Familienvater trug den falschen Schal - von BVB-Ultras verprügelt
Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf
Beim bisher größten Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf gegen Gewalt haben drei sogenannte Fans der Gruppierung "The Unity" am Freitag einen 40-jährigen Familienvater verprügelt, weil dieser einen St.-Pauli-Schal trug. Die Polizei ermittelt,die Veranstalter distanzieren sich scharf von der gewalttätigen Aktion.

Ein Familienvater ist beim Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf am Freitag von BVB-Ultras verprügelt worden, weil er den falschen Schal trug.
Der 40-Jährige war mit seiner Familie - inklusive des drei Monate alten Säuglings im Kinderwagen - bei dem Lauf vom Stadion „Rote Erde“ in die Bittermark dabei. Bereits vor dem Start sprachen ihn zwei BVB-Fans an, was er da für einen Schal trage: „Remember History - Fight Fascism!“ steht auf der Vorderseite - sehr passend für einen Lauf, der unter dem Motto „Nieder wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Kick Racism out“ steht.
Allerdings - und das war der Stein des Anstoßes für die BVB-Ultras - stand auf der Rückseite „Ultras St. Pauli“. Der Familienvater machte aber deutlich, dass er kein Ultra sei und er der Schal im Fanshop erstanden habe. Ihm ginge es beim Kauf um das Motto auf dem Schal. Aushändigen wollte er ihn den jungen Ultras nicht: „Ihr wollt mir doch nur den Schal abziehen. Nehmt ihr meinem Kind dann auch den Schnuller weg, weil der auch von St. Pauli ist?,“ fragte der Antifaschist nach und wandte sich ab.
Auf der Strecke erwartet
Damit war für ihn die Sache gegessen. Ofensichtlich aber nicht für die Ultras: Zu dritt erwarteten sie den Familienvater auf der Strecke in die Bittermark. In der Galoppstraße wollten sie ihm den Schal entreißen. Doch wegen eines Doppelknotens gelang das nicht. Daher schlugen und traten sie auf ihr Opfer ein. Auch Freunde, die die Täter zurückhalten wollten, wurden verletzt - darunter auch eine junge Frau.
Erst als sie ihm nach einem mehrminütigen Ringen endlich den Schal entreißen konnten, ließen sie von ihm ab. Die Bilanz für den 40-Jährigen: Prellungen im Gesicht, am Hals und am Hinterkopf, Schürfwunden am Arm, Handgelenk und dem Kinn sowie eine Rippenprellung. Er musste im Krankenhaus behandelt werden. Eine Freundin, die die Ultras zurückhalten wollte, erlitt Prellungen am Arm. Die Polizei bestätigte, dass eine Anzeige eingegangen ist und ermittelt jetzt.
BVB erfuhr erst am Ziel von dem Vorfall
Die Veranstalter des Laufs - die Naturfreunde Kreuzviertel, der BVB, das Fan-Projekt Dortmund e.V. sowie der BVB-Fanclub Heinrich Czerkus - erfuhren erst in der Bittermark von dem Vorfall. Besonders absurd an der Aktion der Ultras: Die Veranstalter hatten ausdrücklich auch Fans von anderen Clubs eingeladen. Sie könnten auch in ihren Trikots und mit ihren Fahnen teilzunehmen. Bislang hat das auch immer gut geklappt.
Selbst andere Ultras nahmen keinen Anstoß an dem Schalke-Fan, der seit Jahren an dem Lauf teilnimmt. Im Gegenteil: BVB-Fans machten sogar Fotos mit ihm. Schließlich gehe es um die gemeinsame Sache - ein Zeichen gegen rechten Terror und Gewalt zu setzen. Der Lauf findet zu Ehren des ehemaligen BVB-Platzwartes Heinrich Czerkus statt, der mit 300 anderen Gegnern des Naziregimes in den letzten Kriegstagen 1945 im Rombergpark und in der Bittermark ermordet wurden.
"Solche Leute brauchen wir nicht"
Rüdiger Raguse, Anmelder des Laufs, ist stinksauer. Das wird er auch den Sprechern von „The Unity“ sagen, zu denen der Rentner ein gutes Verhältnis pflegt. „Wir können doch nicht einen Gedächtnislauf gegen Gewalt machen und Toleranz fordern und dann so intolerant sein. Diese Idioten sollen nächstes Mal wegbleiben. Solche Leute brauchen wir hier nicht“, wettert Raguse. Schließlich werfen sie ein schlechtes Licht auf die so erfolgreiche Veranstaltung: „Es war der erfolgreichste Lauf aller Zeiten, eine angenehme Stimmung und viele Familien mit Kindern“, bilanziert Raguse. Über 1000 friedliche und freundliche Leute. „Das lassen wir uns nicht von drei Idioten kaputtmachen.“