
Gabriele Bayer von der Tierschutzorganisation Arche 90 fordert einen tierärztlichen Notdienst im Raum Dortmund. © dpa/Schaper/Montage RN
„Für Dortmund heißt das: tote Tiere" - Klinik stellt Wochenend-Notdienst ein
Tierärzte fehlen
Die Tierklinik AniCura in Recklinghausen stellt ihren Wochenend-Notdienst ein. Die Dortmunder Tierschützerin Gabriele Bayer ist alarmiert. Was sie fordert und wie weit Dortmunder jetzt fahren müssen.
Schon seit Jahren fehlt in Dortmund ein tierärztlicher Notdienst. Wer nachts, feiertags oder am Wochenende mit seinem verletzten oder erkrankten Haustier zum Arzt will, muss weite Wege in Kauf nehmen. Und das Problem wird sich künftig noch einmal deutlich verschärfen.
Hintergrund ist die Ankündigung der Recklinghäuser Tierklinik AniCura, ihren Notdienst an den Wochenenden zum 1. Oktober 2022 einzustellen. Für die Dortmunder bedeutet das, dass sie dann noch länger zu einer Klinik fahren müssen als bisher.
Klinik fehlt das Personal
Das Tierkrankenhaus AniCura teilt auf seiner Webseite mit, dass das Personal fehle, um den Notdienst an den Wochenenden aufrecht zu erhalten. „Wir finden diese Situation sehr bedauerlich“, heißt es in dem Statement. Von Montag bis Freitag sowie an Feiertagen unter der Woche werde man den Notdienst weiterhin anbieten, versichert die Klinik.
Gabriele Bayer von der Dortmunder Tierschutzorganisation Arche 90 antwortet auf die Frage, was die Entscheidung von AniCura für Dortmund bedeutet: „Für Dortmund heißt das: tote Tiere. Das ist eine ganz klare Kiste.“ Beispielsweise bei einem schwerverletzten Hund, der angefahren wurde, zähle jede Minute, um das Überleben des Tieres zu sichern. „Dann ist Recklinghausen schon weit.“ Es werde immer schwieriger, Tiere in Notfällen lebendig in eine Klinik zu bringen. Die nächsten Adressen befinden sich in Duisburg, Essen und Bielefeld.
Die Tierschützerin fordert: „Wir brauchen in Dortmund eine verlässliche Anlaufstelle. Wir steuern hier auf eine Katastrophe zu.“
Keine Verpflichtung für einen Notdienst
Dr. Harri Schmitt, der Präsident der Tierärztekammer Westfalen-Lippe, kennt das Problem und sagt: „Wir versuchen da gegenzusteuern.“ 2018 habe es in Westfalen-Lippe zwölf Tierkliniken mit einem Notdienst gegeben. Jetzt seien es nur noch zwei. Dr. Schmitt nennt unterschiedliche Gründe - etwa die hohen Kosten für einen 24/7-Notdienst genau wie die Vorgaben im Arbeitsschutzgesetz, deren Einhaltung streng kontrolliert werde.
Schmitt bedauert, dass es in NRW bislang keine gesetzliche Verpflichtung für Tierärzte gibt, einen Notdienst anzubieten. Die Tierärztekammern Westfalen-Lippe und Nordrhein hätten eine Initiative beim Landesgesundheitsministerium eingebracht, um eine Gesetzesänderung zu forcieren. Bis diese komme, könne man nur an die Kollegen appellieren, in den Städten „Notdienstringe“ einzurichten, bei denen sich die Praxen abwechseln.
Ob in Dortmund ein solcher „Notdienstring“ eingerichtet werden könne, solle auf der nächsten Kreisstellen-Versammlung besprochen werden, sagt Dr. Harri Schmitt. Gleichwohl sei dieses Konzept kein Allheilmittel. „Nicht jede Praxis kann Operationen durchführen“, betont er. Tierkliniken in der näheren Umgebung könnten nicht ersetzt werden. Der Kammerpräsident stellt zudem eine bundesweite Notfallrufnummer in Aussicht, bei der erreichbare Tierarztpraxen gelistet werden.
Mehr Studienplätze gefordert
Dr. Schmitt weiß um den Personalmangel bei Tierärzten. Seine Kammer will den Nachwuchs fördern. Zwar gebe es ausreichend Studienbewerber, so Schmitt, allerdings sei der Numerus clausus sehr hoch. „Wir wollen die Anzahl der Studienplätze erhöhen“, sagt er. Es gebe auch Überlegungen für eine tiermedizinische Fakultät in NRW. Und: Derzeit würden fast nur Frauen den Studiengang belegen. Viele würden anschließend nicht in Vollzeit arbeiten, was das Problem verschärfe.
Der Kammerpräsident empfiehlt Haltern mit Blick auf steigende Tierarztkosten, eine Krankenversicherung für ihr Haustier abzuschließen. Dabei solle man jedoch genau darauf achten, welche Leistungen die jeweilige Versicherung beinhaltet.
1985 in Bochum geboren, Ruhrgebiets-Liebhaber und BVB-Fan. Nach journalistischen Stationen in Braunschweig und Borken jetzt zurück im Pott. Auf der Suche nach tollen Geschichten über interessante Menschen aus Dortmund.
