Der Dortmunder Neonazi Siegfried Borchardt vor einer seiner wenigen Auftritte als Ratsherr 2014 © Dieter Menne (Archivbild)
Bürgerdienste-Ausschuss
Ein Siegfried-Borchardt-Platz in Dortmund? Vorschlag sorgt für Empörung
Ein rechtsextremer Ratsherr wollte durch einen Trick einen Antrag in Dortmunds Rat einbringen, einen Platz nach dem bekannten Neonazi Siegfried Borchardt zu benennen. Er scheiterte krachend.
Der Bürgerdienste-Ausschuss des Dortmunder Rats ist eine jener Institutionen der Lokalpolitik, die den Bürgern am nächsten ist: Dort können Bürgerinnen und Bürger direkt Dinge vorbringen, die ihnen wichtig sind - wenn sie die Zustimmung der Ausschuss-Mitglieder finden, kommt ihr Thema schließlich im Rat zur Abstimmung. Der Ausschuss stellt den Anspruch an sich, diese Aufgabe sehr ernst zu nehmen.
Eine Bürger-Eingabe in der Sitzung am Donnerstag (14.12.) traf im Ausschuss auf - man muss es so sagen - blanke Verachtung: In ihr wurde gefordert, einen Platz in Dortmund nach dem kürzlich verstorbenen Dortmunder Neonazi Siegfried Borchardt zu benennen.
Ungewöhnlich war auch der Antragsteller: Es war Matthias Deyda, der als Ratsherr für die rechtsextreme Splitterpartei „Die Rechte“ selbst im Bürgerdienste-Ausschuss sitzt. Eigentlich wollte er den Antrag direkt im Rat stellen, doch durfte er das nicht, weil „Die Rechte“ dort keinen Fraktionsstatus hat.
Also versuchte Deyda, seinen Antrag durch einen Trick über den Umweg des Ausschusses als einfacher Bürger in den Rat zu bekommen. In der Ausschusssitzung durfte er wie jeder Antragsteller seine Eingabe begründen: Borchardt verdiene einen Platz, weil er sich in der Fanszene von Borussia Dortmund und in der Lokalpolitik verdient gemacht habe, etwa als Ratsherr und Mitglied der Bezirksvertretung-Nord.
Das ist eine mehr als wohlwollende Beschreibung von Borchardts Aktivitäten. Borchardt, auch als „SS-Siggi“ bekannt, war über Jahrzehnte ein führender Kopf der Dortmunder Neonazi-Szene. Der mehrfach verurteilte Straftäter jagte als Gründungsmitglied der Hooligan-Gruppe „Borussenfront“ in den 1980er-Jahren gerne Menschen mit ausländischen Wurzeln durch die Nordstadt.
Entsprechend deutlich fielen die Wortmeldungen im Ausschuss zu dem Antrag aus: „Dieser Mann hat es nicht verdient, dass auch nur eine kleine Gasse nach ihm benannt wird“, sagte etwa der stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Dirk Goosmann (SPD). „Wir werden niemals eine Straße nach Nazis benennen“, sagte auch Svenja Noltemeyer von den Grünen.
Regelmäßig versucht die rechtsextreme Splitterpartei „Die Rechte“, durch provozierende Anträge in den politischen Gremien Dortmunds Aufmerksamkeit zu erhaschen. Eine ihrer Anfragen im Rat an den damaligen Oberbürgermeister Ullrich Sierau, die Zahl der Juden in Dortmund und ihre Wohnorte zu nennen, machte 2014 nicht nur national, sondern sogar weltweit Schlagzeilen.
Eine Diskussion um einen etwaigen Siegfried-Borchardt-Platz bleibt dem Dortmunder Rat erspart. Deydas Antrag wurde vom Bürgerdienste-Ausschuss abgeräumt. Er wurde einstimmig abgelehnt.
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