Der digitale Corona-Impfnachweis kann ja schnell vorgezeigt werden. Aber, soll es zur Pflicht werden, dass Beschäftigte ihrem Arbeitgeber Auskunft über ihren Impfstatus geben müssen?

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Dortmunder Arbeitgeber wollen Impfstatus abfragen: „Auskunft ist unverzichtbar“

rnStreit um Auskunftspflicht

Arbeitgeber sollen von ihren Beschäftigten eine Auskunft über ihren Impfstatus verlangen können. Das fordern die Unternehmensverbände für Dortmund und Umgebung - und stoßen auf Widerstand.

Dortmund

, 03.09.2021, 17:10 Uhr / Lesedauer: 4 min

Die Unternehmensverbände für Dortmund und Umgebung fordern ein Fragerecht der Arbeitgeber zum Impfstatus ihrer Beschäftigten. Auch, wenn das Bundeskabinett am Mittwoch (1.9.) die Arbeitsschutzverordnung ohne ein entsprechendes Auskunftsrecht zunächst verlängerte, ist das Thema noch nicht vom Tisch. Es soll, so hieß es in Berlin, geprüft werden, ob das Infektionsschutzgesetzt geändert wird.

„Um die betrieblichen Hygienekonzepte und Corona-Schutzmaßnahmen an die jeweilige Pandemielage anpassen und wirksam umsetzen zu können, ist ein Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impfstatus der Beschäftigten unbedingt erforderlich“, sagt Ernst-Peter Brasse, der Geschäftsführer der Unternehmensverbände.

Die Ansteckungsgefahr und die Gefahr einer ernsten Erkrankung sei bei ungeimpften Beschäftigten ungleich höher, so dass dieser Personenkreis vom Arbeitgeber auch besser geschützt werden müsse. Auch gehe von geimpften Beschäftigten eine geringere Gefahr aus. Das RKI bestätige ja, dass das Risiko einer Virusübertragung durch eine vollständig geimpfte Person stark vermindert sei.

„Es ist unverzichtbar, den Impfstatus zu kennen“

„Gerade bei Außendiensteinsätzen oder der Beschäftigung von Mitarbeitern im Kontakt mit vielen weiteren Kollegen und Kunden, wo ein gesteigertes Infektionsrisiko bestehe“, sagt Ernst-Peter Brasse, „ist es aus Sicht der Arbeitgeber für den Schutz der nach wie vor gefährdeten Mitarbeiter unverzichtbar, den Impfstatus zu kennen.“

Ernst-Peter Brasse ist Geschäftsführer der Unternehmensverbände für Dortmund und Umgebung. „Durch die Steigerung der Impfquote und die Entschärfung einzelner Corona-Schutzmaßnahmen gehen immer mehr Unternehmen dazu über, betriebliche Maßnahmen zu lockern. Gerade hierbei ist es aber für die Unternehmen von entscheidender Bedeutung, zu wissen, wer im Unternehmen geimpft ist“, sagt er.

Ernst-Peter Brasse ist Geschäftsführer der Unternehmensverbände für Dortmund und Umgebung. „Durch die Steigerung der Impfquote und die Entschärfung einzelner Corona-Schutzmaßnahmen gehen immer mehr Unternehmen dazu über, betriebliche Maßnahmen zu lockern. Gerade hierbei ist es aber für die Unternehmen von entscheidender Bedeutung, zu wissen, wer im Unternehmen geimpft ist“, sagt er. © Unternehmensverbände

Mit ähnlichen Argumenten schalteten sich auch die Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen in die Debatte ein. „Den Arbeitgebern wird zur Pandemie-Bekämpfung eine Reihe von zusätzlichen Pflichten auferlegt, so unter anderem eine Beurteilung der Gefährdungslage am Arbeitsplatz. Wie soll dieser Verpflichtung sinnvoll und wirkungsvoll nachgekommen werden, wenn das wichtigste Faktum dabei offenbleibt?“, sagte Hauptgeschäftsführer Dirk W. Erlhöfer.

Bei der Versicherungsgruppe Signal Iduna, einem der größten Arbeitgeber in Dortmund, würde man den verpflichtenden Nachweis des Impfstatus für hilfreich halten. „Aktuell ist die arbeitsrechtliche Zulässigkeit allerdings sehr umstritten. Wir sind gerade dazu im Gespräch mit unseren Betriebsrätinnen und Betriebsräten“, sagt Unternehmenssprecher Edzard Bennmann.

Arbeitsrechts-Experte sieht eine Gesetzesänderung skeptisch

Tatsächlich gibt die aktuelle Rechtslage nach Einschätzung von Daniel Wolgast, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Dortmunder Wirtschaftskanzlei Spieker & Jaeger, eine Auskunftspflicht nicht her, „da es sich beim Impfstatus um speziell geschützte personenbezogene Daten handelt. Die Verarbeitung solcher Daten ist datenschutzrechtlich grundsätzlich verboten. Da ist der Datenschutz sehr streng.“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte jüngst in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ gesagt, dass er in der Frage einer Gesetzesänderung „zunehmend zu ja“ tendiere. „Ich kann mir das aber nicht vorstellen“, meint Daniel Wolgast, „weil eine Auskunftspflicht zum Impfstatus zum Beispiel im Infektionsschutzgesetz in die Persönlichkeitsrechte von Beschäftigten eingreifen würde. Dafür müsste auch das Datenschutzrecht geändert werden - und das ist aufwendig und dürfte Klagen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen nach sich ziehen.“

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Bei Signal Iduna hofft man daher auf einen Kompromiss, der so aussieht, dass der Nachweis über den Impf- oder Genesenen-Status freiwillig erbracht wird und jeder, der das nicht möchte, einen negativen Test vorweist. „Dies gilt dann beispielsweise auch für dienstliche Veranstaltungen, bei denen wir verpflichtend für die Teilnahme den 3G-Status verlangen“, so Sprecher Edzard Bennmann.

Ungeimpfte müssen bei Signal Iduna nicht zwingend im Homeoffice bleiben. „Wir bieten auch weiterhin zwei kostenlose Selbsttests pro Woche für Mitarbeitende an“, sagt Bennmann.

Wilo-Chef: „Es wäre ein wichtiger Schritt raus aus der Pandemie.“

Beim Pumpenhersteller Wilo in Hörde verweist auf eine Vielzahl von Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen, die nach wie vor eingehalten würden, und auf eine erfolgreiche eigene Impfkampagne.

„Um unserer Belegschaft noch mehr Sicherheit im Arbeitsalltag bieten zu können – oder langfristig sogar unsere Maßnahmen dahingehend anpassen zu können – wäre die Kenntnis über den Impfstatus eines jeden Einzelnen ein weiterer wichtiger Schritt für uns auf dem Weg raus aus der Pandemie“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Wilo Gruppe, Oliver Hermes.

Berthold Schröder sagt als Präsident der Handwerkskammer Dortmund: „Auch der Schutz der Risikogruppen bei den Kunden des Handwerks ist ohne eine Information über den Impfstatus schwer darstellbar.“

Berthold Schröder sagt als Präsident der Handwerkskammer Dortmund: „Auch der Schutz der Risikogruppen bei den Kunden des Handwerks ist ohne eine Information über den Impfstatus schwer darstellbar.“ © HWK DO

Für das Handwerk sagt Berthold Schröder, der Präsident der Dortmunder Handwerkskammer, ganz klar: „Die Vertraulichkeit von Angaben zur Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist ein hohes Gut. In der aktuellen Situation gilt es allerdings, dies gegen die berechtigten Interessen der Kolleginnen und Kollegen im Handwerk nach einer Risikominimierung bei der Zusammenarbeit mit ungeimpften Personen abzuwägen.“

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Auch der Schutz der Risikogruppen bei den Kunden des Handwerks, so Berthold Schröder, sei ohne eine Information über den Impfstatus schwer darstellbar. „Ich persönlich“, sagt er, „befürworte daher die Einführung eins Auskunftsrechtes des Arbeitgebers zum Impfstatus seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

DGB-Chefin hält Ansinnen von Jens Spahn für „sehr dreist.“

Die Gewerkschaften halten dagegen und lehnen das strikt ab. Für Beschäftigte dürfe aus „3G“ nicht einfach „2G“ gemacht werden, sagte Verdi-Chef Frank Werneke der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Dortmunds DGB-Chefin Jutta Reiter äußerte sich gegenüber unserer Redaktion so: „Es sind nicht alle Corona-Leugner, die sich nicht impfen lassen. Gegenüber denen, die sich aus Krankheitsgründen nicht impfen lassen können, wäre eine Auskunftspflicht sehr diskriminierend.“

Jutta Reiter, die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschafts-Bundes (DGB) in Dortmund lehnt eine Auskunftspflicht der Arbeitnehmer über ihren Impfstatus strikt ab.

Jutta Reiter, die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschafts-Bundes (DGB) in Dortmund lehnt eine Auskunftspflicht der Arbeitnehmer über ihren Impfstatus strikt ab. © Archiv

Im Gegensatz zu einem Besuch in einem Restaurant, das einen Nachweis der Immunisierung verlangen könne, sei die Arbeit existenziell und man könne darauf nicht verzichten, sagt die Gewerkschafterin und fügt an. „Ich finde es schon sehr dreist von Herrn Spahn, die Beschäftigten in einen solchen Legitimationsdruck bringen zu wollen.“

Auch Karsten Rupprecht von Verdi in Dortmund meint: „Mal angenommen, es würde eine Auskunftspflicht geben und jemand sagt: Nein, ich bin nicht geimpft. Dann wird er als Impfgegner abgestempelt oder er ist nicht geimpft, weil er eine Vorerkrankung hat, von der aber der Arbeitgeber nicht wissen muss. Und ein Großteil der Beschäftigungen sind gerade im Handel befristet, sodass Arbeitgeber dann das Arbeitsverhältnis nicht verlängern.“

Testangebote für alle Beschäftigten im Johannes-Hospital

Die Gewerkschafter plädieren dafür, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über das Impfen aufzuklären, die Hygienemaßnahmen aufrecht zu halten und weiter eine Teststrategie für alle zu verfolgen.

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Vor allem in den Krankenhäusern, beispielsweise im Johannes-Hospital wird das so gemacht. Auch, wenn dort wohl 90 Prozent der Beschäftigten geimpft sind, sind Tests für alle an der Tagesordnung.

„Es stehen grundsätzlich mehrfach in der Woche Testangebote für alle Mitarbeitende zur Verfügung. Bereits seit einigen Wochen testen sich die Mitarbeitenden - egal ob geimpft oder ungeimpft - bei einer mehr als fünftägigen Abwesenheit vom Arbeitsplatz, gleich aus welchen Gründen, vor Beginn der Arbeitsaufnahme“, sagt Gudula Stroetzel, die Sprecherin des Johanneshospitals. „Auch Geimpfte“, betont sie, „können Überträger des Virus sein. Das Thema bleibt brisant.“