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Friseure unter Druck: Stammkunden drohen, nie wiederzukommen
Corona-Krise
Immer mehr Anrufer drängen Dortmunder Friseure zu illegalen Leistungen. Die Friseur-Innung sieht sich gezwungen, um Geduld zu bitten - und macht einen Vorschlag für die Zeit nach dem Lockdown.
Bei Nicole Bielicki häufen sich in diesen Tagen über Facebook, WhatsApp, E-Mail und auch per Telefon die Anfragen ihrer Stammkundschaft nach Terminen. Alle wollen endlich wieder zum Friseur.
„Wir machen aber grundsätzlich keine Termine, bevor wir nicht wissen, wann der Lockdown beendet wird und wir wieder arbeiten dürfen“, sagt die Friseurmeisterin, die in Derne im Schellenkai 106 und an der Oberbecker Straße 7 die Salons Makeover betreibt. „Viele Kundinnen und Kunden sehen das aber nicht ein und man spürt doch jetzt mehr Unverständnis als beim ersten Lockdown im Frühjahr“, so Nicole Bielicki.
Vermehrt bekommt sie jetzt Anfragen von Kundinnen, die sie bitten, doch zum Frisieren zu ihnen nach Hause zu kommen. „Viele verstehen einfach nicht, dass wir ein Berufsverbot haben und unsere körpernahe Dienstleistung untersagt ist, weil eben kein Abstand von mindestens 1,50 Meter beim Haareschneiden eingehalten werden kann“, sagt die Friseurmeisterin.
Friseure sind der Corona-Verordnung verpflichtet
Wie sie, spüren auch ihre Kolleginnen und Kollegen, dass sie in diesem Lockdown zunehmend unter Druck geraten. Das ist so extrem, dass sich die Friseur-Innung jetzt veranlasst sieht, sich öffentlich vor sie zu stellen. „Uns wird immer häufiger von Anrufen berichtet, in denen die Kolleginnen und Kollegen gebeten werden, die Haare ‚mal eben schnell‘ privat oder illegal in den Salons zu schneiden. Vermeintlich gute Stammkunden drohen sogar damit, sonst nie wiederzukommen“, erklärt Obermeister Frank Kulig die schwierige Situation.
„Wir stehen da zwischen den Stühlen und bitten um das Verständnis unserer Kunden. Einerseits können wir alle verstehen, die sich in diesen Zeiten nach etwas Normalität sehnen, andererseits sind unsere Betriebe fest der Corona-Verordnung verpflichtet. Haare schneiden, das geht derzeit leider gar nicht.“, sagt der Obermeister.
Vereinzelte Salons, die jetzt geöffnet seien, handelten nicht nur verantwortungslos, sondern wettbewerbsverzerrend, geschäftsschädigend und illegal. Auch zeitweise private Beschäftigung sei aufgrund der aktuellen Corona-Regelungen ausdrücklich verboten.

Frank Kulig, der Obermeister der Friseur-Innung Dortmund und Lünen, bittet die Kunden der Dortmunder Friseursalons um Geduld und Verständnis. Viele drängten bereits auf Termine im Februar, obwohl noch kein Ende des Lockdowns absehbar sei. „Wir würden nichts lieber tun, als unsere Salons öffnen“, sagt Frank Kulig. © Innung
Man freue sich natürlich über Terminanfragen und komme Wünschen gerne nach, so Frank Kulig, aber niemand könne wissen, wie die Situation in drei Wochen tatsächlich aussehe. „Wer jetzt einen Termin für Februar machen will, muss einerseits schon momentan damit rechnen, dass es eng wird, andererseits könnten Termine kurzfristig jederzeit aufgrund der Corona-Lage wieder abgesagt werden“, bedauert er die Situation. „Wir würden nichts lieber tun, als unsere Salons öffnen, zumal viele Betriebe derzeit massiv unter finanziellem Druck stehen.“
Friseure würden nach dem Lockdown auch sonntags öffnen
So sehr sich Nicole Bielicki auch darauf freut, ihre beiden Salons im Schellenkai und an der Oberbecker Straße wieder öffnen zu dürfen, so sehr macht sie sich Gedanken, wie sie den Ansturm dann bewältigen soll. „Alle wollen die Ersten sein“, sagt sie.
Innungs-Obermeister Frank Kulig spricht sich für eine Erweiterung der Geschäftsöffnungszeiten aus. Flexiblere Öffnungszeiten vor allen Dingen auch am Wochenende seien gerade für Betriebe mit kleineren Ladenflächen eine Chance, wirtschaftlich weiterhin zu existieren. „Warum ist es nicht möglich, im Rahmen flexibler Öffnungszeiten bis in die Abendstunden und auch an Wochenenden, zum Beispiel auch sonntags, die Haare zu schneiden?“, fragt er und appelliert an die Stadt Dortmund, diesen Vorschlag ernsthaft zu prüfen.
Nicole Bielicki wäre es recht. „Das würde helfen, den Ansturm zu entzerren. Ich kann mir jeweils zwei Sechs-Stunden-Schichten am Tag vorstellen - und das in der ersten Phase nach dem Lockdown auch am Sonntag. Meine Mitarbeiterinnen würden das mitmachen.“
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
