
© Dieter Menne (Archivbild)
Der Arzt, der den Schwächsten half: „Doc Klaus“ verlässt das „Gast-Haus“
Obdachlose
In der medizinischen Versorgung für Wohnungslose im „Gast-Haus“ gibt es einen einschneidenden Wechsel. Mit Dr. Klaus Harbig zieht sich eine prägende Figur zurück.
Dr. Klaus Harbig (79) ist ehrenamtlicher Helfer für die Schwächsten der Gesellschaft. Er ist ein Mann des offenen Wortes, der seine helfende Hand nie verweigert hat. Er ist „Dortmunder des Jahres 2016“. Er ist ein Arzt, der im Ruhestand nie zur Ruhe kommen wollte. Bis jetzt.
Nach 15 Jahren zieht sich „Doc Klaus“ als ehrenamtlicher Arzt in der Wohnungslosen-Initiative „Gast-Haus statt Bank“ an der Rheinischen Straße zurück. Er hat die Leitung der ehrenamtlich geführten Praxis offiziell an seinen Nachfolger Hans-Georg Kubitza übergeben. Kubitza arbeitet bereits seit 2018 in der Praxis mit und ist Teil des „Gast-Haus“-Vorstands.
Klar Harbig bleibt dem Verein weiterhin erhalten und zieht sich nur aus der medizinischen Arbeit zurück.
2005 baut Klaus Harbig eine Praxis für wohnungslose Menschen auf
2005 hatte „Doc Klaus“, wie er von vielen Kollegen und Patienten genannt wird, die Praxis für Menschen, die sonst keine medizinische Versorgung erhalten würden, selbst mit ins Leben gerufen.

Dr. Thomas Lenders, Jens Feigel, Hans-Georg Kubitza, Ulrike Ulrich, Heinrich Bettenhausen und Elga Roesner (v.l.) bei der Verabschiedung von Dr. Klaus Harbig (rechts). © Gast-Haus
Anfangs war vieles noch improvisiert und von viel Skepsis bei den Klienten begleitet. Heute arbeitet die Praxis auf professioneller Basis. Das Team besteht aus 15 Ärzten mit unterschiedlichen Fachrichtungen, drei Psychologen und Psychiatern sowie zehn Fach- und Assistenzkräften.
Mittlerweile gibt es Facharzträume und ein Team mit 15 ehrenamtlichen Medizinern
Die mittlerweile 100 Quadratmeter großen Praxisräume sowie die September eröffneten Facharzträume in einem Nachbarhaus im Unionviertel stehen für die positive Entwicklung. Die zugleich ein Alarmzeichen ist, denn sie zeigt, dass die Zahl der Menschen auf der Straße in den vergangenen 15 Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden ist.
„Dass es so vielen Menschen in einer Wohlstandsgesellschaft wie Deutschland aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Lebensbedingungen gesundheitlich nicht gut geht, macht mich nach wie vor noch sehr betroffen“, sagt Dr. Klaus Harbig. Ein Trost sei, dass viele obdach- und wohnungslose Menschen über die Praxis erreicht und behandelt werden können, die seit einigen Jahren dem Mobilen Medizinischen Dienst des Gesundheitsamts angehört.
Harbig hat in seiner Zeit als „Gast-Haus“-Arzt viele persönliche Schicksale begleitet, er hat viele Menschen in schwierigen Lagen begleitet. Dass er vielen von ihnen helfen konnte, erfüllt ihn mit Zufriedenheit.
Dr. Klaus Harbig: „Wir begegnen uns auf Augenhöhe.“
Als er 2016 von den Bürgern dieser Stadt bei einer Abstimmung von Ruhr Nachrichten und Radio 91.2 zum „Dortmunder des Jahres“ gewählt wurde, beschrieb Harbig die Haltung zu seiner Aufgabe so: „Jeder der hierherkommt, ist ein Mensch. Wir begegnen uns auf Augenhöhe. Wie jeder sein Leben führt, ist seine Entscheidung, sein Schicksal. Ich versuche zu verstehen und zu helfen.“
Als der praktizierende Buddhist vor 15 Jahren als Internist mit einer Praxis an der Landgrafenstraße in Rente ging, beschloss er schnell, dass er sich ehrenamtlich für Schwächere einsetzen möchte. Allerdings lehnten zunächst mehrere Einrichtungen sein Hilfsangebot ab.
Der Internist wurde zum Glücksfall für das „Gast-Haus“
Werner Lauterborn, damals Vorstandsvorsitzender des Gast-Hauses und heutiger Ehrenvorsitzender, sagte Ja und bezeichnet die Anfrage im Rückblick als „Oster- und Weihnachtsbescherung zusammen“.
Der heutige „Gast-Haus“-Vorstandvorsitzende Heinrich Bettenhausen sagt: „Wir sind sehr stolz auf das, was unser Doc Klaus hier mit seiner sehr ruhigen und kompetenten Art geschaffen hat. Ein solche Gemeinschaftspraxis für Wohnungslose, Obdachlose und Menschen in prekären Lebenssituationen ist einzigartig.“
Die Verabschiedung von Harbig fand im Dezember ohne große Öffentlichkeit statt. „Gerne hätten wir diesen Leitungswechsel in einem größeren Rahmen gefeiert, aber das holen wir auf jeden Fall noch nach. Erst einmal müssen alle in dieser sehr schwierigen Zeit alle gesund bleiben“, sagt Heinrich Bettenhausen.
Seit 2010 Redakteur in Dortmund, davor im Sport- und Nachrichtengeschäft im gesamten Ruhrgebiet aktiv, Studienabschluss an der Ruhr-Universität Bochum. Ohne Ressortgrenzen immer auf der Suche nach den großen und kleinen Dingen, die Dortmund zu der Stadt machen, die sie ist.
