Rüdiger Wulfs Geschichten vom Ostfriedhof Wer hatte in Dortmund den ersten Telefonanschluss?

Industriepioniere und der erste Telefonbesitzer: Geschichten vom Ostfriedhof
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Wer mit Rüdiger Wulf einen Rundgang über den Ostfriedhof unternimmt, sollte viel Zeit mitbringen. Aber es wird auf keinen Fall langweilig. Denn die Fülle an Geschichten und Anekdoten, aus denen Wulf schöpft, scheint unerschöpflich.

Eine Quelle davon ruht gewissermaßen auf dem Ostfriedhof. Denn hier ist auch das Grab von „Karlchen“ Richter, dem früheren Chefredakteur des „Dortmunder General-Anzeigers“. Der beschrieb in seinen 1917 veröffentlichten Erinnerungen humorvoll und scharfzüngig Ereignisse und Personen, die Dortmund zum Ende des 19. Jahrhunderts geprägt haben. Viele davon sind, wie „Karlchen“ Richter selbst, auf dem Ostfriedhof begraben, der 1876 eingeweiht wurde - und damit nach dem „Westentotenhof“ der zweitälteste kommunale Friedhof der Stadt ist.

Ein Spaziergang über den Ostfriedhof ist deshalb wie ein Rundgang durch die Dortmunder Industriegeschichte, stellt Rüdiger Wulf fest. Seit vielen Jahren veranstaltet der frühere Mitarbeiter des Museums für Kunst und Kulturgeschichte und langjährige Leiter des Westfälischen Schulmuseums Führungen über den historischen Friedhof - angeregt nicht zuletzt durch die Geschichten von „Karlchen“ Richter.

Anekdoten von Karlchen Richter

Dessen Grab wird von einer Skulptur des berühmten Bildhauers Benno Elkan geziert, der mit zahlreichen Werken auf dem Ostfriedhof vertreten ist. Doch die Kunstwerke sind bei den Führungen von Rüdiger Wulf nur ein Nebenaspekt - ebenso wie bei seinem neu erschienen Buch.

„Geschichten vom Dortmunder Ostfriedhof“, heißt das Buch, das jetzt im Wartberg-Verlag erschienen ist. Und es bietet wie die Führungen einen „anekdotenreichen Rundgang zu Gräbern Alt-Dortmunder Prominenz“, wie es im Untertitel heißt. Dieser Rundgang kann dank des abgedruckten Lageplans sogar nachgegangen werden.

36 Stationen hat Rüdiger Wulf dabei ausgewählt, die widerspiegeln, was den Ostfriedhof ausmacht. Er erinnert an die großen Industriellen-Familien wie Hoesch, Brügmann, Klönne und Jucho, dessen imposantes Grabmal ein Souvenir von der Pariser Weltausstellung von 1889 ist. Dortmunds Bier- und Brauereigeschichte ist unter anderem mit Brinkhoff, Mauritz und Moog, dem Architekten des U-Turms vertreten.

Der Ostfriedhof steckt voller Geschichte(n). Rüdiger Wulf hat sie aufgeschrieben.
Der Ostfriedhof steckt voller Geschichte(n). Rüdiger Wulf hat sie aufgeschrieben. © Oliver Volmerich

Nicht fehlen dürfen natürlich die Erinnerungsstätten an große Bergwerksunglücke, und der jüdische Teil des Friedhofs mit seinem Mahnmal. Ganz zu Beginn steht das Grabmal der berühmten Kochbuch-Autorin Henriette Davidis. „Sie war eine der ersten, die 1876 hier beigesetzt wurden“, erzählt Wulf. Das angegebene Geburtsjahr stimme allerdings nicht. „Davidis wurde nicht im Jahr 1800, sondern 1801 geboren.“

Doch nicht nur heute noch bekannte Persönlichkeiten lässt Wulf in seinem Buch aufleben. Er erinnert zum Beispiel auch an Carl Wilhelm Toelcke, der zu den frühen Mitgliedern des Allgemeinen Deutschen Arbeiter-Vereins und damit zu den Urgesteinen der deutschen Sozialdemokratie gehörte. Er hat es trotz mehrerer Anläufe aber nie in den deutschen Reichstag geschafft, so Wulf.

Oder wer weiß schon, wer den ersten Telefonanschluss in Dortmund hatte? Es war 1883 der Kaufmann Isidor Goldschmidt, der mit dem Fernsprechapparat eine Verbindung zwischen seinem Büro an der Bornstraße und dem Kaiserlichen Telegraphenamt bekam.

Termine für Führungen

Solche und andere Anekdoten machen das Buch und die Führungen von Rüdiger Wulf zu einem ebenso amüsanten wie lehrreichen Erlebnis. An den nächsten Samstag (3. und 10. Dezember) bietet Rüdiger Wulf die nächsten Führungen auf dem Ostfriedhof an. Treffpunkt ist am Haupteingang jeweils um 14.30 Uhr (Anmeldungen erbeten an ruedwulf@t-online.de).

Das Buch „Geschichten vom Ostfriedhof“ von Rüdiger Wulf ist im Wartberg-Verlag erschienen und für 16,90 Euro im Buchhandel erhältlich. Und der Autor sammelt auch schon Stoff für einen möglichen Fortsetzungsband.

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