Normalerweise wäre er um diese Zeit schon fertig. „Ich wäre um 7 Uhr hier gewesen, spätestens um 7.30 Uhr“, sagt Tillmann Goltsch; „dann hätte ich eine Stunde lang meine Bahnen gezogen.“ Jetzt ist es nach 9 Uhr - und die Kasse ist zu.
Erst um 11 Uhr wird ein Mitarbeiter der Sportwelt Dortmund das Gitter vor dem Freibad Volkspark öffnen. Und auch in Wellinghofen, im Froschloch in Hombruch oder im Freibad Hardenberg in Deusen gelten dieselben Zeiten: 11 bis 19 Uhr. „Das ist zu spät für mich“, ärgert sich Goltsch.
Auch Miteinander bricht weg
Der 44-Jährige ist ambitionierter Läufer und Triathlet - und im Berufsleben Rechtsanwalt. Wie solle er das hinbekommen, vor der Arbeit ins Freibad zu gehen? Oder auch nach Feierabend? So kurz sei bei ihm der Arbeitstag selten. Und er sei ja nicht alleine.
Unter den Frühschwimmern seien viele Senioren - „für einige bricht ja dann auch ein soziales Miteinander weg“- aber eben auch die Berufstätigen: diejenigen, die Sport treiben wollten vor der Arbeit. Denn danach? Wenn das Freibad um 19 Uhr schließe, man ein paar Minuten vorher aus dem Wasser solle und das Training rund eine Stunde dauere, müsse man ja schon weit vor 18 Uhr vor Ort sein.
In Schwerte ist es besser
„Es ist traurig für eine Stadt mit 600.000 Einwohnern“, findet Goltsch. Immerhin sei Dortmund die achtgrößte Stadt Deutschlands, die drittgrößte in NRW. Und dass es gehe mit den Öffnungszeiten, beweise doch der Blick auf kleinere Orte.
Nach Schwerte zum Beispiel, wo das Elsebad Ergste als Bürgerbad betrieben wird, zudem mit auf 23 oder 24 Grad aufgeheiztem Wasser, wochentags offen von 7 bis 19.30 Uhr.
Im Volkspark und in Wellinghofen indes hat die Sportwelt die Heizung bisher nicht eingeschaltet, im Froschloch und in Deusen gibt es gar keine. Ebenfalls peinlich, findet Goltsch. Erst zu Pfingsten hatte das Wasser die 20-Grad-Marke überschritten.
Neoprenanzüge sind teuer
„Ganz Hartgesottene gehen bei den aktuellen Temperaturen auch ohne Neoprenanzug ins Wasser, aber so hartgesotten bin ich nicht“, unterstreicht Goltsch. Klar: Er könne sich einen Neoprenanzug leisten, aber andere könnten das eben nicht: „Das ist auch eine Kostenfrage. Deshalb vergrault man viele auch mit dem unbeheizten Wasser.“
Spricht man Sportwelt-Geschäftsführer Jörg Husemann auf Öffnungszeiten und Temperaturen an, sagt er: Ja, das stimme schon. Auch er würde gerne längere Schwimmzeiten und wärmeres Wasser anbieten. Aber: „Wir setzen hier die Vorgaben der Stadt Dortmund und der Politik um.“

„Welche Stellschraube bleibt?“
Er müsse wirtschaftlich arbeiten. Die Kosten für Strom und Gas seien hoch. Allein die Umwälzpumpen im Volkspark sorgten täglich für eine Stromrechnung von 400 Euro. Es stelle sich einfach die Frage, „welche Stellschrauben mir noch bleiben“.
Er wolle sich nicht beschweren, sagt Husemann. Deshalb möchte er lieber gar nicht über das Thema reden. Aber auch ohne dass er das explizit sagt, ist klar: Die Sportwelt finanziert sich über die Eintrittsgelder und vor allem über den Betriebskostenzuschuss der Stadt Dortmund.
Kein Zwei-Schicht-Betrieb
Zum Eintritt gibt es den Beschluss der Politiker, dass der nicht stark steigen solle. Aktuell kommen Erwachsene für 4 Euro rein, Kinder und Jugendliche für 2,50 Euro. Und reicht der Zuschuss der Stadt, um die höheren Energiekosten aufzufangen? Husemann schweigt lieber, als auf Nachfrage zu sagen: Ja, klar, auf jeden Fall.
Jedenfalls reichten die Einnahmen der Sportwelt derzeit nicht, um täglich Mitarbeiter in zwei Schichten zu bezahlen. Deshalb seien die Öffnungszeiten reduziert, vor allem am Morgen und Vormittag.
Frühschwimmer wie Tillmann Goltsch lässt das verärgert zurück. Vor der Arbeit noch in eine andere Stadt? Das sei zeitlich nicht drin, unterstreicht der 44-Jährige. Klar, es bliebe ein Hallenbad, denn das Südbad habe wochentags ab 6 Uhr offen, „aber es ist doch etwas anderes, wenn man unter freiem Himmel die 50-Meter-Bahn schwimmen kann“.
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