
© picture alliance/dpa
Eltern über Aussetzen der Kita-Gebühren: „Mit zweierlei Maß gemessen“
Kinderbetreuung in Corona-Zeiten
Im Januar waren die Elternbeiträge für die Kita-Betreuung ausgesetzt - nun fordern einige Dortmunder Eltern erneute Maßnahmen. Doch von Stadt und Land scheint es dazu kaum Perspektiven zu geben.
Lange Zeit galt in den vergangenen Wochen der Appell der Politik: Wenn möglich sollten Eltern ihre Kinder zuhause betreuen. So sollten das Infektionsgeschehen in Kindertagesstätten eingeschränkt und das Personal entlastet werden. Familie Mirau aus Dortmund ist dieser Forderung seit Dezember immer wieder nachgekommen. Nun wünschen sich die Eltern ein finanzielles Entgegenkommen von Stadt und Land.
Obwohl beide Elternteile berufstätig sind, haben sie ihre zwei Kinder mehrere Wochen lang nicht in die Kita gebracht. Sie haben weder das Betreuungs- noch das Verpflegungsangebot genutzt - und doch liegt den Eltern nun die Aufforderung zur Zahlung der Kita-Kosten vor. Nicht nachvollziehbar, findet der Vater Jens Mirau.
Die Familie wünscht sich eine plausible Erklärung
„Für mich als Bürger und Vater ist es nicht verständlich, warum in der Frage der Kostenübernahme bisher keine Regelung gefunden werden konnte, die Familien, die sich an die Empfehlungen halten, nicht finanziell benachteiligt“, so Mirau. Er habe sich also an verschiedene Stellen gewandt mit der Bitte um eine Erklärung.
Schließlich werde er als Elternteil nun doppelt bestraft: Er hält sich an den allgemeinen Appell und nimmt die zeitliche Belastung der Kinderbetreuung auf sich und muss trotzdem zahlen für eine Leistung, die er nicht in Anspruch genommen hat. „Wir wünschen uns, dass das, was wir denen entgegengebracht haben, auch uns entgegengebracht wird“, so Mirau. „Wir sind nur der Empfehlung gefolgt und am Ende heißt es ‚schönen Dank, aber Sie bezahlen trotzdem dafür‘.“
Familienvater ist unzufrieden mit bisherigen Erklärungen
Der Vater habe Verständnis dafür, dass aufgrund vertraglicher Festlegungen die Gebühren nicht ohne Weiteres ausgesetzt werden können. Die Familie befinde sich außerdem momentan in der beitragsfreien Phase. Fraglich finde er aber die Verpflegungskosten, die neben den Kita-Gebühren zu zahlen sind.
„Erklärungen, dass Verpflegungsentgelte vertraglich festgelegt sind, kann ich nicht nachvollziehen“, sagt der Vater. „Ich werde vertragsbrüchig, wenn ich nicht zahle - aber von der anderen Seite wird der Vertrag doch auch nicht eingehalten.“ Hier benennt er zum Beispiel die Regelung, dass Kitas die vertraglich festgelegten Betreuungszeiten im Zuge der Coronapandemie reduzieren konnten. „Da wird doch mit zweierlei Maß gemessen.“
Stadt sieht keinen Zusammenhang
„Ein Zusammenhang zwischen der Betreuung und der vertraglich fixierten Pflicht zur Entrichtung der Verpflegungsentgelte besteht nicht“, lautet darauf die klare Antwort der Stadt. Die Pressestelle verweist darauf, dass eine Abweichung von der vertraglich vereinbarten Betreuungszeit notwendig sei, „wenn dies aus Gründen der Aufsichtspflicht geboten ist“. Und dies sei durch die Umstände der Pandemie der Fall.
Die Stadt betont außerdem, dass es sich bei dem Verpflegungsentgelt um einen Pauschalbetrag handele, „der lediglich einen Teil der für die Verpflegung notwendigen Personalkosten abdeckt.“ Eine Ermäßigung oder Befreiung von den Kosten für die Verpflegung sei nur durch einen politischen Beschluss möglich, der bislang jedoch nicht gefasst wurde.
NRW-Landesregierung prüft, ob Rückerstattungen in Frage kommen
Der Familienvater Jens Mirau hingegen verweist auch auf den Monat Januar, für den das NRW-Familienministerium im Einvernehmen mit den Kommunen die Beiträge ausgesetzt hat. „Die Situation ist doch seit Dezember dieselbe“, so Mirau. Warum also die Beiträge nur im Januar aussetzen?
Das NRW-Familienministerium teilt dazu auf Anfrage der Redaktion mit: „Wir werden in der Landesregierung prüfen, wie stark die pandemiebedingten Einschränkungen der Betreuungszeiten gewesen sind.“ Außerdem werde entsprechend geprüft, ob eine rückwirkende Erstattung in bestimmten Fällen in Frage komme.
Geschwisterkinder wurden im Januar gemeinsam betreut
Abgesehen vom finanziellen Aspekt wünscht sich Familie Mirau außerdem eine sinnvollere Gruppenzusammensetzung. Derzeit seien beide Kinder in verschiedenen Gruppen derselben Kita untergebracht. Jedes Kind komme so mit etwa 25 Menschen in Kontakt. Insgesamt würden sich die täglichen Kontakte der Familie also auf 50 summieren.
Die Stadt teilt zu diesem Punkt mit, dass eine neue Zusammensetzung der Gruppenkonstellationen durchaus stattgefunden habe. So seien Geschwisterkinder seit Anfang Januar „mit Blick auf das Infektionsgeschehen“ in denselben Gruppen betreut worden.
Neue Gruppenzusammensetzung wurde wieder rückgängig gemacht
Ab dem 22. Februar galten jedoch neue Vorgaben des NRW-Familienministeriums, wonach schließlich auch in den Dortmunder Kitas erneut die Rückführung in die ursprünglichen Gruppen erfolgte und der „eingeschränkte Regelbetrieb“ einsetzte, heißt es von der Stadt.
„Dies ist auch gerade mit Blick darauf, dass den Entwicklungsphasen von Kindern gerade in diesem Alter besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, und dass ein Ende der Pandemie nicht bestimmt werden kann, sinnvoll“, schreibt die Pressestelle weiter.
„Innerhalb eines Jahres hätte es doch möglich sein müssen, das sinnvoller aufzuteilen“, sagt Mirau. „Ich finde, die Stadt macht es sich da relativ einfach.“
1998 im Rheinland geboren und seit ein paar Jahren zum Studieren im Ruhrgebiet Zuhause. Verschiedene Menschen und ihre Geschichten - das möchte ich erleben und darüber berichten.
