
© Oliver Schaper
Dortmunder Gemeinden machen sexuellen Missbrauch und Palästina zum Thema
Evangelischer Kirchentag
Mehr als 2000 Veranstaltungen bietet der Evangelische Kirchentag. Zwei Gemeinden in Dortmund setzen sogar noch einen drauf - mit eigenen Veranstaltungen zu Streitthemen und Promi-Gästen.
Als Gegenveranstaltung zum Kirchentag kündigt „Publik-Forum“, eine von einer Leserinitiative getragene kirchenkritische Zeitschrift, ihr eigenes Programm nicht an. Aber ein bisschen Kritik am offiziellen Programm klingt durch. „Als unabhängige Initiative können wir frei von den Einflüssen reicher Sponsoren und kirchlich-politischer Gremien diskutieren“, heißt es in der Einladung zum eigenen Veranstaltungsprogramm.
Das findet zeitgleich mit dem Kirchentag in der katholischen Gemeinde St. Martin in der Gartenstadt statt und setzt sich ebenfalls mit dem Thema Vertrauen auseinander.
Prominente Gäste
Und auch hier gibt es prominente Gäste. Der Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow (Linke), diskutiert am Donnerstag (20. 6.) in der Kirche an der Gabelsberger Straße zum Auftakt der dreitägigen Programmreihe mit der Integrations-Expertin Prof. Naika Foroutan und dem Soziologen Prof. Hartmut Rosa unter dem Titel „Marktkonforme Demokratie oder demokratische Gesellschaft“. Um 16.30 Uhr spricht dann der bekannte Theologe Eugen Drewermann unter dem Titel „Worauf setzen die Menschen ihr Vertrauen?“

Eugen Drewermann, Theologe, wird ebenfalls erwartet. © Stephan Schuetze
Am Freitag (21. 6.) spricht nach einem „Morgenimpuls“ der Ökonom und langjährige Chefredakteur von „Publik-Forum“, Wolfgang Kessler, über „Modelle eines humanen Wirtschaftens“.
Am Nachmittag geht es ab 14 Uhr um das vieldiskutierte, beim Kirchentag aber nur am Rande behandelte Thema sexueller Missbrauch. Unter dem Titel „Vertrauen oder verzweifeln - was braucht eine Gesellschaft ohne sexualisierte Gewalt?“ diskutieren Ursula Enders von der Kölner Beratungsstelle Zartbitter, der Moraltheologe Prof. Stephan Goertz, der Selbsthilfe-Vertreter Matthias Katsch und der Leiter des Dortmunder Katholischen Forums, Pater Siegfried Modenbach.
Um 16.30 Uhr schließt sich ein Workshop über Kirche, Fußball und Rechtsextremismus u.a. mit dem BVB-Fanbeauftragten Daniel Lörcher an.
Der Samstag (22. 6.) beschäftigt sich mit den Themen Christentum und Islam im Dialog sowie Korruption. Nach einem offenen Singen mit dem Oosterhuis-Chor diskutieren ab 11 Uhr u.a. Vertreter der Initiative Fridays for Future und der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold über Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit.
Tag zum Israel-Palästina-Konflikt
Ein ganz eigenes Programm gibt es auch in der Paul-Gerhardt-Gemeinde an der Markgrafenstraße - notgedrungen. Hier veranstaltet das Kairos Palästina-Solidaritätsnetz Deutschland am Samstag (22. 6.) einen Thementag Palästina-Israel. Im offiziellen Kirchentagsprogramm fehle das Thema. „Es ist vermutlich ein zu heißes Eisen“, stellt Gemeindepfarrer Volker Kuhlemann fest.
Dabei sei klar, dass die Auseinandersetzung mit dem Israel-Palästina-Konflikt nichts mit Antisemitismus zu tun habe. „Es muss aber Kritik am Staat Israel möglich sein“, sagt Kuhlemann. „Ist Kritik an der israelischen Politik Antisemitismus?“ ist denn auch der Titel einer Veranstaltung in der Paul-Gerhardt-Kirche um 17.30 Uhr.
Davor gibt es ab 11 Uhr u.a. einen Bericht zur Lage im Bereich Israel/Palästina, internationale und interreligiöse Stimmen zum Konflikt und eine Diskussion über den christlich-jüdischen Dialog aus Sicht der deutschen Kirchen - unter anderem mit dem Historiker und Antisemitismus-Forscher Prof. Dr. Wolfgang Benz.
Bau-Experten und Nerds
Weil die Paul-Gerhardt-Gemeinde im offiziellen Kirchentags-Programm auch sonst außen vor bleibt, gibt es auch an den Tagen zuvor ein eigenständiges Programm. Am Donnerstag (20.6.) geht es etwa nach Morgengebet und Bibelarbeit um Bauen mit Holz aus ökologischer Sicht mit einem Vortrag zu den Notkirchen von Otto Bartning, zu denen auch die Paul-Gerhardt-Kirche gehört. Filme, Nerds und Rollenspiele stehen am Freitag (21.6.) im Mittelpunkt.
Das ausführliche Programm gibt es auf der Internet-Seite der Gemeinde.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
