das ist der Teil, der mich freut.“