Es ist ein grauer Nachmittag im Oktober im Schatten des Gesundheitsamts. Am Haupteingang des Café Kick ist durchgängig Betrieb. Ständig passieren Menschen das breite Tor in der Backsteinmauer auf dem Weg in den größten Drogenkonsumraum Deutschlands.
Entlang der kurzen Straße vor der Drogenhilfe-Einrichtung steht, auf mehrere Grüppchen verteilt, ein gutes Dutzend Menschen. Drei Männer und eine Frau hängen vor der zugewucherten Brachfläche am Kreisverkehr vor der Thier-Galerie ab. Aus dem Dickicht in ihrem Rücken sind Stimmen zu hören, immer wieder steigen Menschen durch ein Loch im Bauzaun. Dahinter ist ein breiter Trampelpfad zu sehen, an den Seiten gespickt mit Unrat und Müll.
Auf der anderen Straßenseite, an einer Hecke am Gesundheitsamt an der Martinstraße, zünden sich zwei Männer eine Crackpfeife an. Ein paar Meter weiter fummelt ein sichtlich verwahrloster Mann seit mehreren Minuten mit großem Eifer in einem Gully-Gitter an der Bordsteinkante herum. Schließlich fischt er eine silberne Kette zwischen den Gitterstäben hervor. „Vielleicht bekomm‘ ich was dafür“, sagt er und läuft schnell weg.

Seit fast fünf Jahren liegt das „Café Kick“ am Grafenhof, einer unscheinbaren Straße in der südwestlichen Ecke der Dortmunder City. Das soll sich bald ändern: Der Drogenkonsumraum soll nach dem Willen der Stadtverwaltung und der Ratsmehrheit umziehen.
Doch die Suche nach einem neuen Standort ist schwierig. Sie läuft bereits seit Anfang des Jahres, über 100 Standorte habe die Verwaltung bisher geprüft, sagte Oberbürgermeister Thomas Westphal vor kurzem.
Was bedeutet es für eine Nachbarschaft, wenn sich ein Drogenkonsumraum in ihrer Mitte ansiedelt? Wir haben uns in den vergangenen Wochen vor Ort umgesehen und mit aktuellen und ehemaligen Anwohnern und Anliegern des „Café Kick“ gesprochen, ebenso mit den Betreibern der Einrichtung, Polizei und Ordnungsamt.
Unsere Recherche zeigt das ganze Dilemma des „Café Kick“: Denn obwohl es unter Experten unstrittig ist, wie wichtig die Drogenhilfe-Einrichtung ist im Kampf gegen eine offene Drogenszene in der Dortmunder Innenstadt, ist sie alles andere als ein beliebter Nachbar.
An der Haustür eines Wohnhauses direkt gegenüber des Café-Kick-Eingangs prangt ein Zettel in etwas vergilbtem Rot: „VERBOT!!“, steht dort in Großbuchstaben. „Der Aufenthalt in diesem Eingangsbereich ist strengstens untersagt. Es handelt sich um PRIVATBESITZ!! Bei Zuwiderhandlung wird die Polizei informiert, ein Platzverbot ausgesprochen und Anzeige erstattet.“
Es ist die letzte Spur, die am Grafenhof an das Wirken von Rossi Bumann erinnert. „Ach verrückt, das hängt ja immer noch da!“, sagt sie bei unserem Treffen am Haus. Die heute 52 Jahre alte Dortmunderin gehörte 2020, als der Drogenkonsumraum vom Eisenmarkt an den Grafenhof umzog, schnell zu den lautesten Kritikern der Zustände in der Straße.

Heute wohnt die Dortmunderin im Kaiserviertel. Ende August 2021 verließ sie den Grafenhof, nachdem sie dort rund zehn Jahre gewohnt hatte. „Ich wäre nie weggezogen, wenn das Café Kick nicht gekommen wäre“, sagt sie heute. „Wir hatten eine tolle Hausgemeinschaft, organisierten Nachbarschaftsfeste im Innenhof, machten uns Nikolausgeschenke untereinander.“
Bumann schätzte die Ruhe in der Straße trotz der zentralen Lage – „bis die Jungs kamen“, wie sie die Drogensüchtigen nennt. „Als das Café Kick hier aufmachte, ging es sofort los mit der Dealerei“, erinnert sie sich. „Es war megalaut, es gab immer Theater und Schlägereien.“
Sie führte Protokoll über alle Vorfälle, rief regelmäßig Polizei und Ordnungsamt, beklagte bei Radio 91.2 die Zustände rund ums Café Kick. „Es hat mich belastet, nach Hause zu kommen und dann diesem Ansprechen und Anbetteln ausgesetzt zu sein, das Dealen und das Suchen nach Drogen auf der Straße anzusehen.“ Nach anderthalb Jahren hatte sie genug, sie ging: „Ich habe bei meinem Auszug geweint, es war so toll hier.“

Schön fand es hier auch Merita Mecanovci, als sie im April 2019 in das Wohnhaus von Bumann zog. Ihr erster Sohn war damals ein Jahr alt, mit ihrem zweiten Sohn war sie schwanger. Drei Zimmer mit Küche, Diele und Bad, rund 80 Quadratmeter Platz, zum Hinterhof raus.
„Die Wohnung war für mich perfekt“, erinnert sich die heute 38-Jährige. „Sie lag zwar im dritten Stock, aber das habe ich in Kauf genommen. Ich bin ein Stadtmensch. Vorher hatten wir in Hombruch gewohnt, aber da war es mir zu ruhig, ich wollte unbedingt zurück in die Stadt.“ Dass ihr Mann in der Thier-Galerie nebenan arbeitet, machte die Lage noch besser.
„Wir hatten jeden Tag Probleme“
Die Baustelle auf dem alten Parkplatz gegenüber nahmen die Mecanovcis anfangs nur am Rande wahr. „Ich habe mir schon gedacht: ‚Was bauen die da?‘, aber mehr auch nicht“, sagt Merita Mecanovci. Das änderte sich, als sie zu einer Infoveranstaltung der Stadt für Anwohner eingeladen wurden. Mecanovci war skeptisch, aber noch abwartend: „Als sie eröffnet haben, haben sie uns versprochen, dass wir vom Drogenkonsumraum kaum was mitbekommen“, erinnert sie sich.
Doch diese Hoffnung zerschlug sich schnell: „Wir hatten jeden Tag Probleme“, erzählt Mecanovci. „Das Treppenhaus hat gestunken, die Leute haben vor unserer Haustür übernachtet. Ich wurde belästigt und bedroht, nur weil ich gesagt hab: ‚Entschuldigung, ich will hier durch.‘“ Sie habe ihr Auto nicht mehr vor dem Haus geparkt, weil es „total verkratzt“ worden sei. Unter ihm hätten oft Spritzen gelegen.
„Mama, die Zombies kommen“
Ein Vorfall hat sich besonders in Mecanovcis Kopf eingebrannt: „Eine Frau hatte ihre Periode. Sie zog sich vor meinen Kindern aus, wischte das Blut zwischen ihren Beinen mit ihren Händen ab und beschmierte damit die Hauswand neben ihr. Dann hat sie sich hingehockt und auf dem Bürgersteig einen Haufen gemacht. Danach hat sie sich angezogen und ist weitergegangen, als ob nichts gewesen wäre.“ Wenn sie später Drogenabhängige in ihrer Straße sahen, sagte ihr älterer Sohn: „Mama, die Zombies kommen.“
Als die Corona-Pandemie abebbte, fielen Mecanovci das erste Mal die Crack-Süchtigen massiv auf. „Vorher haben die Leute hier eher versteckt ihre Spritzen genommen – die Crack-Süchtigen kümmerte das nicht. Da standen manchmal 20 Leute auf der Straße, die Crack rauchten und dealten. Das war ganz normal.“
Bei gutem Wetter seien manchmal „locker 100 Menschen“ im Umfeld des Café Kick unterwegs gewesen. „Wenn die Polizei oder das Ordnungsamt kam, schrien sie ‚Versteckt euch!‘, und alle waren weg. Danach tauchten sie schnell wieder auf.“

Im Juni 2023 zogen die Mecanovcis aus. Der letzte Auslöser sei ein Vorfall an der Haustür gewesen, erzählt Merita Mecanovci: „Ein Typ saß auf unserer Treppe. Als ich auf ihn zukam, stand er auf, ging mit ausgestreckten Armen auf mich zu und schrie: ‚Ich bring dich um!‘ Ich dachte, er wollte mich packen.“ Sie stürmte an ihm vorbei und schlug die Tür zu. „Ich war am Zittern und hab‘ geweint.“ Sie rief die Polizei, die erteilte dem Mann einen Platzverweis. Für Mecanovci war klar: „Ich muss hier so schnell wie möglich weg, ich muss meine Kinder beschützen.“
Heute wohnt die vierköpfige Familie in Wellinghofen. „Wir haben eine riesige Wohnung und einen riesigen Garten, aber mir fehlt meine Stadt“, sagt Mecanovci. Doch im Moment könne sie sich nicht vorstellen, zurück ins Zentrum zu ziehen. „Ich habe zu viel Angst.“
„Der Stoff ist besser und günstiger“
An einer halbwegs windgeschützten Ecke am Ende der Backsteinmauer des Café-Kick-Geländes wechseln ein paar Krümel Crack den Besitzer. Thorsten hat sie gekauft, für 8 Euro. Der 51-Jährige aus Hamm ist seit vier Monaten in Dortmund, er sammelt hier Flaschen und bettelt. „Ich komme hierher, weil der Stoff besser und günstiger ist“, sagt er, während er mit seinen Händen die kleinen weißen Klümpchen vor dem Wind schützt.
Zweimal pro Tag nehme er Heroin, dazwischen rauche er drei- bis viermal Crack. „Es gibt mir Energie, durchzuhalten“, sagt er. Dass sich Anwohner an ihm und den anderen Drogen-Abhängigen stören, kann er verstehen. „Das ist bestimmt nicht schön für die“, sagt er. Dann entschuldigt er sich: Er wolle jetzt das Crack rauchen. Nach einer höflichen Verabschiedung dreht er sich um und geht in Richtung Café Kick.

Früher, sagt die Eigentümerin einer Immobilie im Umfeld des Drogenkonsumraums, sei die Gegend eine „gute städtische Wohnlage“ gewesen. Der Familie der Frau, die ihren Namen nicht in der Öffentlichkeit lesen will, gehört schon „seit ewig“ ein Wohnhaus im Quartier. „Die Situation rund um den Grafenhof hat sich extrem verschlechtert. Durch das Café Kick ist die Lage minderwertig geworden.“
Das merkt die Hauseigentümerin bei jeder neuen Vermietung. „Wir brauchen im Schnitt inzwischen einen Monat, um einen neuen Mieter zu finden. Früher hatten wir meist direkt einen Anschlussmieter.“ Zwar sei jede ihrer zehn Wohnungen aktuell vermietet, aber die Fluktuation sei größer geworden: Zehn Mieterwechsel gab es in den vergangenen drei Jahren. „Wir hatten mehrere Mieter in der Zeit, die ein- und kurzfristig wieder ausgezogen sind.“
Sie habe auch mit dem Gedanken gespielt, das Gebäude zu verkaufen, aber: „Ich würde bedeutend weniger dafür bekommen als noch früher.“
Sicherheitsmänner sorgen für Ordnung
Ein großer Mann mit schwarzen Locken und gelber Warnweste ist die ganze Zeit auf dem Grafenhof unterwegs. Er ist einer von zwei Sicherheitsleuten, die während der Öffnungszeiten des Café Kick vor Ort sind. Der Mann wirkt fast wie eine Pausenhofaufsicht, nur dass er eben mit Drogensüchtigen anstatt mit Schülern zu tun hat. Als es zwischen zwei Männern etwas lauter wird, geht er hin, redet mit ihnen und beruhigt die Situation schnell. Man kennt sich.
Ein Mann in schwarz-rot karierter Jacke kommt auf ihn zu, begrüßt ihn mit Handschlag. Auf den ersten Blick sieht er eher aus wie jemand, der neben einem in der Sparkasse sitzen könnte und auf seinen Beratungstermin wartet. Ob der Sicherheitsmann kurz zwei Minuten für ihn habe, sagt er nervös. Er mache jetzt eine „Entgiftung“, ob man nochmal über das Hausverbot sprechen könne?
Wie der Sicherheitsdienst arbeitet, bekomme ich auch ganz direkt mit. Als ich mich kurz auf die Vortreppe von Mecanovcis und Bumanns altem Haus setze, um mir ein paar Notizen zu machen, kommt der Kollege des Mannes mit den Locken vom Drogenkonsumraum-Eingang rüber und bittet mich freundlich, aufzustehen. Auf der Treppe dürfe niemand sitzen, das sei so mit dem Hauseigentümer abgesprochen.
Der Betreiber des Drogenkonsumraums, die Aidshilfe, versucht schon lange, das Umfeld zu entlasten. Verschiedene Anwohner und Anlieger berichten, dass die Drogensüchtigen seit der Öffnungszeiten-Verlängerung des „Café Kick“ im November zwar länger am Grafenhof seien als vorher, der Sicherheitsdienst aber auch konsequenter auf der Straße präsent sei.
Darüber hinaus hat die Aidshilfe seit 2022 mehrere Umfeldmanager eingestellt. „Diese gehen direkt auf die Drogenkonsumenten zu und versuchen zu deeskalieren und den Handel zu unterbinden und bemühen sich, die Leute ins Café Kick zu leiten“, sagt Petrikirchen-Pfarrerin Christel Schürmann, die eine von drei ehrenamtlichen Vorständen der Aidshilfe ist.

Ihr Vorstands-Kollege Michael Mantell kann den Ärger der Anwohner über die Situation rund um das Café Kick nachvollziehen: „Das ist eine Riesenbelastung für das Umfeld.“ Das habe vor allem mit der stark gestiegenen Zahl der Crack-Konsumenten zu tun, die bedeutend häufiger zum Konsumraum kommen als Heroin-Süchtige. „Die stehen nach spätestens drei Stunden wieder bei uns, dafür reichen unsere Kapazitäten nicht mehr.“
Über 80.000 Mal wurden im vergangenen Jahr an den 23 Konsumplätzen des „Café Kick“ Drogen genommen, von insgesamt rund 1000 Menschen. Für dieses Jahr gehe man von doppelt so vielen Konsumvorgängen aus, hieß es im Frühling im Zuge der Veröffentlichung des Jahresberichts der Einrichtung für 2023. Das hängt vor allem mit der deutlichen Erweiterung der Öffnungszeiten zusammen, die seit November gilt.
Gerade wegen dieser enormen Zahlen sei das Café Kick aber ein „Teil der Lösung und nicht das Ur-Problem“, sagt Apotheker Mantell, der in Hörde die Stifts-Apotheke führt. Denn jeder Konsumvorgang, der im Drogenkonsumraum passiere, würde nicht auf offener Straße geschehen. Insofern sei das Café Kick eine große Entlastung für die gesamte Dortmunder Innenstadt – nur eben leider nicht für das unmittelbare Umfeld.

Vor einem Gebäude am Eingang des Grafenhofs an der Ecke zum Wall stehen ein paar Männer, die nichts mit der Drogenszene zu tun haben. Sie machen gerade Pause, gleich geht ihr Meeting weiter. Sie arbeiten bei der IT-Consulting-Firma Codecentric, die hier seit 2015 ihren Sitz hat. „Wir waren mal gerne hier“, erzählt Standortleiter Carsten Kentschke. „Früher haben wir bei gutem Wetter die Tische rausgestellt und draußen Mittag gemacht. Jetzt sind Sie froh, wenn Sie wieder drin sind.“
Der Besprechungsraum von Codecentric liegt im Erdgeschoss – ein Glaskasten mit bodentiefen, durchgängigen Schaufenstern an beiden Außenseiten. Die Mitarbeiter haben also einen Logenplatz mit Blick auf den Eingang des Grafenhofs. „Das Bild der Straße hat sich geändert“, sagt einer von ihnen. „Man sieht häufig Drogenabhängige, einer hat mal an die Tür geschissen. Wir haben auch Prügeleien erlebt.“
Das Umfeld am Grafenhof sei inzwischen „extremst unangenehm“, sagt Kentschke. „Letztens kam ich mit dem Auto, da lag eine junge Frau regungslos mitten in der Einfahrt zur Tiefgarage.“ Sie sei glücklicherweise nicht tot gewesen, sondern „nur“ im Drogenrausch. Auch werde ab und an von Drogenabhängigen gegen die Scheiben des Glaskastens getreten. „Das ist für uns nicht mehr tragbar“, sagt Kentschke, „wir müssen hier weg.“ Der Abschied von Codecentric vom Grafenhof ist schon beschlossene Sache.
Während wir reden, läuft auf dem Bürgersteig gegenüber eine Ordnungsamt-Streife in den Grafenhof hinein. Das Ordnungsamt sehe er zwar häufiger hier als die Polizei, sagt Kentschke, aber immer noch nicht oft genug. „Aus meiner Sicht ist hier eine Dauerpräsenz nötig.“
Straftaten haben sich mehr als vervierfacht
Seit dem Umzug des „Café Kick“ an seinen heutigen Standort verzeichnet die Polizei mehr Straftaten im Grafenhof und der Martinstraße. Waren es 2019 noch 12 Straftaten, lag ihre Zahl 2020 mehr als viermal höher, bei 52. Vergangenes Jahr waren es 77 Straftaten.
Einen großen Anteil an diesem Anstieg haben dabei Straftaten mit „Drogenkontext“, also beispielsweise der illegale Besitz oder Handel von Drogen. Gab es in den drei Jahren vor dem Umzug insgesamt lediglich zwei solcher Straftaten insgesamt, waren es in den Jahren seit dem Café-Kick-Umzug immer mindestens 16 Straftaten - pro Jahr. Die meisten Straftaten mit Drogenbezug gab es 2023 mit 31. Somit lag der Anteil der Drogen-Straftaten an den Gesamtstraftaten im vergangenen Jahr bei rund 40 Prozent.
Das Ordnungsamt bestreife täglich das Umfeld des Drogenkonsumraums, heißt es auf Anfrage von der Stadt. Man befinde sich „im regelmäßigen Austausch“ mit Händlern, Anwohnern und Bürgern, die sich mit Beschwerden zu Ordnungsstörungen melden - „auf diese wird so schnell wie möglich reagiert“.
Insgesamt stellten Kräfte des Ordnungsamts seit Anfang 2022 fast 2800 Ordnungswidrigkeiten im Grafenhof und in der Martinstraße fest, die mit Abstand meisten wegen Drogenkonsums in der Öffentlichkeit (1607 Fälle) oder seiner Vorbereitung (393). 73 Mal wurde das „Verrichten der Notdurft auf Straßen oder in Anlagen“ geahndet.

Seit Juli 2023 verfolgt die Polizei Dortmund ein neues Konzept in der City und der Nordstadt. Man habe „so viele Präsenzkräfte im öffentlichen Raum, wie nie zuvor“, sagt Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange auf Anfrage unserer Redaktion, auch rund um den Drogenkonsumraum.
Durch die verstärkte Präsenz wolle man die Straßen-, Gewalt- und insbesondere auch die Rauschgiftkriminalität bekämpfen, um das Sicherheitsgefühl der Dortmunderinnen und Dortmunder zu erhöhen, heißt es in der Stellungnahme.
Dazu kam im September noch ein Sonderstab mit der Stadt Dortmund speziell zum Umgang mit den Drogenproblemen in der City. Erklärtes Ziel ist, die Drogensüchtigen aus dem Rest der Innenstadt in Richtung des Drogenkonsumraums zu verdrängen, was auch funktioniere, wie Lange und Oberbürgermeister Westphal Anfang Oktober in einer gemeinsamen Pressekonferenz betonten.
„Klar ist aber auch“, betont Lange: „Wir bekämpfen Kriminalität, nicht Menschen, denen es schlecht geht. Wir haben zu Recht keine Befugnisse, den Aufenthalt von Menschen in Dortmund, die von einigen als störend empfunden werden, zu unterbinden. Es ist eher eine Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft, diese Menschen mit ihren Problemen nicht alleine zu lassen.“
„Die Leute sind krank - aber bitte nicht hier!“
Dass bei dieser Aufgabe ein Drogenkonsumraum enorm hilft, hat keiner der Gesprächspartner während dieser Recherche bezweifelt. Alle haben aber eine entscheidende Einschränkung. Ex-Anwohnerin Rossi Bumann bringt sie auf den Punkt: „Ich verstehe: Die Leute sind krank - aber bitte nicht hier!“
Stadtverwaltung und Politik müssen nun einen passenden anderen Standort für das „Café Kick“ finden, ebenso für zwei kleinere Konsumorte, die den großen Drogenkonsumraum entlasten sollen. Sie sind bei dieser Suche nicht zu beneiden.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 17. Oktober.