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FH-Umzug: Steht das „Smart Rhino“-Projekt auf der Kippe?
Hoesch- und HSP-Gelände
Bekommt Dortmunds Fachhochschule nun einen Neubau an der Rheinischen Straße oder nicht? Das Land NRW lässt sich Zeit mit der Entscheidung. Zu viel Zeit, meinen einige. Kippt das Mammutprojekt?
Es war ein großer Aufschlag: 2019 stellten Vertreter von Stadt, IHK und der Essener Thelen-Gruppe ihre Idee vor, die Fachhochschule (FH) aus dem Kreuzviertel auf das frühere Gelände von Hoesch Spundwand und Profile (HSP) an der Rheinischen Straße zu verlegen. Der Neubau der über insgesamt vier Standorte verteilten FH sollte der Dreh- und Angelpunkt für ein zukunftsweisendes Stadtquartier auf der 52 Hektar großen Industriebrache werden.
„Smart Rhino“, so der Name, steht für ein innovatives und klimafreundliches Quartier. Der FH-Campus mit rund 20.000 Studenten und 1000 FH-Mitarbeitern soll dabei ein prägendes Element werden. Ebenso vorgesehen sind unter anderem ein Berufskolleg, rund 1400 Wohnungen sowie großzügige, öffentliche und private Grünflächen. Rückendeckung lieferte eine Machbarkeitsstudie, die 2020 zu dem Ergebnis kam: Ja, das Projekt Smart Rhino ist grundsätzlich umsetzbar.
Die Frage ist nur: Kommt es denn auch? Oder steht der FH-Umzug, der letztlich vom Land NRW finanziert werden muss, auf der Kippe? Was hinter vorgehaltener Hand in Dortmund inzwischen befürchtet wird.
CDU-Parteichef: „Brauchen die Entscheidung möglichst zeitnah“
Dortmunds CDU-Spitzen haben die NRW-Landesregierung wissen lassen, dass sie allmählich gern Antworten hätten – möglichst positive. Die Entwicklung von „Smart Rhino“ inklusive FH-Neubau genieße hohe Priorität. „Wir brauchen aber Klarheit“, sagt CDU-Parteichef Sascha Mader. „Es wäre gut, wenn das Land in der zweiten Jahreshälfte 2022 eine Entscheidung trifft, am besten zeitnah“, so Mader. Dabei stehen die Christdemokraten mit ihren Rufen nicht allein da.
Auch der Investor und Eigentümer der früheren HSP-Fläche, die Essener Thelen-Gruppe, möchte gern wissen, in welche Richtung es geht. Sie hatte das Areal 2016 von Thyssenkrupp gekauft. „Wir haben Verständnis, dass die Ministerien das Projekt einer sorgfältigen Wirtschaftlichkeitsprüfung unterziehen“, heißt es vonseiten der Thelen-Gruppe. Dennoch sei die gegenwärtige Situation nicht unbedingt befriedigend. „Eine zeitnahe Entscheidung wäre für alle Seiten vorteilhaft“, merkt der Investor an.
Dabei sollte das Votum des Landes eigentlich längst da sein. Das Fundament für die Entscheidung liefert dabei eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Sie war noch von der damaligen NRW-Landesregierung im Juni 2021 in Auftrag gegeben worden.
NRW-Bank soll für die FH drei Varianten durchgespielt haben
Die fürs Land zentrale Frage: Rechnet es sich, wenn die Thelen-Gruppe als privater Investor baut und die FH die Räumlichkeiten anmietet? Oder wird das Vorhaben wirtschaftlicher, wenn das Land selbst bauen lässt – möglicherweise sogar unter Federführung des eigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB NRW)? In Dortmund geht man davon aus, dass die diversen Berechnungen inzwischen abgeschlossen sein müssten.
Zuletzt hatte es geheißen, mit einer Grundsatzentscheidung des Kabinetts sei „Ende 2021/Anfang 2022“ zu rechnen. Daraus ist bekanntlich nichts geworden. Selbst im zurückliegenden NRW-Landtagswahlkampf, traditionell die Zeit fürs Überbringen guter Botschaften, blieben konkrete Ansagen aus Düsseldorf aus. Das hatte in Dortmund viele stutzig werden lassen.
Wie zu erfahren war, soll die NRW-Bank 2021 bei den Berechnungen drei Varianten durchgespielt haben: Eine sieht vor, die FH an ihren Standorten (unter anderem im Kreuzviertel) zu belassen. Eine andere Variante sieht den Umzug und Neubau auf das Smart-Rhino-Gelände vor - sie wird in Dortmund favorisiert.
FH-Rektor mahnt Votum an: „Das Projekt ist entscheidungsreif.“
Als weitere Möglichkeit ist nun aber auch ins Spiel gekommen, an den bisherigen Standorten festzuhalten - und die FH durch Neubauten am Uni-Campus zu ergänzen. Eine Variante, die im Zusammenhang mit den Plänen für Smart Rhino in Dortmund bislang nicht diskutiert worden ist. Das konkrete Ergebnis der Prüfungen bleibt aktuell Verschlusssache des Landes. In Kreisen der Dortmunder IHK wird ausdrücklich betont, dass bei allen Berechnungen unbedingt auch die städtebaulichen und volkswirtschaftlichen Effekte der Lösung "Smart Rhino" berücksichtigt werden müssten
Auf ein Signal aus Düsseldorf wartet auch FH-Rektor Prof. Dr. Wilhelm Schwick. „Das Projekt ist entscheidungsreif“, erklärt Schwick auf Anfrage. „Wir haben alle formalen Voraussetzungen erfüllt und unseren Flächenbedarf nachgewiesen“, sagt Schwick. Er glaube, dass die Karten für Smart Rhino nach der Konstituierung der neuen Landesregierung eher „besser geworden sind.“ Einen Hinweis dafür sieht der FH-Rektor im schwarz-grünen Koalitionsvertrag.

Noch ist unklar, wie und wann die Pläne für das "Smart Rhino" realisiert werden. FH-Rektor Prof. Dr. Wilhelm Schwick erwartet nun ein Signal aus Düsseldorf: "Das Projekt ist entscheidungsreif." © Thelen Gruppe/Archiv
Dort sei vereinbart worden, die Hochschulen in NRW bis 2035 klimaneutral zu gestalten. „Mit unseren Bestandsgebäuden im Kreuzviertel wird das definitiv nicht zu schaffen sein“, stellt Schwick fest. Nach wie vor baut der FH-Rektor auf die Unterstützung von NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach, die sich in der Vergangenheit zum gewünschten FH-Campus mehrfach positiv geäußert habe.
Ministerien wollen sich "zeitnah und verantwortungsvoll abstimmen"
Eine weitere Stütze erhofft sich der FH-Rektor von der aus Dortmund stammenden NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes. Neben diesen Ministerien hat allerdings auch NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk ein gewichtiges Wort mitzureden. „Spätestens in der zweiten Jahreshälfte muss die Entscheidung kommen“, drängt FH-Rektor Schwick. Er wünsche sich, dass die NRW-Landesregierung das Projekt „mutig und entschlossen“ angehe.
Dabei lassen sich die Ministerien nur ungern in die Karten schauen. Eine Anfrage der Redaktion beantwortet das Wissenschaftsministerium verhalten: Der angedachte Umzug der FH „kann für das Quartier Smart Rhino ein wertvoller Entwicklungsschritt sein, ist jedoch gleichzeitig ein äußerst komplexes Vorhaben“, heißt es. Und: Die neue NRW-Regierung beschäftige sich eingehend mit dem Projekt und werde sich „zeitnah und verantwortungsvoll zum weiteren Vorgehen abstimmen.“
Stadt möchte zur IGA 2027 auf dem Gelände etwas präsentieren
Auf ein positives Votum hofft auch Jendrik Suck, Chef der CDU-Ratsfraktion. Das Vorhaben Smart Rhino sei ein bedeutender Schritt für Dortmunds Stadtentwicklung, bekräftigt Suck. Und für das Land NRW böte sich „die große Chance, mit dem Neubau einer klimaneutralen FH ein Referenzprojekt zu schaffen.“
Die Zeit drängt: Die Stadt bastelt bereits an Verkehrskonzepten für Smart Rhino. Darüber hinaus möchte sie zur IGA (Internationale Gartenausstellung) 2027 auf der früheren HSP-Fläche den Besuchern etwas Vorzeigbares bieten. Smart Rhino ist Bestandteil von „Emscher nordwärts“, das sich die Stadt als IGA-Leitprojekt auf die Fahne geschrieben hat.
Von einem Bebauungsplan für die frühere HSP-Fläche ist die Stadt allerdings noch ein gehöriges Stück entfernt: Sie muss erst einmal einen städtebaulichen Realisierungswettbewerb auf den Weg bringen. Wann das passieren soll? Sobald sich das Land geäußert hat.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.