Dortmunder Mahdi El Hilali erlebte das Erdbeben in Marrakesch „Ich dachte, die ganze Stadt ist weg“

Dortmunder berichtet aus Marrakesch: „Dachte, die ganze Stadt ist weg“
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Zwei bis drei Mal im Jahr nimmt sich Mahdi El Hilali die Zeit, um nach Marrakesch zu reisen. Der Dortmunder hat in der ehemaligen Hauptstadt von Marokko ein kleines Apartment. Am Freitag (8.9.) stieg El Hilali mit seiner 21-jährigen Tochter in den Flieger nach Nordafrika.

Dort angekommen, zieht es beide am Freitagabend in einen Basar in der Altstadt von Marrakesch. El Hilali und seine Tochter wollen auf dem Markt nach einer Tasche schauen. Sie kommen vorbei an einer alten Moschee, die ein echter Hingucker sei, so El Hilali: „Hier gibt es Häuser, die zum Teil tausend Jahre alt sind.“

Plötzlich lauter Knall

Beide gehören zu den letzten, die diese Moschee sehen. Kurz darauf beginnt der Boden zu beben. „Wir haben dann plötzlich einen lauten Knall gehört“ berichtet El Hilali. „Ich dachte erst, dass ein altes Haus einstürzt. Aber irgendwann kapierte ich, dass es ein Erdbeben ist.“

Seine erste Reaktion: „Ich wollte zuerst meine Tochter in Sicherheit bringen“, erzählt der Vater. „Es war schrecklich, wir waren mittendrin.“ Zuerst sei es schwierig gewesen, überhaupt zu laufen, so wackelig sei es unter den Füßen gewesen.

"Gebäude stürzten ein"

Dann eilten sie ein paar Meter vorwärts. „Noch mehr Gebäude stürzten ein, überall lagen Trümmer“, so El Hilali. „Meine Haare waren durch den Staub ganz weiß.“ Ihr Ziel war die Neustadt von Marrakesch, wo sich El Hilalis Wohnung befindet.

Der Dortmunder war in Sorge, dass auch von seinen eigenen vier Wänden nicht viel übrigblieb. „Ich dachte, die ganze Stadt ist weg“, sagt er. Erst gegen 2 Uhr morgens kamen sie am Apartment an. El Hilali: „Zum Glück war die Wohnung heile, es gab nur kleine Schäden.“ Das galt auch für die weiteren Gebäude in der Neustadt – anders als im historischen Stadtkern, wo viele UNESCO-Weltkulturerben regelmäßig Touristen anlocken. „Diese Altstadt war völlig kaputt.“

"Ganze Dörfer sind weg"

Die Folgen der Naturkatstrophe sind auch fast drei Tage später noch nicht abschließend einzuschätzen. Am Montag zählte die marokkanische Regierung fast 2500 Todesopfer. Viele Menschen werden noch immer vermisst. Doch als das Erdbeben in der Nacht von Freitag auf Samstag Marokko erschütterte, konnte El Hilali noch nicht wissen, wie groß das Ausmaß ist. Zu groß war der Schock.

Erst allmählich wurde ihm das bewusst: „Dann haben wir kapiert, dass es auch in vielen anderen Städten Erdbeben gab.“ Betroffen waren vor allem die Dörfer rund um Marrakesch, wo viele seiner Verwandten leben. El Hilali griff zum Hörer, um sie anzurufen. „Und dann hörte ich erst vom Ausmaß: Ganze Dörfer unserer Familien sind weg“, erzählt der Dortmunder.

Mahdi El Hilali hat mit seiner Tochter einen Transporter gemietet, um eingekaufte Hilfsgüter transportieren zu können.
Mahdi El Hilali hat mit seiner Tochter einen Transporter gemietet, um eingekaufte Hilfsgüter transportieren zu können. © Privat

Er gehört nun zu denjenigen, die helfen und mitanpacken. Das Problem: Gerade die Straßen zu den Bergen sind zerstört. „Viele Dörfer sind gar nicht zu erreichen, sondern nur per Hubschrauber oder Drohnen“, erklärt El Hilali. Trotzdem versuchen er und seine Tochter, das Bestmögliche beizutragen.

Daher mieteten sie einen Sprinter, um Hilfsgüter zu transportieren. „Wir versuchen erst mal das Nötigste zu kaufen und verteilen die Hilfsgüter, die wir gerade gekauft haben.“ Dazu gehören Decken, Matratzen und natürlich Nahrung. 1.200 Euro sind es, die sie unter Freunden und Familie bis zum Montagnachmittag gesammelt haben.

Aber beide gehören zu keinem Hilfswerk. Sie engagieren sich, weil sie zufällig vor Ort sind. Geld werden für die Hilfe rund um Marrakesch jedoch weiterhin benötig, wie El Hilali betont. Er appelliert an alle Dortmunder, an Hilfsorganisationen zu spenden.

Rettungskräfte suchen in der Stadt Ouirgane, südlich von Marrakesch, nach Überlebenden des schweren Erdbebens.
Rettungskräfte suchen in der Stadt Ouirgane, südlich von Marrakesch, nach Überlebenden des schweren Erdbebens. © picture alliance/dpa

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