„Ich will Sport machen, bis ich tot umkippe“ Wer Gerhard Heil (75) zuhört, verliert die Angst vorm Alter

„Ich bin sportsüchtig“: Gerhard Heil macht Mut zum Sport im Alter
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„Ah, der Herr von der Zeitung, dass sieht man von Weitem“, ruft Gerhard Heil dem Autoren entgegen. Sein Händedruck ist kräftig. Der ehemalige Gewichtheber hat einen wachsamen Blick, sein Lächeln ist ansteckend. Wir treffen uns vor dem Hallenbad „Die Welle“ an der Gleiwitzstraße in Dortmund-Scharnhorst, wo Heil nach eigenen Angaben bis heute vier Mal in der Woche eine Distanz von 1000 Metern zurücklegt.

Schon so eine beeindruckende Leistung - umso mehr, wenn man Heils Alter kennt: Am 2. Juli hat Heil seinen 75-jährigen Geburtstag gefeiert. Bei einem Kaffee erzählt er von seiner Liebe zum Sport. Eine Liebe, die wohl niemals endet.

„Bei uns zuhause ging es ganz früh schon immer um Sport“, erzählt Heil aus seiner frühen Jugend. Ab drei Jahren habe er sich sportlich betätigt. „Später in der Jugend bis zu sieben Stunden am Tag“, gibt der jetzt 75-jährige an. Sein Vater habe für seine sportbegeisterten Brüder und ihn hinter dem Haus eigens eine Weitsprung-Grube ausgehoben.

„Ich bin sportsüchtig“, sagt Heil mit einem Grinsen. Seine Augen leuchten beim erzählen. Körperlich sieht man ihm die früheren Erfolge bis heute an. Ohne täglichen Sport gehe es ihm „dreckig“, erzählt er. Neben seinen Schwimmeinheiten bei „Die Welle“ benutzt Heil auch den Ergometer zu Hause, macht Krafttraining, spielt Tennis und fährt Fahrrad.

Ob er auch noch Gewichte hebt? Gerhard Heil grinst. Ja, auch seine alte Königsdisziplin übt er noch aus, aber natürlich nur privat. 100 Kilogramm könne er heute noch stoßen. Stoßen, so nennt sich eine Disziplin im Gewichtheben, bei der die Hantel mit den Gewichten auf dem Schulterbereich umgesetzt wird, bevor der Athlet die Handeln ganz über den Kopf führt.

Ein Bild von früher: Gewichtheber in jungen Jahren mit einer Hantel
Zu seinen besten Zeiten stemmte der Dortmunder bis zu 180 Kilogramm. © privat

Zu seinen besten Zeiten konnte Gerhard Heil 180 Kilo stoßen. „Jedes Jahr wird alles ein bisschen langsamer und schwerer“, sagt der 75-jährige. Verbittert wirkt er nicht - er ist mit sich selbst im Reinen. Bis auf eine Sache.

Ausdauer wichtiger als Kraft

„Heute bereue ich den Weggang vom TuS Derne“, sagt Heil, der in Alt-Scharnhorst wohnt. In den späten Siebzigern war er damals zum VfL Duisburg-Süd gegangen. Auch um die Nähe von Rolf Milser zu suchen, dem damaligen Mittelgewicht-Champion.

Heils Weggang führte zum Abstieg des Derner Vereins. Das tue ihm heute leid. Er spricht jetzt etwas leiser, trotz anhaltendem Tinnitus. Die lokale Verbundenheit ist ihm anzumerken. Immer wieder bittet er auch, das Schwimmbad „Die Welle“ zu erwähnen. „Denen verdanke ich viel“, sagt er.

Heils ganzer Stolz sind nun seine Kinder, die teilweise seine Leidenschaft zum Sport geerbt haben. Tochter Sabine ist vor kurzem 50 Jahre alt geworden und läuft regelmäßig sogenannte Ultramarathons. Eine Laufdisziplin, bei der die Strecke länger ist als die übliche Marathondistanz von 42,195 km. „Sie erzählt immer vom Endorphin-Schub, wenn sie gestartet ist“, erzählt Heil. Ein Gefühl mit Suchtpotenzial - was Heil gut kennt. Wenn er Sport macht, ist er glücklich.

Sport im Alter: Tipps von Gerhard Heil

„Ich will Sport machen, bis ich tot umkippe“, sagt Gerhard Heil. Dabei komme es nicht mehr auf Kraft an. „Wenn man älter wird, ist Ausdauer wichtiger als Kraft“, sagt der 75-jährige. Darum schaut er auch nie so genau auf die Uhr, wenn er früh morgens seine Bahnen zieht. Dies gilt auch für die anderen Übungen zuhause.

Bloß nicht einrosten, ist die Devise. Aber dabei immer auf das eigene Bauchgefühl hören, empfiehlt der ehemalige Gewichtheber ausdrücklich. Das eigene Tempo zu finden, ist wichtig. Besonders beim Schwimmen, seiner neuen Disziplin.

Heils Stimme erhebt sich, er hat nun den Tonfall eines Sporttrainers. Beim Schwimmen gehe es um Langsamkeit, nicht um Schnelligkeit. Wichtig sei es, sich ein Ziel zu stecken - wie in seinem Fall die Strecke von 1000 Metern. Wie lange man dann dafür braucht, sei aber egal. Langsam, aber regelmäßig, sagt er.

Das Gespräch ist zu Ende. Mit festem Händedruck verabschiedet sich der ehemalige Gewichtheber. Er hat seiner Frau versprochen, ein Eis mitzubringen.

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