Im Dortmunder OB-Wahlkampf Wer stellt sich mit der AfD auf eine Bühne?

Dortmunder OB-Wahlkampf: Wer stellt sich mit der AfD auf eine Bühne?
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Monate vor dem OB-Wahlkampf 2020 hatten sich die drei damaligen Kandidaten Thomas Westphal (SPD), Andreas Hollstein (CDU) und Daniela Schneckenburger (Grüne) auf eine gemeinsame Vorgehensweise verständigt. Es war eine vorsorgliche Erklärung für den Fall, dass auch die AfD ins Rennen um den OB-Posten einsteigen würde – was am Ende nicht geschah.

Erster OB-Kandidat der AfD

Unter dem Motto „Keine Plattform für Intoleranz“ verständigten sich die drei Kandidaten und ihre Parteien, an keiner Podiumsdiskussion teilzunehmen, an der mögliche Kandidaten der AfD beteiligt sind. „Dieser OB-Wahlkampf darf für die Verbreitung von Hass, Hetze und Rassismus keine Bühne bieten.“ Auch im Bundestagswahlkampf 2021 und zur Landtagswahl 2022 weigerten sich die drei Parteien, mit der AfD auf einer Bühne zu stehen. Das führte mangels Teilnehmer zur Absage von ganzen Podiumsdiskussionen.

Im OB-Wahlkampf 2025 hat die AfD nun mit Heiner Garbe, ihrem Fraktionschef im Rat, erstmals einen eigenen OB-Kandidaten nominiert. Er deklariert für sich den Einzug in die Stichwahl als „Etappenziel“. Und die Distanz der anderen Parteien zur AfD ist längst nicht mehr so eindeutig wie noch vor fünf Jahren.

Westphal: „Scheue keine Diskussion“

Amtsinhaber Thomas Westphal, der für die SPD erneut antritt, gibt sich auf Anfrage selbstbewusst: „Ich scheue keine Diskussion, mit niemandem“, so Westphal auf die Frage, ob er sich mit Heiner Garbe auf eine Bühne stellen würde. Aber jeder Veranstalter von Podien im Wahlkampf müsse sich genau überlegen, „wen er einlädt und wem er eine Bühne bieten will“, fügt Westphal hinzu.

Porträt von Thomas Westphal im Rathaus
Thomas Westphal, Amtsinhaber und OB-Kandidat der SPD © Stephan Schuetze

Über den Umgang in der politischen Arbeit innerhalb der Ratsgremien müsse der künftige Rat der Stadt selber entscheiden. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hätten auch in Dortmund gezeigt: Ziel der AfD sei nicht die Mitarbeit, sondern die Zerstörung der demokratischen Arbeit und Strukturen. „Das muss jeder wissen, der sie in Funktionen wählen will“, so Westphal.

Lögering: „Nur mit der Faust in der Tasche“

Mit einer ähnlichen Begründung waren die Grünen noch im Februar 2025 einer öffentlichen Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl ferngeblieben. Im OB-Wahlkampf soll das nun anders sein: Wie Grünen-Kandidatin und Fraktionschefin Katrin Lögering erklärt, werde sie auch in Anwesenheit von AfD-Vertreter Garbe an Diskussionen teilnehmen. „Es kann nicht sein, dass wir unsere Positionen deshalb freiwillig räumen, auch wenn ich mit der Faust in der Tasche dorthin gehe“, sagt Lögering. Sie appelliere an die jeweiligen Veranstalter, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden. „Ich werde zu Beginn jeder Veranstaltung einordnen, was ich davon halte, eine in Teilen rechtsextreme Partei einzuladen und sie damit zur Normalität zu machen.“

Porträt von Katrin Lögering
Katrin Lögering, OB-Kandidatin der Grünen © Thomas Thiel

Sie habe versucht, ihre Mitbewerber Westphal (SPD) und Alexander Kalouti (CDU) für eine ähnlich gelagerte Vereinbarung wie 2020 zu gewinnen. Offenbar vergebens: Im März habe Kalouti erklärt, er wolle den Vorschlag in die CDU-Gremien tragen. „Wir haben danach mehrfach in der CDU nachgehört, es ist aber nichts gekommen“, sagt Lögering. Kalouti konnte den Vorgang weder bestätigen noch dementieren, ihm sei dazu nichts bekannt. Auch von Westphals Seite habe es keine abschließende Position gegeben.

Kalouti: „Veranstalter entscheiden“

Dass Kalouti einer solchen Vereinbarung nicht zugestimmt hätte, daran lässt er keine Zweifel: Die bisherige Handhabung, mit der AfD nicht zu reden, habe aus seiner Sicht nicht funktioniert. „Es kann keine Zusammenarbeit mit der AfD geben, aber man muss sich trotzdem mit ihnen und Herrn Garbe auseinandersetzen“, teilt er mit. Man muss ihn inhaltlich stellen.“

Porträt von Alexander Kalouti
Alexander Kalouti, OB-Kandidat der CDU © CDU Dortmund

Wie auch sein SPD-Konkurrent überlässt er die Verantwortung den Veranstaltern: „Sie entscheiden, wie das Podium aussieht, wir sind nur Gäste. Es ist das Recht des Gastgebers oder Gastgeberin, auch die AfD einzuladen.“ Generell wolle Kalouti mit jedem reden, der reden wolle. Wenn es sein Terminkalender zulasse, nehme er jede Anfrage an.

Cremer: „AfD nicht zur Märtyrern machen“

Auch der parteilose OB-Kandidat Martin Cremer will sich von der AfD nicht die Show stehlen lassen. „Als Ur-Demokrat habe ich mit der AfD nichts, aber auch gar nichts am Hut - und schon überhaupt nicht mit der völkisch-nationalen Gesinnung des Dortmunder OB-Kandidaten“, so Cremer auf Anfrage. „Aber ich werde meinen Wahlkampf selbstbestimmt führen und mich nicht von der AfD am Gängelband durch die Manege führen lassen.“

Porträt von Martin Cremer
Martin Cremer, parteiloser OB-Kandidat © Ruhr Nachrichten

Entscheide sich ein Veranstalter, die AfD einzuladen, müsse ihm das nicht gefallen, stellt Cremer klar. „Ich werde meine Teilnahme aber nicht allein davon abhängig machen.“ Ihm sei wichtig, dass die Dortmunder die Möglichkeiten bekämen, sich über die unterschiedlichen Standpunkte der demokratischen Kandidatinnen und Kandidaten zu informieren. „Die bisherige Erfahrung mit der AfD hat gezeigt, dass wir sie nicht zu Märtyrern machen sollten“, sagt Cremer. „In dieser Rolle fühlen sie sich wohl, sie nützt ihnen mehr, als dass sie ihnen schadet.“

Karacakurtoglu: „AfD argumentativ fertigmachen“

Selbst die Linken-Kandidatin Fatma Karacakurtoglu hat kein Problem damit, sich mit Heiner Garbe auf eine Bühne zu setzen. „Ich würde ihn einfach argumentativ fertigmachen“, sagt sie. „Den kann man nur vorführen, er ist nicht die hellste Kerze auf dem Schirm.“

Porträt von Fatma Karacakurtoglu
Fatma Karacakurtoglu, OB-Kandidatin der Linkspartei © Oliver Schaper

Aus eigener Initiative werde sie sich aber nicht mit ihm unterhalten. Das mache sie bereits seit zehn Jahren so, seit Garbe bei einer Fahrt in die türkische Partnerstadt Trabzon ihr gegenüber angeblich einen fremdenfeindlichen Spruch fallen gelassen habe.

Kauch: „Kein Problem mit Diskussion mit AfD“

Die FDP ist die einzige Partei, die sich schon 2022 argumentativ der AfD stellen wollte. Daran hat sich nichts geändert. „Ich habe grundsätzlich kein Problem damit, auch mit AfD-Politikern zu diskutieren“, sagt OB-Kandidat Michael Kauch.

Porträt von Michael Kauch im Rathaus
Michael Kauch, OB-Kandidat der FDP © Ruhr Nachrichten

„Man muss sie entzaubern. Sobald es konkret wird, brechen sie schnell ein.“ Er wisse aber auch, dass es im Beisein der AfD oftmals nicht mehr um Sachfragen ginge.

Gebel: „Nur wenn Themen vorher feststehen“

Der OB-Kandidat Christian Gebel von Volt macht seine Entscheidung deshalb auch davon abhängig, wie die Podiumsdiskussion gestaltet ist: Wenn die Diskussionsthemen schon vorher feststehen, sei er offener dafür, auch mit der AfD zu diskutieren.

Porträt von Christian Gebel
Christian Gebel, OB-Kandidat von Volt © Tim Ruben Weimer

Denn das verhindere, dass die AfD immer wieder auf das Thema Migration zu sprechen komme. „Ansonsten habe ich aber ein Problem damit, mich mit der AfD auf ein Podium zu setzen, weil deren Behauptungen oft nicht schnell genug widerlegt werden können.“

Garbe: „Eklatantes Demokratiedefizit“

AfD-Kandidat Heiner Garbe bezeichnet es als „eklatantes Demokratiedefizit“, wenn ein Veranstalter die AfD nicht zu einer Diskussion einlade. Bereits beim ersten Aufeinandertreffen der OB-Kandidaten beim Stadtsportbund am Montag (28.4) war die AfD nicht eingeladen. Auch seinen Mitbewerbern wirft er mangelhaftes Demokratieverständnis vor, wenn sie an solchen Foren teilnähmen. Er selber werde sich „mit jedem auch noch so extremen Kandidaten auf die Bühne stellen, möge sie auch noch so schädlich für meine Stadt und mein Land sein“. Das Umschwenken der Position der anderen Parteien in Bezug auf seine Partei erklärt er mit der wachsenden Bedeutung der AfD.

Porträt von Heiner Garbe
Heiner Garbe, OB-Kandidat der AfD © Stephan Schuetze

Die meisten Umfragen sehen die AfD bundesweit derzeit dicht hinter der CDU als zweitstärkste Partei, teils auch gleichauf oder sogar als stärkste Partei. Gleichzeitig stufte der Verfassungsschutz die AfD am Freitag (2.5) als „gesichert rechtsextremistisch“ ein und nicht mehr wie bisher nur als „Verdachtsfall“.

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