Die 27-jährige Hombrucherin Romina Kemper teilt ihr Leben als „rominaviolettax“ mit über 23.000 Abonnenten auf Instagram. Nur eines bekommen ihre Follower nie zu sehen.
Ich kenne diese Frau nur flüchtig, folge ihr aber auf Instagram. Sie weiß sich in Szene zu setzen, was mich immer wieder überrascht. Sportlicher Typ. Model-Gesicht. Aber doch eine natürliche Ausstrahlung und Charme. Der Meinung sind offenbar auch 23.200 andere Menschen, die als sogenannte „Follower“ regelmäßig ihre Fotos auf der Socialmedia-Plattform Instagram betrachten und kommentieren.
Über 60 Hersteller von modischer Kleidung oder Kosmetik haben das Potenzial entdeckt und Kooperationen mit ihr vereinbart. Sie stellen ihr Produkte kostenlos zur Verfügung und zahlen für veröffentlichte Bilder, wenn Romina diese in ihre Storys einbaut. Nun bin ich mit ihr verabredet, für ein Gespräch für unsere Redaktion. Die erste Begegnung seit Jahren…
Ihren Sohn hält Romina aus ihrem Feed
Pünktlich ist sie da, um zehn Uhr, im Café Lotte an der Kaiserstraße. Setzt sich, lächelt ein wenig verlegen. Wie das denn begonnen habe, möchte ich wissen, wie ist aus dem privaten Posten von Fotos ein Geschäftsmodell geworden?
„Nach der Schule habe ich erst einmal eine Ausbildung zur OP-Assistentin gemacht und auch fünf Jahre in diesem Beruf gearbeitet“, erzählt Romina. „Dann kam mein Sohn zur Welt, und ich ging in Elternzeit.“ Wie, ein Kind? Von dem ist aber auf den vielen Fotos nie etwas zu sehen.
In ihrem „Feed“ kommt sie eher als taffe Single-Frau rüber. „Ich möchte Julius da raushalten“, sagt die 27-Jährige. „Er soll später mal selbst entscheiden, wo er zu sehen ist und wo nicht.“ Romina nippt an ihrem Minztee, der Duft der Blätter erfrischt die Luft an diesem heißen Sommervormittag.
Alles begann mit etwas Langeweile
„Als mir zu Beginn der Elternzeit manchmal etwas langweilig war, habe ich meine Internetaktivitäten ausgebaut.“ Zwei Jahre ist das ungefähr her. Und plötzlich war sie da, die erste Anfrage. „Ich sollte die Klamotten eines Herstellers tragen und dafür eine Fotostory auf Instagram machen.“ Inzwischen hat sie über 60 Partner, darunter renommierte Unternehmen wie Hallhuber, Orsay, Daniel Wellington und die Sektkellerei Mumm.
Aus dem anfänglichen Hobby ist eine Beschäftigung geworden, die viel Zeit in Anspruch nimmt. „Mein Freund macht bei Shootings mindestens einhundert Fotos, aus denen wir dann die besten aussuchen.“ Für die Fotos braucht es den richtigen Hintergrund, gutes Licht – trotz der nachträglichen Bearbeitung mit Bildprogrammen, die Romina selbst übernimmt.
„Ich habe gern alte Architektur im Hintergrund, das Kreuz- und Kaiserviertel haben wir schon komplett abgegrast. Inzwischen weichen wir oft in die Düsseldorfer Altstadt aus. Neulich waren wir in Hamburg, da hätten wir an viel mehr Ecken Bilder aufnehmen können.“ Alle zwei bis drei Tage macht Romina ein Fotoshooting, manchmal sogar fünfmal die Woche. „Ich habe dann immer gleich mehrere Outfits dabei und ziehe mich im Auto um.“
Entweder Bezahlung oder Produkte
Bei unserem Treffen trägt Romina ein luftiges Sommerkleid mit rosa Grundton und roten Kussmündern. „Da ich nicht zu den großen Stars der Influencer-Szene gehöre, habe ich oft nur die Wahl, ob ich die Klamotten behalte oder ein veröffentlichtes Foto mit rund hundert Euro honoriert wird.“
Oft behält Romina die Produkte, entsprechend groß ist die Ansammlung daheim. Ihre Abonnenten sind meist zwischen 19 und 30 Jahren alt, 70 Prozent davon sind Frauen. Viele hinterlassen nette Kommentare unter den Fotos: „Siehst wieder super aus, Mausi“, kann man dann beispielswese lesen. Oder: „Was für ein schööönes Foto!“
„Wenn ich so liebe Kommentare bekomme, antworte ich auch persönlich.“ Böse Posts hat Romina noch nicht unter ihren Fotos lesen müssen. Doch sie weiß, dass manche Abonnenten unter der perfekten Welt leiden, die die durchtrainierten Influencer mit ihren makellosen Gesichtern da präsentieren. „Sie glauben, dass sie da nicht mithalten können, und das zieht sie runter.“ Romina geht es selbst so, wenn sie Beiträge der Stars der Szene sieht.
„Ich musste immer wieder neuen Sekt kaufen"
Auch manche Partner stellen sich als anstrengend heraus. „Bei einer Kooperation mit Jules Mumm habe ich erst die falsche Flasche genommen, dann passte denen die Kulisse nicht. Und ich musste immer wieder neuen Sekt kaufen.“
Ob sie ihre Aktivität weiter ausbauen möchte? Romina ist sich nicht sicher. „Einerseits macht mir die Arbeit Freude, anderseits setzt es echt unter Druck, immer wieder neue kreative Ideen haben zu müssen. Mal schauen, was die nächste Zeit bringen wird.“
Der Minztee ist getrunken, eine Stunde Interview wie im Flug vergangen. Rominas Handy war die ganze Zeit auf lautlos gestellt, nicht einmal aufs Display hat sie geschaut. Wieder hat sie mich überrascht.