Der Rechtsextremist Steven F. müsste eigentlich seit über einem Jahr im Gefängnis sitzen. Der Dortmunder ist unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt worden. Doch F. hatte seine Haft nicht wie vorgeschrieben am 17. November 2023 angetreten. Seitdem ist er flüchtig.
Wie die Staatsanwaltschaft Dortmund auf Anfrage mitteilt, ist F. weiterhin europaweit zur Festnahme ausgeschrieben. Es bestünden jedoch keine konkreten Hinweise auf den Aufenthaltsort des Rechtsextremisten. Steven F. ist derweil weiterhin auf verschiedenen Profilen in sozialen Netzwerken tätig, auch wenn Accounts immer wieder gesperrt werden. Erst am 1. April lud er ein Video auf Youtube hoch, in dem er ein anderes Video kommentiert.
Steven F. hatte durch seine Auftritte in verschiedenen Social-Media-Formaten vor seinem Untertauchen eine gewisse Bekanntheit als eine Art „Neonazi-Influencer“ erlangt. Unter anderem der Rapper Manuellsen hatte ihm eine Plattform für seine Weltanschauung gegeben. Der Versuch, rechtsextremistisches Gedankengut anschlussfähig zu machen, schien zumindest bei einigen Menschen zu verfangen. In Kommentarspalten schrieben Menschen, dass sie Steven F. sympathisch fänden.
Mehrfach straffällig
Der Rechtsextremist ist schon mehrfach straffällig geworden. Im Jahr 2016 war er etwa an der Besetzung der Reinoldikirche beteiligt. Ende 2023 ist F. aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen gefährliche Körperverletzung, Körperverletzung, Betrug, Beleidigung und Bedrohung untergetaucht. Insgesamt muss er wegen dieser Delikte zwei Jahren und vier Monaten (abzüglich einer Zeit in Untersuchungshaft) ins Gefängnis.
Das Verfahren gegen den Rechtsextremisten, der in der Neonazi-Partei „Heimat Dortmund“ aktiv war, zog sich seit mehreren Jahren hin. Eine Revision gegen seine Verurteilung wurde im Jahr 2020 abgelehnt und die Strafe um weitere fünf Monate verlängert. Dagegen ging F. erneut in Revision.
Im März war er schon einmal kurzzeitig in Untersuchungshaft genommen worden, weil er zu einem Revisionstermin nicht erschienen war. Mittlerweile ist F. rechtskräftig verurteilt und muss ins Gefängnis. Wenn man ihn nun antreffe, würde er sofort festgenommen, kündigte Staatsanwältin Frodermann im November 2023 an.
Wo hält sich der Neonazi auf?
Die Behörden hatten Steven F. damals nicht an seiner Wohnanschrift antreffen können, nachdem er seine Haft nicht eigenständig angetreten hatte. Daraufhin seien ein Vollstreckungshaftbefehl ergangen und Fahndungsmaßnahmen eingeleitet worden, teilte Staatsanwältin Sonja Frodermann damals mit. Wenig später wurde der Haftbefehl auf ganz Europa ausgeweitet.
Wo sich F. aufhält, ist unklar. In seinem Instagram-Account hat er Bosnien und Herzegowina als Standort angegeben. Zwar haben Dortmunder Rechtsextremisten auch Kontakte in osteuropäische Neonazi-Szenen, daraus lässt sich aber nicht der Wahrheitsgehalt dieser Angabe ableiten. Sie ist auch als Provokation in Richtung der Ermittlungsbehörden zu verstehen.
555 Neonazis werden gesucht
In Instagram- und Tiktok-Videos verhöhnte Steven F. auch die Polizei. Auf eine Neonazi-Demonstration in Dorstfeld spielten Rechtsextremisten im Dezember 2024 eine Sprachnachricht des Gesuchten vor den anwesenden Polizeikräften ab. Eine Provokation, die die Neonazis sichtlich genossen. Ob Steven F. seine Flucht genauso genießen kann, ist fraglich.
F. ist bundesweit aber kein Einzelfall. Wie eine Anfrage der Linken im Bundestag ergab, waren mit Stichtag 30. September 555 deutsche Neonazis trotz offener Haftbefehle weiter auf freiem Fuß.
Haftbefehl gegen Dortmunder Rechtsextremisten gilt jetzt in ganz Europa: Steven F. weiter flüchtig