Nach mutmaßlichem Femizid in Dortmund Warum Männer immer wieder Frauen töten

Nach mutmaßlichem Femizid: Warum Männer immer wieder Frauen töten
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Jeden dritten Tag stirbt eine Frau in Deutschland, weil sie von ihrem Partner oder Ex-Partner umgebracht wird. Jeden Tag gibt es außerdem einen Tötungsversuch. Und auch in Dortmund soll am Montagabend (4.11.) ein Mann seine Ex-Frau tödlich verletzt haben. Sie starb später im Krankenhaus.

Wie die Staatsanwaltschaft Dortmund mitteilt, hat der mutmaßliche Täter vor den drei gemeinsamen Kindern auf seine Ex-Frau eingestochen. Eine gescheiterte Ehe soll der Grund für den Femizid sein, aber was sind weitere Gründe dafür, dass Männer Frauen töten?

Ganz eindeutig ist das nicht immer aufzuschlüsseln, in der Justiz wird der Begriff Femizid nicht verwendet. Die Soziologin Diane Russell prägte ihn im Jahr 1976 und bezeichnete mit einem Femizid „die Tötung von weiblichen Personen durch männliche Personen, weil sie weiblich sind“. Häufig spielt bei den Tätern einer oder eine Kombination der folgenden Hintergründe eine Rolle:

  • Besitzdenken: Viele Täter glauben, dass sie das Recht haben, über das Leben ihrer Partnerin zu bestimmen. Dies führt häufig zu Gewalt, insbesondere wenn Frauen versuchen, sich aus der Beziehung zu befreien.

  • Traditionelle Geschlechterrollen: In vielen Kulturen wird Männlichkeit mit Dominanz und Kontrolle assoziiert. Diese Rollenbilder fördern ein Umfeld, in dem Gewalt gegen Frauen als akzeptabel angesehen wird. Femizide sind damit auch ein Auswuchs patriarchaler Strukturen.

  • Soziale Isolation: Frauen in gewalttätigen Beziehungen sind oft isoliert und haben keinen Zugang zu Unterstützungssystemen. Dies verstärkt ihre Abhängigkeit vom Täter und kann zu einem tödlichen Ausgang führen, wenn sie versuchen, sich zu befreien.

  • Mangelnde Prävention und Unterstützung: Oft fehlen effektive Maßnahmen zur Prävention von Gewalt gegen Frauen sowie umfassende Unterstützungsangebote für Betroffene. Experten fordern eine bessere Koordination zwischen verschiedenen Institutionen, um gefährdete Frauen effektiver zu schützen.

Nicht sofort als „Monster“ zu erkennen

Die Politologin und Sozialwissenschaftlerin Monika Schröttle forscht seit 30 Jahren an solchen Fällen. Sie sagte der Tagesschau, den typischen Täter gebe es auf den ersten Blick nicht - „Das sind jetzt nicht alles Männer, die man sofort irgendwie als Monster erkennt“, so die Expertin. „Man erkennt sie halt daran, dass sie extrem kontrollierend, eifersüchtig, dominant sind.“

Partnerschaftsgewalt sei in der Regel etwas Systematisches. „Sie ist kein spontaner Impuls-Ausbruch“, betonte Schröttle gegenüber der Tagesschau.

Beispiele aus Dortmund

Auch in Dortmund kommt es immer wieder zu mutmaßlichen Femiziden. Neben dem aktuellen Fall gab es beispielsweise zwei Fälle im vergangenen Jahr:

So soll ein 43-Jähriger am 10. September 2023 in einer Wohnung an der Mallinckrodtstraße mit einem Messer auf seine Frau (39) eingestochen haben. Als die Tochter (20) von dem Angriff mitbekam, soll der Mann auch sie mit dem Messer angegriffen haben.

Die junge Frau konnte sich aus der Wohnung zu einer Nachbarin retten. Eine weitere Tochter (6) des Paares befand sich währenddessen in der Wohnung. Sie soll jedoch geschlafen und von der Tat nichts mitbekommen haben. Nachbarn berichteten, dass sich die 39-Jährige von dem 43-Jährigen habe trennen wollen. Über die bevorstehende Trennung soll es zum Streit gekommen sein.

Auch in einem Fall vom 26. November 2023 ist ein Ehemann (47) der mutmaßliche Täter, der seine Frau (40) im Streit getötet haben soll. Die Tat hatte sich in einem Mehrfamilienhaus an der Brunnenstraße in der Nordstadt ereignet.

Auch in diesem Fall soll sich die 21-jährige Tochter des Paars schützend vor ihre Mutter gestellt haben. Daraufhin soll der Mann auch sie angegriffen haben. Die Tochter erlitt potenziell lebensgefährliche Verletzungen. Drei weitere Kinder des Paares waren während der Tat in der Wohnung. Mehrere Menschen waren auf Hilfeschreie aus der Wohnung aufmerksam geworden und hatten die Polizei alarmiert.

Mit jedem Fall wiederholen Expertinnen und Experten die Notwendigkeit, die Unterstützungssysteme für Frauen zu verbessern und die Öffentlichkeit mehr für Femizide und partnerschaftliche Gewalt zu sensibilisieren.

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Für Betroffene von gewalttätigem Verhalten ist ein schnelles Handeln wichtig:

Sind Sie vielleicht betroffen von Schlägen, von Beleidigungen, fühlen Sie sich ständig vom Partner unter Druck gesetzt?

Ist Ihr Partner oder ein Mann aus Ihrem direkten Umfeld gewalttätig oder aggressiv, oder werden Sie regelmäßig von jemandem verfolgt?

Kennen Sie eine Frau, die möglicherweise häusliche Gewalt erlebt, oder kennen Sie einen Mann, der seiner Partnerin oder anderen Frauen aggressiv gegenüber auftritt?

Lassen Sie sich beraten und helfen Sie im schlimmsten Fall sich selbst oder einer Frau in Gefahr. Die Nummern des Frauenhauses Dortmund können helfen: 0231 / 72 50 570. Im Notfall: 0231 / 80 00 81

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