Gewerbe im Landschaftsschutzgebiet? SPD sagt weder „Ja“ noch „Nein“

Gewerbe in der Brechtener Niederung? SPD sagt weder „Ja“ noch „Nein“
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Der Aufschrei bei den Bürgern im Stadtbezirk Eving war groß, als die Dortmunder Wirtschaftsförderung im März 2024 einen Plan für die Entwicklung neuer Gewerbegebiete vorlegte. Ganz oben vor anderen Flächen rangierte das Landschaftsschutzgebiet Brechtener Niederung. Die zuständige Wirtschaftsförderin, Heike Marzen, hatte der Politik bereits „eine Eignungsuntersuchung“ für die Fläche vorgeschlagen.

Die darauffolgenden, monatelangen Bürgerproteste zeigten Wirkung: Das Papier der Verwaltung verschwand wieder in der Versenkung. Und die Ratsfraktionen von SPD, Grünen und CDU? Sie rangen hinter verschlossenen Türen um ihre Haltung zum Thema Wirtschaftsflächen und Brechtener Niederung.

Fällt die Entscheidung im Mai?

In der Folge ließ die Verwaltung Teilen der Politik inoffiziell ein neues Papier zukommen. In dem waren die Pläne speziell für die Brechtener Niederung bereits deutlich abgeschwächt: Von einer konkreten „Eignungsuntersuchung“ war keine Rede mehr. Die in Rede stehenden Freiflächen wie Brechtener Niederung, aber auch Groppenbruch, Buddenacker und Osterschleppweg, waren nur noch als langfristige Potenzialflächen vorgesehen. Vorrang haben sollten die Nachverdichtung bestehender Gewerbegebiete und der Ankauf alter Industriebrachen. Doch auch über dieses Papier ist in den politischen Gremien nie beraten worden.

Kommt nun ein neuer und dann auch offizieller Beschlussvorschlag? Vonseiten der Verwaltung heißt es, „voraussichtlich im Mai“ sollen die Ratsgremien über die künftige Wirtschaftsflächenstrategie der Stadt Dortmund entscheiden. Grüne und CDU haben sich dazu bereits seit Langem positioniert. Für die Grünen kommen Eingriff in den Freiraum nur als allerletzte Möglichkeit in Betracht, wenn überhaupt.

Sie setzen erst einmal auf die Nachverdichtung bestehender Gewerbegebiete. Und auf die Übernahme von Brachen wie beispielsweise das rund 49 Hektar große Gelände der früheren Kokerei Kaiserstuhl (Westfalenhütte), um das seit geraumer Zeit verhandelt wird. „Es gibt genug Gewerbeflächen, die man aktivieren könnte“, sagt Grünen-Fraktionssprecherin Katrin Lögering auch mit Blick auf die frühere HSP-Fläche an der Rheinischen Straße. „Uns ist wichtig, dass die Wirtschaftsförderung endlich die Bedarfe für einzelne Branchen definiert“, so Lögering. „Unser Fragenkatalog von damals ist bis heute unbeantwortet.“

CDU hält Groppenbruch hoch

Die Haltung der CDU: Nachverdichtung von Gewerbegebieten – ja, könne man machen, heißt es. „Allzu viel wird das aber nicht bringen“, sagt ein einflussreiches Mitglied aus der Ratsfraktion. Für die CDU stehe daher die Entwicklung von Groppenbruch (Stadtbezirk Mengede) im Focus. Die 35 Hektar große Fläche, über die immer mal wieder diskutiert wird, sei sei aus planerischer Sicht am weitesten. Sie ist im Regionalplan bereits als „regionaler Kooperationsstandort“ festgelegt und somit für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben gesichert. Die RAG als Eigentümer sei bereit, die Fläche zu verkaufen.

Neben der Entwicklung von Groppenbruch plädiert auch die CDU für den Ankauf von Brachen wie etwas Kaiserstuhl, will aber auch Potenzialflächen für die Zukunft gesichert wissen. Dabei richtet sie den Blick nicht auf das damals vorgeschlagene „Kerngebiet“ in der Brechtener Niederung. Dafür aber zwei als Ackerland genutzte Flächen am Rande von B54 und A2 an den Ausläufern der Brechtener Niederung.

Nach einem langwierigen Prozedere hat nun auch die SPD ihre Haltung festgelegt. Der SPD-Beirat, höchstes Gremien zwischen den Parteitagen, hat der Ratsfraktion am Donnerstagabend (20.3.) die Richtung vorgegeben. Sie lautet im Kern: Die Stadt möge für die nächsten 15 Jahre eine „planerische Reserve“ im Umfang von 100 Hektar anlegen. Eingriffe in den Freiraum schließt die SPD aber nicht per se und für alle Zukunft aus – sie soll es aber erst geben, wenn sich die besagte Marge von 100 Hektar nicht bereits durch Nachverdichtungen und den Ankauf von Brachen erreichen lasse.

SPD will die Luft rausnehmen

Zudem sollen die Wirtschaftsförderer mithilfe eines „umfassenden Monitoring“ kontinuierlich Informationen liefern – sowohl zur Verfügbarkeit von Wirtschaftsflächen als auch zum „Bedarf an neuen Flächen“. Besonders bemerkenswert dabei: Im Papier des SPD-Beirats wird keine einzige Fläche mehr genannt; auch nicht die Brechtener Niederung. Selbst Groppenbruch taucht nun an keiner Stelle mehr auf. Ist die Brechtener Niederung damit vom Tisch? Die SPD will erkennbar Luft aus der Diskussion nehmen - wohl aus Sorge, die Bürger könnten auch in weiteren Stadtteilen auf die Barrikaden gehen. Gleichwohl wird auf den Rathausfluren geraunt, dass Groppenbruch für die SPD die erste Wahl sein dürfte, sollte es irgendwann doch notwendig werden, in den Freiraum zu gehen.

Im nächsten Schritt müssen sich die drei größten Ratsfraktionen in Verhandlungen nun aufeinander zu bewegen. Aktuell ist offen, ob sich SPD, Grüne und CDU auf eine Haltung einigen können – und möglicherweise ein gemeinsames Antragspapier in den Rat einbringen. Ebenso denkbar wäre ein von Rot-Grüner getragener Antrag. Fällt im Rat auch im Mai keine Entscheidung, könnte das Thema Wirtschaftsflächen im kommenden Kommunalwahlkampf aufschlagen.