Abstand? Wie soll das gehen in der Kita? Ein Erzieher aus Dortmund sagt: Viele Kolleginnen haben Angst.

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Dortmunder Erzieher in Corona-Angst: „In der Kita ist kein Abstand möglich“

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Warum redet man über die Corona-Gefahr in den Schulen, aber nicht über die Kitas? Ein Erzieher aus Dortmund sagt: Es ist gefährlich, jeden Tag. Das liege am Abstand und an den Tests.

Dortmund

, 20.04.2021, 05:20 Uhr / Lesedauer: 2 min

„Ich darf nicht mit zwei, drei Freunden im Garten grillen, aber den ganzen Tag mit 15 oder 20 Kindern in einer Gruppe in einem Raum sitzen.“ Einem Erzieher aus Dortmund reicht es. Der Mann – in seinen 30ern und Familienvater – hat große Corona-Sorge: um Kollegen, um deren Partner, auch um Eltern.

„Was mich irritiert“, sagt er: „dass zwischen Schule und Kita so ein Unterschied gemacht wird.“ Wie gefährdet sind Lehrer? Muss man die Schüler nicht noch öfter testen, wenn sie gemeinsam im Klassenraum sitzen? Sollte man die Schulen lieber schließen? Darüber werde ja andauernd geredet.

„Kinder sitzen auf dem Schoß“

Aber nicht über die Kita. Dabei: „In der Schule hat man doch noch viel eher die Möglichkeit, den Abstand einzuhalten. Und dort müssen auch verpflichtend Tests gemacht werden.“ Und das sei ja eine komplett andere Situation als in den Kindergärten.

„Die Kinder sitzen eben auch mal bei den Erziehern auf dem Schoß“, sagt der Dortmunder. Vorlesen, trösten, erklären – „da gibt es eben keinen Abstand, so sehr wir auch alle Hygienemaßnahmen einhalten“.

Händewaschen, keine Schniefnasen – reicht das?

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat man den Kita-Kindern beigebracht, häufig, gründlich und lange Hände zu waschen, in die Armbeuge zu niesen und beim Abholen und Bringen Abstand zu anderen Eltern zu halten.

Schon lange sollen Eltern ihre Kinder zuhause lassen, wenn die husten oder Schniefnasen haben, von Fieber ganz zu schweigen. Aber reicht das?

Zahlen steigen auch bei 0- bis 4-Jährigen

Seitdem die britische Corona-Variante den Wildtyp verdrängt, wird immer deutlicher: Auch Mädchen und Jungen im Kita-Alter verbreiten das Virus, selbst wenn sie keine Covid-Symptome zeigen. Experten sagen das seit Langem. Jetzt sind auch die Zahlen eindeutig.

Bei den 5- bis 14-Jährigen in Dortmund liegt die Inzidenz aktuell weit über 250, aber auch bei den 0- bis 4-Jährigen gab es zuletzt Werte zwischen 150 und 200. Und das ohne flächendeckende Tests.

Schnelltests sind noch nicht überall angekommen

Zwei Schnelltests pro Woche für jedes Kita-Kind – das war das große Versprechen des Landes vor rund zehn Tagen. Manche Kindergärten in Dortmund warten allerdings immer noch darauf. Die komplizierte Lieferkette zum Auftakt: vom Land zur Stadt, dort sortieren, zu den einzelnen Trägern, dann erst weiter zur jeweiligen Kita.

„Bei uns sind sie zwar schon angekommen, aber die Tests sind ja auf freiwilliger Basis“, erklärt der Erzieher aus Dortmund. Soll heißen: Die Erzieher überreichen den Eltern die Schnelltests. Ob die Kinder aber tatsächlich getestet werden?

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„Was mit den Tests passiert, weiß ich nicht“

„Ich gebe die Tests raus. Was damit passiert, weiß ich nicht“, sagt der Erzieher: „Ich bin immer auf die Eltern angewiesen.“ Besonders hart sei es dann, wenn Kollegen erzählen würden: „Ich habe Kind xy gestern gesehen, als es mit zehn Kindern, die ich nicht kannte, auf dem Spielplatz war.“

Sicher: Die Erzieher selbst hatten schon die Chance auf die erste Covid-Impfung. „Aber viele Kollegen haben zuhause Partner, die zu einer Risikogruppe gehören. Und diese Kollegen haben Angst.“

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Verständnis für die Eltern, aber...

Und auch viele Eltern gehören einer Altersgruppe an, die immer häufiger auf den Intensivstationen liegt. Einige Eltern würden ihre Kinder ja auch nicht bringen, „wenn sie die Möglichkeit haben“, unterstreicht der Dortmunder Erzieher. „Aber meistens müssen Mama und Papa irgendwie arbeiten.“

Bei einigen Eltern seien „die Sonderurlaubstage langsam um“. Zudem gebe es den eingeschränkten Pandemiebetrieb in den Kitas. Bedeutet: zehn Stunden Betreuung weniger pro Woche, noch größerer Druck auf die Eltern.

Alles richtig, sagt der Erzieher. Und als Familienvater habe er natürlich Verständnis: „Aber über ein Jahr sind wir schon in der Pandemie. Für die Schulen sind immer wieder Konzepte erarbeitet worden. Aber für uns ist einfach nichts passiert. Und die Kolleginnen gehen am Stock.“