Das Projekt „Grünfrau“ soll arbeitslosen Frauen eine Perspektive geben. Die 55-jährige Sabine aus Dortmund ist froh, dabei zu sein.

Das Projekt „Grünfrau“ soll arbeitslosen Frauen eine Perspektive geben. Die 55-jährige Sabine aus Dortmund ist froh, dabei zu sein. © Irina Höfken

Erst arbeitslos, jetzt Traumberuf: Sabine (55) blüht beim Gartenprojekt „Grünfrau“ auf

rnGartenprojekt Grünfrau

„Grünfrau“ ist ein Gartenprojekt zwischen Phoenix-See und B236: Arbeitslosen Frauen aus Dortmund wird dort eine Perspektive geboten. Für Sabine (55) hat sich dadurch ihr Leben verändert.

Schüren

, 18.09.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Eigentlich hatten die Frauen mit dem Gärtnern zuvor nichts am Hut. Jetzt gehen sie wie selbstverständlich zwischen den Beeten der Gärtnerei „Grünfrau“ hindurch und inspizieren fachkundig die Pflanzen, jäten Unkraut und stehen Kunden bei ihrem Gemüse-Einkauf beratend zur Seite.

Sabine (55) unterstützt beim Ernten

Tomaten, Auberginen, Gurken, Paprika, Salat und mehr wird auf der Tafel angepriesen. Vor der Kasse steht eine Kiste mit riesigen Zucchini. Ute Baumeister, die das Gemüseangebot ins Gewerbegebiet zur Oberen Pekingstraße zwischen Phoenix-See und B236 lockt, ist Kundin an dem Tag. Die 55-jährige Sabine steht ihr mit Rat und Tat zur Seite. Sie ist eine der zwölf Frauen, die durch das Projekt „Grünfrau“ aus der Arbeitslosigkeit herausfinden sollen.

Ute Baumeister aus Schüren ist von dem Angebot der Gärtnerei Grünfrau begeistert. Sie hält eine Kiste mit Gemüse, das sie gerade frisch geerntet hat.

Ute Baumeister aus Schüren ist von dem Angebot der Gärtnerei Grünfrau begeistert. © Irina Höfken

Für Sabine ist das Projekt das Beste, das ihr hätte passieren können: „Ich habe beim Jobcenter schon gesagt, dass sie ‚Küche‘ streichen sollen. Wenn das Projekt hier für mich vorbei ist, möchte ich wieder in den Garten oder beim Gartenbau arbeiten.“ Dann fügt sie noch hinzu: „Für mich ist das gut gelaufen.“ Zu einem Job in der Gastronomie möchte sie jetzt nicht mehr zurück. Viel zu viel Spaß macht ihr die Arbeit an und zwischen den Beeten.

Eine Kiste mit gelben und grünen Zucchini sowie Porree steht bei der Gärtnerei Grünfrau in Schren zum Verkauf.

Die Liste der Gemüsesorten ist lang, die es bei der Gärtnerei Grünfrau an der Oberen Pekingstraße im Gewerbegebiet zu ernten und zu kaufen gibt. © Irina Höfken

„Vorher sind alle Balkonpflanzen gestorben“

Unkraut hat bei ihr gar keine Chance: „Ich bin zur Unkrautfee berufen. Ich zupfe lieber einen Berg Unkraut, als das kleine Saatgut auszusäen“, sagt Sabine. Neben ihr lacht eine Frau mit auffällig rosa-gefärbten Haaren. „Das mache ich lieber, als Unkraut zu jäten“, sagt Jenny. Bevor die 35-jährige Dortmunderin zum Projekt „Grünfrau“ gekommen ist, seien auf ihrem Balkon regelmäßig alle Pflanzen gestorben, erzählt sie lachend.

Einen grünen Daumen hat die Dortmunderin Jenny (35) nicht. Aber durch das Projekt „Grünfrau“ wird es immer besser.

Einen grünen Daumen hat die Dortmunderin Jenny (35) nicht. Aber durch das Projekt „Grünfrau“ wird es immer besser. © Irina Höfken

Das spricht aber nicht für einen grünen Daumen? „Es wird besser“, versichert sie. Sie wolle aber keinen Job im Gartenbau anstreben, sondern nach dem Projekt ihre Umschulung zur Friseurin weiter machen, die sie während Corona unterbrechen musste.

„Das ist hier ganz schön harte Arbeit. Ich wusste ja gar nicht, wo ich überall Muskeln habe“, sagt die 56-jährige Annette. Bevor sie arbeitslos wurde, arbeitete sie im Pflegeheim. Auch sie hatte zuvor vom Gemüseanbau keine Ahnung, aber jetzt sei das Interesse extrem. Einen Garten hat die Dortmunderin nicht, aber jetzt wäre das genau ihr Ding.

Zu Beginn hatte Annette ordentlich Muskelkater, dennoch habe ihr die Arbeit an den Beeten von Anfang an Spaß gemacht.

Zu Beginn hatte Annette ordentlich Muskelkater, dennoch habe ihr die Arbeit an den Beeten von Anfang an Spaß gemacht. © Irina Höfken

100 Hochbeete auf 5400 Quadratmetern

Die Frauen bewirtschaften etwa 100 Hochbeete auf einer Fläche von 5400 Quadratmetern. Nicht nur aus der Nachbarschaft kommen nun Kunden, um das Gemüse selbst zu ernten. „Letztens war eine Familie aus Hagen mit vier Kindern hier“, erklärt Jörg Lüling, Anleiter des Projekts. Besonders für Einzelpersonen sei es schön, kleine Portionen zu bekommen.

Zudem sei es ein Anliegen, vor allem Familien mit Kindern anzusprechen. So sehen sie, dass das Gemüse von den Pflanzen aus den Beeten kommt und nicht aus dem Regal im Supermarkt. Deswegen bekommen Kinder auch einen Einkaufsrabatt von zehn Prozent.

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Nicht nur für ihre Kunden, sondern auch für die Frauen, die das Projekt „Grünfrau“ zum Leben erwecken, ist es ein voller Erfolg, sind sich Jörg Lüling und Jens Woelki von der Stadterneuerung Dortmund einig. „Wie gut sie mit dem Arbeitsleben hier Fuß fassen können, ist beeindruckend. Das haben wir so nicht erwartet.“

Das können die Frauen vor Ort nur bestätigen. Übereinstimmend sagen sie, dass die Arbeit an den Beeten ihr Selbstbewusstsein steigert und dass sie sich freuen, ihre Kreativität einbringen zu können. Zudem hätten sie eine ganz andere Sicht und ein neues Empfinden für Gemüse und Kochen entwickelt: „Wir sind richtig verwöhnt. Das Gemüse hier sorgt für eine Geschmacksexplosion.“

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Öffnungszeiten

Gemüseverkauf der Gärtnerei Grünfrau

  • Dienstags von 10 bis 14 Uhr
  • Donnerstags von 10 bis 18 Uhr
  • Adresse: Obere Pekingstraße 71, 44269 Dortmund
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