
© Knappschaftskrankenhaus
Fliegendes Spezial-Team ist oft die letzte Chance für Covid-Patienten
Dortmunder Intensivmediziner
Wenn ein Patient in der Region ums Überleben kämpft, kommt immer häufiger ein spezielles Intensiv-Team aus Dortmund zum Einsatz - im Notfall auch per Hubschrauber. Grund sind die vielen Covid-Erkrankten.
Zehn Anfragen haben Prof. Dr. Björn Ellger und sein sogenanntes „ECMO-Team“ allein in der vergangenen Woche erreicht. Dahinter stecken zehn Menschen, die in Krankenhäusern in der Umgebung von Dortmund ums Überleben kämpfen. „Es werden gerade furchtbar viele“, berichtet Ellger. Für viele Covid-Patienten sei die ECMO die letzte Möglichkeit.
ECMO ist kurz für extracorporale Membran-Oxygenierung. Hinter dem Begriff steckt eine besondere Herz-Lungen-Ersatz-Maßnahme: Während dem Körper kontinuierlich Blut entnommen wird, wird dieses außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert. Gleichzeitig wird das im Körper anfallende Kohlendioxid ausgewaschen.
Am Ende des Kreislaufs wird das Blut wieder in den Körper hineingepumpt. „Die Maßnahme ist sehr invasiv“, erklärt Ellger. Bei welchen Patienten eine ECMO Sinn ergibt und bei welchen nicht, sei immer eine individuelle Entscheidung. „Da streiten wir uns manchmal auch drum“, erzählt Ellger.
Letzte Chance bei Herz- und Lungenversagen
Dr. Björn Ellger ist Direktor der Kliniken für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Knappschaftskrankenhaus in Brackel. Das ECMO-Team ist seine Herzensangelegenheit.
Das ECMO-Verfahren wird angewandt, wenn sich bei einem Patienten die Lungen- oder Herzfunktion oder gar beides dramatisch verschlechtert und auch die Beatmung nicht mehr hilft, den Körper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Sie ist in der Regel die letzte Rettung für schwer kranke Patienten.
Besonders das Einführen der speziellen Kanülen in die Gefäße erfordert viel Fachkenntnis. Technik und Kompetenz sind so spezialisiert, dass längst nicht jedes Krankenhaus die oft lebensrettende Methode leisten kann.
Wenn die Patienten nicht mehr ins Dortmunder ECMO-Zentrum im Knappschaftskrankenhaus kommen können, kommen Ellger und sein Team daher zu den Patienten. Im Notfall auch auf dem Luftweg.
Seit Anfang 2019 gibt es das fliegende ECMO-Team des Knappschaftskrankenhauses. Im Notfall sind die Intensivmediziner aus Dortmund zur Stelle und fliegen samt spezieller technischer Ausstattung zum Patienten. Ziel sind meistens Patienten mit akutem Lungen- oder Herzversagen, in Kliniken die eine maschinelle Herz- und Lungenunterstützung nicht anbieten können. Durch die Corona-Pandemie startet das Team aus Dortmund immer häufiger.
Bis sich der Patient erholt, kann es Wochen dauern
Wenn sich das mobile ECMO-Team von Dortmund-Brackel aus auf den Weg macht, geht es meistens in ländlichere Gebiete, zum Beispiel ins Sauerland. Im Gepäck hat das Team großes technisches Gerät.
Schon vor dem Start in Dortmund wird das Team gebrieft, um was es geht. Beim Patienten angekommen wird die ECMO dann direkt eingebaut. „Da wird keine Zeit gespart“, erklärt Ellger. Die ECMO übernimmt so lange die Organfunktion, bis sich Lunge und Herz wieder erholt haben. Die Patienten werden deshalb zunächst vor Ort versorgt, stabilisiert und dann auf die Intensivstationen des Knappschaftskrankenhauses weiter transportiert.
Die ECMO bleibt dabei konstant im Einsatz. Ab dann kann es Wochen dauern, bis sich Lunge oder Herz der Patienten ausreichend erholt haben.
10 bis 20 Prozent Überlebenschance
Gerade die schweren Covid-19-Verläufe bedeuten für die Intensivmediziner eine besondere Herausforderung. Denn Virus-Infektionen seien besonders langwierig. „Da läuft das Gerät mitunter 50, 60 oder 70 Tage - das ist ein echt langer Weg“, erklärt Ellger, „da wachsen einem die Patienten irgendwann ans Herz“.
Und nicht alle von ihnen überleben. Bei den durch das Team versorgten Covid-Patienten liege die Überlebenswahrscheinlichkeit trotz ECMO gerade einmal bei 10 bis 20 Prozent.