Spitzenjob zu vergeben

Völlig überraschend: DSW21-Chef Pehlke kündigt vorzeitigen Abschied an

Überraschende Personalie: Guntram Pehlke (62), Vorstandschef von DSW21, geht früher als erwartet. Dortmund verliert einen einflussreichen Manager, dessen Bezüge sogar den OB in den Schatten stellen.

Dortmund

, 11.08.2022 / Lesedauer: 4 min

Sven Hartleif, Betriebsratsvorsitzender von DSW21, hatte das Fass bereits vor den Sommerferien aufgemacht. Er verkündete den Mitarbeitern bei einer Betriebsversammlung, dass sich ihr oberster Boss und Vorstandschef Guntram Pehlke „Ende 2023“ von seinem Posten zurückziehen werde. Das stimmt nicht ganz: Pehlke geht sogar noch etwas früher.

Schriftlich ließ der DSW21-Chef am Donnerstag (11.8.) auf Anfrage der Redaktion wissen: Er habe den DSW21-Aufsichtsratsvorsitzenden und OB Thomas Westphal „darüber informiert, dass ich Mitte 2023 als Vorstandsvorsitzender ausscheiden werde.“ Dabei läuft sein Vertrag eigentlich noch bis zum 30.6.2025. Aber: Pehlke hatte sich bei seiner letzten Vertragsverlängerung eine Ausstiegklausel geben lassen. Nach ihr darf Pehlke seinen Posten auf eigenen Wunsch zwei Jahre vor Auslaufen des Vertrages verlassen – und genau diese Klausel macht er nun geltend.

Jetzt lesen

Damit endet zugleich eine Ära: Pehlke, ursprünglich Kämmerer der Stadt Dortmund, war 2006 als Nachfolger des damaligen DSW21-Chefs Harald Heinze zu den Dortmunder Stadtwerken gewechselt. Inzwischen läuft dort seine fünfte Amtszeit. Pehlke hat eine halbjährliche Kündigungsfrist. Das heißt: Seine schriftliche Kündigung muss dem OB noch in diesem Jahr vorliegen

Stadtwerke-Chef zieht's mit der Familie nach Australien

„Die Gründe dafür sind rein privater Natur“, schreibt der DSW-Vorstandschef in seiner Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion. „Wir planen, mit der Familie für ein Jahr nach Australien zu gehen“, heißt es. Seine Frau werde dort ein Auslandsstudium absolvieren und die beiden Töchter in Australien die Schule besuchen. „Der Zeitpunkt dafür erscheint uns gerade richtig, bevor sie auf das Abitur zusteuern.“

Hintergrund: Pehlkes Ehefrau Anja, beruflich in Diensten der Dortmunder Stadtverwaltung, strebt eine einjährige Auszeit in Form eines „Sabbatjahres“ an. Welche Tätigkeit er selbst in Australien aufnehmen will, mochte Pehlke auf Anfrage nicht verraten.

Die Spekulationen über einen vorzeitigen Ausstieg des DSW21-Konzernchefs hatten sich mehr und mehr verdichtet. In der Politik war zwar damit gerechnet worden, dass Pehlke seine Ausstiegsklausel ziehen würde. Dass er aber bereits Mitte nächsten Jahres von Bord geht, dürfte für viele eine Überraschung sein – und setzt die Ratsfraktionen gewaltig unter Zugzwang. Eigentlich müsste Ende des laufenden Jahres 2022 bereits klar sein, wer den strategisch wichtigen Posten an der Spitze des DSW21-Konzerns besetzen soll. Vielleicht DEW21-Chefin Heike Heim?

SPD reklamiert das Vorschlagsrecht für Nachfolge-Kandidaten

Ihr Name war vor Jahren bereits von Ex-OB Ullrich Sierau ins Spiel gebracht worden – und wird seitdem immer wieder genannt. Wie zu erfahren war, soll die Nachfolge des für Dortmund wichtigen Postens wohl im Rahmen einer Ausschreibung und mit Hilfe von Personalberatern geregelt werden. Klar ist auch: Als zahlenmäßig stärkste Ratsfraktion reklamiert die SPD das Vorschlagsrecht zur Neubesetzung des Schreibtisches an der Deggingstraße für sich.

Mit Blick auf die Wichtigkeit der Personalie für Dortmund insgesamt dürften die Ratsfraktionen allerdings bemüht sein, im Auswahlverfahren eine größtmögliche Übereinstimmung zu erzielen.

Als 100-prozentige Tochter der Stadt trägt DSW21 mit seinen Töchtern wie beispielsweise DEW, Dogewo, dem Hafen, Dokom und dem Flughafen erheblich zur öffentlichen Daseinsvorsorge in Dortmund bei. Hinzu kommen Beteiligungen an weiteren wichtigen Unternehmen wie der städtischen Entsorgungstochter EDG.

DSW21-Chef verdient deutlich mehr als der OB

Auch als Grundstücksentwickler hat sich DSW21 einen Namen gemacht: angefangen vom Wohn- und Gewerbegebiet Stadtkrone Ost über den Bau des Phoenix-Sees bis hin zur Umgestaltung der nördlichen Speicherstraße am Hafen in ein modernes Digital-Quartier.

Die Bedeutung des Chefpostens von DSW21 macht sich auch in den Bezügen bemerkbar: Dem städtischen Beteiligungsbericht zufolge betrug Pehlkes Vergütung zuletzt mehr als eine halbe Million Euro, exakt 568.387 Euro. Das Grundgehalt lagt bei 485.959 Euro - zuzüglich variabler und „sonstiger Vergütung“. Dagegen fällt selbst das Gehalt von OB Westphal vergleichsweise bescheiden aus: 2021 betrug dessen Grundgehalt 171.634,56 Euro jährlich (plus Aufwandsentschädigung).
Jetzt lesen

Mit Blick auf seine Amtszeit darf sich Pehlke unter anderem zugute halten, die Energietochter DEW21 wieder ein Stückchen näher in die „kommunale Familie“ geführt zu haben, indem die Stadtwerke 2014 Anteile an ihrer Energietochter vom RWE-Konzern zurückkauften.

OB will jetzt auf die Ratsfraktionen zugehen

Umstritten bis heute ist dagegen der Stadtwerke-Einstieg in den Essener Kohleverstromer Steag. Durch die Energiewende heftig ins Schleudern geraten, war Steag lange Zeit als „Millionengrab“ verschrien - inzwischen soll sich das Blatt wieder wenden. Für Teile der Politik wie die Grünen etwa ist Pehlkes Name in erster Linie mit Streit und Machtkampf verbunden.

OB Westphal bestätigt, dass er seit Längerem von Pehlkes Ausstieg weiß: Pehlke habe ihn „bereits frühzeitig über seine persönlichen Pläne informiert“, teilt der DSW21-Aufsichtsratsvorsitzende mit. „Wir haben uns entsprechend vereinbart", so Westphal. Er werde „in den nächsten Wochen mit den Ratsfraktionen über das Verfahren zur Nachfolgeregelung sprechen“-

Vielen Dank für Ihr Interesse an einem Artikel unseres Premium-Angebots. Bitte registrieren Sie sich kurz kostenfrei, um ihn vollständig lesen zu können.

Jetzt kostenfrei registrieren

Einfach Zugang freischalten und weiterlesen

Werden auch Sie RN+ Mitglied!

Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.

Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung

Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung durch Klick auf den Link in der E-Mail, um weiterlesen zu können.
Prüfen Sie ggf. auch Ihren Spam-Ordner.

E-Mail erneut senden

Einfach Zugang freischalten und weiterlesen

Werden auch Sie RN+ Mitglied!

Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.

Sie sind bereits RN+ Abonnent?
Jetzt einloggen