Enkeltrick, Schockanrufe, falsche Polizisten Dortmunder Senioren um mehrere Millionen Euro gebracht

Betrüger brachten Dortmunder Senioren um über 3 Millionen Euro
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Durch Betrugsmaschen wie „Enkeltrick“, „Schockanrufe“ oder „falsche Polizeibeamte“ werden ältere Menschen in NRW jährlich um mehrere Millionen Euro gebracht. Wie das NRW-Innenministerium Ende 2023 auf Anfrage der SPD mitteilte, ist 2022 bei Betrugsstraftaten gegen ältere Menschen (ab 60 Jahren) landesweit ein Schaden von rund 38,5 Millionen Euro entstanden. Es ist der höchste Wert seit der statistischen Erfassung. Aktuelle Zahlen für das vergangene Jahr liegen noch nicht vor.

Die Polizei fasst diese Betrugsfälle in der polizeilichen Kriminalstatistik unter der sperrigen Kategorie „Betrugsarten in Verbindung mit Straftaten zum Nachteil älterer Menschen - Überregionale Tatbegehung“ zusammen. Der Zusatz „überregionale Tatbegehung“ resultiert aus der koordinierten Vorgehensweise der Täterinnen und Täter, die ihre Opfer laut Landeskriminalamt aus „Callcentern“ aus dem Ausland anrufen, häufig aus der Türkei.

Sie arbeiten in hierarchischen Strukturen. Vor Ort werden „Abholer“ zu den unter Druck gesetzten älteren Menschen geschickt, um die Beute einzusammeln. Diese „Abholer“ haben laut LKA das höchste Entdeckungsrisiko, können aber schnell ausgetauscht werden. Sie werden von anderen Tatbeteiligten in Deutschland rekrutiert.

3,2 Millionen Euro in fünf Jahren

Immer wieder erbeuten die Täterinnen und Täter dabei hohe Summen von den Seniorinnen und Senioren. Im Mai etwa hatte eine Seniorin Wertgegenstände in Höhe von rund 100.000 Euro an einen Mann übergeben, der sich am Telefon als Staatsanwalt ausgegeben hatte.

In Dortmund verzeichnete die Polizei in den Jahren 2018 bis 2022 insgesamt 311 Fälle, in denen ältere Menschen Opfer von Betrugsmaschen geworden und insgesamt um circa 3,2 Millionen Euro gebracht worden sind.

Im Jahr 2022 erbeuteten Täter von Seniorinnen und Senioren in Dortmund circa 1,7 Millionen Euro. Rechnet man das auf die angezeigten Fälle um, erbeuteten Täterinnen und Täter im Schnitt rund 33.000 Euro. Die Aufklärungsquote solcher Betrugsfälle lag im Jahr 2022 bei rund 25 Prozent.

Obwohl die Fallzahlen im Jahr 2022 mit 51 angezeigten Fällen so gering waren wie in keinem anderen Jahr ab 2018, ist die Schadensumme die höchste in den vergangenen fünf Jahren. Im Jahr 2018 waren in 66 Fällen beispielsweise „nur“ 85.000 Euro erbeutet worden.

Hohes Dunkelfeld

Bei allen Zahlen kann sich die Dortmunder Polizei nur auf die Betrugsfälle beziehen, die ihr auch durch Anzeigen oder Ermittlungen bekannt geworden sind.

Es sei davon auszugehen, dass es eine „nicht unerhebliche Dunkelziffer“ gebe, teilt Polizeisprecherin Diana Krömer mit. Taten werden beispielsweise nicht angezeigt, da sich die Geschädigten oftmals schämen würden, auf eine solche Betrugsmasche hereingefallen zu sein. „Diese Scham besteht nicht nur gegenüber der Polizei, sondern mitunter auch gegenüber Angehörigen, von denen die Geschädigten fürchten, in ihrer Autonomie eingeschränkt zu werden“, sagt Krömer.

Die Zahl der Tatversuche liege unlängst deutlich höher. Das Dunkelfeld bei den Versuchen von Tätern sei „sehr hoch“. „Darauf lassen lokale wie auch überregional gewonnene Erkenntnisse aus dem Hellfeld schließen“, teilt Polizeisprecherin Diana Krömer mit.

Polizei gibt Angehörigen Tipps

Mit Tipps zur Prävention solcher Betrugsmaschen wendet sich die Polizei vor allem an jüngere Menschen:

  • Sprechen Sie mit älteren Menschen in Ihrem Umfeld über gängige Betrugsmaschen. Erklären Sie Ihnen genau, wie Betrüger heute vorgehen.

  • Seien Sie erreichbar für ältere Menschen - und vermitteln Sie ihnen diese Erreichbarkeit. Seniorinnen und Senioren scheuen sich oft, jüngere Angehörige und Bekannte anzurufen, weil sie befürchten, sie könnten stören.

  • Raten Sie Ihren Angehörigen und Bekannten in jedem Fall eins: Im Zweifelsfall immer auflegen, wenn Sie am Telefon um Geld gebeten werden! Legen Sie auf und vergewissern Sie sich über Ihre eigenen Wege, ob das, was Sie am Telefon gehört haben, stimmt.

  • Rufen Sie beispielsweise angeblich betroffene Angehörige über Ihre eigenen Erreichbarkeiten an. Oder wenden Sie sich über die 110 an die „echte“ Polizei.

  • Versichern Sie älteren Menschen vor allem eins: Die Polizei wird sie am Telefon nie nach ihrer finanziellen Situation befragen. Geschweige denn wird Sie Ihre Wertgegenstände in Verwahrung nehmen. Und eine Untersuchungshaft wird in keinem Fall durch Zahlung eines Geldbetrags verhindert.

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