Nadim Karsifi hofft, dass er die Kunden, die er durch die Corona-Einschränkungen verloren hat, wiedergewinnen kann.

© Holger Bergmann

Fitness-Trainer fordert: „Kommt raus aus dem Wohnzimmer – geht trainieren“

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Die Corona-Beschränkungen werden immer weiter gelockert. Ein Zeichen der Normalisierung. Doch eine Sache normalisiert sich nicht. Fitness-Trainer Nadim Karsifi vermisst seine Stammkunden.

Oestrich

, 27.03.2022, 05:55 Uhr

Die Corona-Pandemie hat den Alltag geprägt und viele Dinge verändert. Manche Veränderungen scheinen dauerhaft Fuß gefasst zu haben im Leben vieler Menschen.

Nadim Karsifi, Trainer und Geschäftsführer in der Turnhalle Vital, Breisenbachstraße 80, hat in den vergangen zwei Jahren 43 Prozent seiner einstmals 550 Kunden verloren. „Es sind zwar auch neue Kunden gekommen, aber wenn fünf neue Kunden kamen, sind zehn Abos ausgelaufen“.

Frustriert schaut er auf zwei Jahre voller immer neuer Kontakt-Regeln zurück. „Maske auf dem Weg zum Gerät auf, Maske auf dem Gerät wieder ab, das hat den Kunden den Spaß verdorben“.

Angst, das Haus zu verlassen

Den Hauptgrund für das Wegbleiben der Kunden sieht er aber woanders: „Die Politik hat den Menschen schon ziemlich viel Pandemie-Angst gemacht. Man hat sich ja kaum noch auf die Straße getraut“, sagt Nadim Karsifi. Zum Schaden seiner Branche hätten viele Menschen dann angefangen, zuhause zu trainieren, angeleitet von Online-Angeboten.

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Und bislang sieht es nicht so aus, als würden die Daheim-Sportler, jetzt da die Regeln gelockert werden, den Weg zurück in die Studios suchen. Das findet Nadim Karsifi nicht nur aus wirtschaftlicher Hinsicht schlecht. Er hat auch den sozialen Aspekt im Blick: „Leute kommt raus aus euren Wohnzimmern, geht wieder unter Menschen, geht gemeinsam trainieren.“

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Er fürchtet, dass viele Menschen, vor allem Kinder, durch das dauerhafte Daheim-Sein soziale Kompetenzen verlieren. Und natürlich denkt er auch an die Gesundheit der vielen Menschen, die wegen Corona selten rausgekommen sind.

Wegen Corona selten rausgekommen

„Ja, ist es schwer, sich aufzuraffen, wenn man lange träge auf der Couch gelebt hat“, so der Fitness-Experte. „Aber es geht um die Gesundheit. Wer heute nicht wieder anfängt zu trainieren, der wird die Auswirkungen in 20 oder 30 Jahren spüren“.

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Und deshalb sieht er die Regierung und auch die Krankenkassen in der Pflicht, die Menschen mit Angeboten zu motivieren. „Wer die Menschen massenhaft ins Homeoffice getrieben hat, der ist auch jetzt verantwortlich dafür, die Übergewichts- oder Diabetes-Epidemie zu verhindern“.

Aber er hat bei potenziellen Kunden eine weitere Veränderung bemerkt: Eine Art Bindungsangst. Viele Kunden möchten sich nicht mehr mit langfristigen Verträgen an Fitness-Center binden.

Nicht lange binden

„Wir kommen den Kunden natürlich mit flexiblen Verträgen entgegen“, sagt Nadim Karsifi, aber er fordert von Fitness-Interessierten mehr Geduld: „Training muss Spaß machen, Spaß macht Training, wenn man Erfolge am Körper bemerkt und dafür sollte man schon mal sechs Monate regelmäßig trainieren“. Damit das so passiert, ist er bereit, Menschen, die wieder fit werden möchten, mit individuell ausgearbeiteten Trainingsprogrammen aus der Wohnzimmer-Quarantäne zu holen.