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Feiern mit Corona-Leugnern: Wie schaffe ich es, dass die Stimmung nicht kippt?
Experte gibt Tipps zu Weihnachten
Weihnachten soll das Fest der Liebe sein - doch stattdessen erzählt der Onkel lieber wilde Verschwörungstheorien. Wie geht man mit Corona-Leugnern in der Familie um? Ein Experte gibt Tipps.
Ob Gänsebraten oder Bockwurst mit Kartoffelsalat - egal, was es zum Weihnachtsessen mit der Familie gibt, alles wird angerichtet für ein harmonisches Weihnachtsfest. Doch was, wenn auf einmal abstruse Verschwörungstheorien auf den Tisch kommen? Seit Corona kursieren auch im persönlichen Umfeld verstärkt merkwürdige Sichtweisen.
Wenn da beispielsweise Impfungen oder Corona-Maßnahmen zum Gesprächsthema werden, kann die Weihnachtsstimmung schnell verflogen sein. Wie reagiert man am besten, wenn sich hitzige Gespräche oder ein handfester Streit anbahnen? Wir haben mit einem Experten darüber gesprochen.

Peter Wiedemann ist Psychologe und Experte für Kommunikation. Er gibt acht Ratschläge, wie hitzige Diskussionen an Weihnachten vermieden werden können. © Peter Wiedemann
Prof. Dr. Peter Wiedemann hat sieben Tipps, wie man mit Corona-Leugnern oder Verschwörungstheoretikern umgehen sollte. Wiedemann ist Psychologe und beschäftigt sich mit der Frage: „Wie kommuniziert man über Gesundheitsrisiken?“ Er arbeitet unter anderem als Dialoggestalter für die Dortmunder IKU GmbH, die in erster Linie für öffentliche Auftraggeber Diskussionsprozesse begleitet.
1. Eine klare Zielstellung formulieren
Laut Wiedemann sollte man sich zunächst die Absicht vor Augen führen: „Wollen wir das heute ein für allemal klären?“ Das sei an Weihnachten wohl meist nicht der Fall. Der Psychologe hält es für wichtig, „festzustellen, dass man sich einem heiklen Thema nähert“.
2. Eine Gesprächsgrundlage schaffen
Falls doch, sollten sich Gesprächspartner unbedingt vor Augen führen, welche gemeinsamen Ansichten sie haben. „Worauf können wir uns einigen?“
Auch empfiehlt Wiedemann zu prüfen, ob der Andere eigene Ansichten auch bei Meinungsdifferenzen akzeptiert: „Wenn ich mich habe impfen lassen, kannst du das anerkennen?“ Das sei für ihn die Basis für ein Gespräch. Wenn sie nicht gegeben sei, plädiert der Experte für den Abbruch.
3. Schwierige Diskussionen vertagen
Laut Wiedemann seien (auch sachliche) Diskussionen beim Feiertagsessen eher schwierig. Wenn man sie vermeiden oder vertagen will, sollte man das ansprechen: „Das ist keine Situation zum Diskutieren“ oder „Lass uns das unter anderen Umständen klären!“, könnten Sätze sein, die vor einem Streitgespräch schützen können.
4. „Talkshow spielen“
Wenn man sich so eine Diskussion an den Feiertagen doch zutraut, empfiehlt Wiedemann ein „kleines Spiel“: Man vereinbart einen Zeitraum und gewisse Spielregeln, wie bei einer Talkshow. „So kann man verhindert, dass jemand laut wird oder es zu Beleidigungen kommt.“ Damit hat man einen Rahmen geschaffen und Konfliktpotential eingedämmt.
5. Vorsichtig argumentieren
Jetzt werden Argumente ausgetauscht. Doch Wiedemann rät: „Man sollte da mit Vorsicht und nicht dogmatisch argumentieren, sich wirklich nur auf die Fakten und ein sicheres Grundwissen berufen.“ Im Hinblick auf Corona könnte das beispielsweise sein: Das Alter sei ein Risikofaktor, die Impfung reduziere Risiken, aber eben nur temporär.
„Wissenschaft gibt ja oft auch nur ein vorläufiges Bild“, so der Experte. Außerdem sieht er bei dieser Diskussion „kein Wissensproblem, sondern ein Vertrauensproblem“.
6. Kein moralisches Reden
Egal, was für ein Gespräch man am Festtagstisch führt: Der Psychologe warnt davor, den Gegenüber in eine Schublade zu stecken. „Da ist ‚Du Schwurbler‘ keine geeignete Anrede“, erklärt Wiedemann. „Wenn man moralisch in Gut und Böse einteilt, ist Kommunikation schwierig. Man muss da zwischen Sache und Person unterscheiden.“

Corona-Leugner haben in der Vergangenheit gegen Maßnahmen protestiert - teils mit kruden Aussagen. Aber auch beim Weihnachtsessen kann es da zur Diskussion kommen. (Archiv) © Oliver Schaper
7. Frühzeitig reagieren
Wenn die Stimmung einmal gekippt ist, „kriegt man das auch nicht wieder hin“, meint Wiedemann. Daher empfiehlt er, frühzeitig zu reagieren und Konflikte zu entladen. „Wenn man gut miteinander ist“, könne man sogar bereits im Vorfeld vorgreifen und mit bekannten Diskussionsgegnern sprechen.
Das Wichtigste für den Psychologen: „Den Takt bewahren“ - das sollte gerade an Weihnachten im Interesse aller sein.