„Die sagen alle, wenn sich das nicht ändert, dann kommen wir nicht mehr“, sagt Martin Matzke. Er berichtet von der derzeitigen Situation der ehrenamtlichen Mitarbeiter im „Gast-Haus statt Bank“ in der Rheinischen Straße 22 in der Dortmunder Innenstadt. Der Verein bietet Obdachlosen und Bedürftigen 365 Tage im Jahr eine kostenlose Mahlzeit. Der 72-Jährige ist selbst ehrenamtlich Teil des Teams.
Probleme bereiten den vielen ehrenamtlichen Helfern die seit Sommer gestiegenen Parkgebühren an den Parkautomaten der umliegenden Straßen. Bis Juli 2023 lagen diese bei 50 Cent die Stunde - seit dem ersten August wird jetzt sogar die dreifache Summe verlangt. So kosten 60 Minuten Parken mittlerweile 1,50 Euro.
„Ich zahle, wenn ich zweimal in der Woche im Gast-Haus helfen gehe, monatlich ungefähr 45 Euro bis 50 Euro“, rechnet Matzke vor, der für etwa 40 Stunden im Monat helfen kommt. „Ich kann ja auch nicht irgendwo hinten am Krankenhaus parken und so weit laufen“, meint der 72-Jährige.
Aufgrund der hohen Kosten fährt Matzke die Strecke häufiger mit dem Motorroller. „Das dauert 20 Minuten von Aplerbeck bis hierhin.“ In der kalten Jahreszeit möchte er das aber nicht machen. „Wenn die Straßen glatt sind, ist es mir mit dem Roller zu gefährlich.“
„Straßenbahn fahren ist zu beschwerlich“
Zehn Jahre ist Matzke schon Teil des „Gast-Haus“-Teams. Ihm mache die Arbeit Spaß. „Mir geht es als Rentner gut und ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben“, sagt er. „Das klingt wie ein Klischee, aber es ist so.“ Deshalb möchte er dem Verein als Helfer eigentlich weiterhin erhalten bleiben. „Ich würde das gerne noch machen, so lange ich kann. Vielleicht noch zwei oder drei Jahre“, überlegt er.
Die Parksituation belastet den Rentner aber. „Wenn sich das nicht ändert, dann höre ich auf“, sagt er. „Das habe ich auch meiner Chefin so schon gesagt.“
Einigen anderen Mitarbeitern ginge es ähnlich. „Die meisten der Helfer sind Rentner. Einige sind über 80“, erklärt Matzke, der selbst seit zehn Jahren in Rente ist. „Die können noch hier arbeiten. Die Arbeit ist auch nicht anstrengend. Straßenbahn fahren ist ihnen dann aber doch zu beschwerlich.“
Bislang keine Lösung
Einen großen Teil ihrer Rente für die Parkgebühren auszugeben, sei auf Dauer aber auch nicht tragbar. „Eine Kollegin sagt: ich spar‘ Zuhause und hier schmeiße ich mein Geld weg - und nicht alle haben eine gute Rente", erklärt Matzke.
„Das ärgerliche ist, dass wir umsonst arbeiten, aber hier noch Geld mitbringen müssen.“ An die Stadt Dortmund hat sich der Verein bereits gewandt. Eine Lösung konnte aber nicht gefunden werden.
Kostenloses Parken für Ehrenamtler? Stadt Dortmund erteilt Absage
„Jeder Mensch, der sich in unserer Stadt ehrenamtlich engagiert, ist ein riesiger Gewinn für die gesamte Stadtgesellschaft“, teilt die Pressestelle der Stadt mit.
„Ehrenamt lebt durch die investierte Zeit und Energie der Helferinnen und Helfer. Von daher ist der Wunsch, als ehrenamtlicher Mitarbeiter am Einsatzort kostenfrei zu parken, verständlich und nachvollziehbar. Jedoch kann die Stadt Dortmund diesem Wunsch nicht nachgekommen.“
Zwei Ideen habe das Team „Gast-Haus“ der Stadt vorgeschlagen. Die erste war, eigene Parkmöglichkeiten an einer „Lieferzone“ auf der Friedrichstraße für die ehrenamtlichen Mitarbeiter zu schaffen.

„Der Querschnitt der Friedrichstraße gibt es nicht her, im Bereich der Einmündung Parkflächen zu kennzeichnen. Die Straße ist zu eng", so die Pressestelle der Stadt.
Der zweite Vorschlag des Vereins waren Parkausweise für das kostenlose Parken während der Arbeitszeit. „Einfach ein Zettel mit einem Stempel vom Ordnungsamt, dass wir dann nichts zahlen müssen“, erklärt Matzke die Idee.
Für die Stadt sei aber auch das nicht so leicht umsetzbar, denn die Verkehrsordnung lasse eine solche Sonderreglung nicht zu.
„Zum anderen kann die Stadt diesem Wunsch nicht nachkommen, weil sie im Sinne der Gleichbehandlung dann allen ehrenamtlich tätigen Menschen in dieser Stadt eine vergleichbare Lösung anbieten müsste. Das ist nicht umsetzbar“, heißt es aus der städtischen Pressestelle.
Acht bis zwölf Helfer pro Schicht
Martin Matzke hilft an zwei Wochentagen dabei, das Frühstück vorzubereiten. Von 6 Uhr morgens bis 11 Uhr sei der Rentner fest eingespannt, sagt er.
„Ich schneide immer Wurst und Käse“, erklärt er. „Jeden Montag 40-45 Kilo Käse. Anfang des Monats sind es vielleicht nur 30 Kilo“, so Matzke. „Am Monatsanfang brauchen wir immer weniger Essen. Da haben viele noch zwei, drei Euro für eine Pommes übrig“, sagt er. „Dann wird lieber so etwas gegessen. Statt immer nur bei uns die Stulle.“
Jeden Morgen gibt es im „Gast-Haus“ ein kostenloses Frühstück für Bedürftige. „Manchmal gibt es Nachmittags auch Suppe“, erklärt Matzke. „Verschiedene Restaurants machen das kostenlos und wir müssen die nur abholen.“
Zu jeder Schicht werden im „Gast-Haus" acht bis zwölf Helfer benötigt. „Viele kommen hier hin und geben Spenden ab und sagen wie toll sie das finden, dass wir das hier machen.“ Damit das in Zukunft so bleibt, hofft Martin Matzke weiter auf eine Lösung des Parkproblems.
- „Das Gast-Haus ist eine Initiative, die in Dortmund für Obdachlose, Wohnungslose und Menschen an der Armutsgrenze gastlichen Raum anbietet, aus dem diese nicht vertrieben werden, sondern vielmehr willkommen sind“, heißt es auf der Internetseite des Vereins
- Telefonisch ist der Verein unter 0231-140936 zu erreichen
- Wer mit ehrenamtlicher Arbeit oder Spenden helfen will, findet alle Informationen unter www.gast-haus.org
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