Der aktuelle Standort des Drogenkonsumraums am Grafenhof in der Nachbarschaft der Thier-Galerie und in unmittelbarer Nähe des Westenhellwegs steht seit mehreren Monaten in der Kritik. Auch Oberbürgermeister Thomas Westphal hatte im vergangenen Jahr infrage gestellt, ob der Standort für das Café Kick geeignet sei. Am Dienstag (30.1.) hatte der OB dann den Plan vorgestellt, der ein Ende an der aktuellen Örtlichkeit vorsieht.
Neben einem Ersatz fürs Café Kick sollen zwei weitere Konsumräume zusätzlich errichtet werden. Die Errichtung der neuen Standorte sei perspektivisch und solle möglichst in den Innenstadtbezirken Nord, West und Ost geschaffen werden. An den neuen Plänen gibt es von verschiedenen Akteuren auch Kritik.
Willehad Rensmann, Geschäftsführer der Aidshilfe, die hinter dem Drogenkonsumraum steht, gibt sich auf Nachfrage zu den Plänen aber diplomatisch: „Der OB hat seit einem Jahr nichts anderes gesagt, insofern ist es keine Überraschung für uns. Wir wollten nie eine Verlegung des Standortes. Solange ein neuer Standort aber niederschwellig erreichbar ist, sind wir offen für Veränderungen“, sagt Rensmann.
„Wir sind da pragmatisch“
„Wir sind in die Weiterentwicklung des Drogenhilfesystems eingebunden, unsere Vorschläge, möglichst zielgruppenspezifisch zu agieren und niederschwellige, auch dezentrale Angeboten zu schaffen, sehen wir in den Plänen gegeben.“ Das bewerte er als positiv, sagt Rensmann.

„Wir sind da pragmatisch. Wenn es einen anderen Standort gibt, der gut erreichbar ist und für unsere Klientel problemloser ist, gehen wir da mit“, sagt der Geschäftsführer auch mit Blick auf die anhaltende Kritik am Standort am Grafenhof. „Wir brauchen die Beschwerden der Anwohner nicht.“
Rensmann glaubt aber, dass es nicht leicht werden wird, einen geeigneten Standort zu finden, der die Kriterien der Suchthilfe erfüllt und gleichzeitig vom Umfeld akzeptiert wird. „Bei der Suche sollte man alle gesellschaftlich relevanten Gruppen einbeziehen.“ Beim Leiter der Aidshilfe ist aber auch herauszuhören, dass das dauern dürfte.
Es liege auf der Hand, dass „wir ein Riesen-Problem bekommen, wenn wir keine Angebote in Innenstadtnähe schaffen und uns einseitig auf Repression fokussieren“, sagt Rensmann.
Grüne sehen „Licht und Schatten“
Aus Sicht der Grünen-Ratsfraktion enthält das Konzeptpapier der Verwaltung „Licht und Schatten“. Ulrich Langhorst, Ratsmitglied der Grünen und Vorsitzender des Sozialausschusses, befürwortet die Schaffung zusätzlicher Orte und Räume in den Innenstadtbezirken für den gezielten Drogenkonsum von Süchtigen.
Unzufrieden sind die Grünen mit der Entscheidung, einen neuen Standort für den bisherigen Drogenkonsumraum am Grafenhof zu suchen. „Die Hilfe muss dahin, wo sich die suchtkranken Menschen aufhalten - sonst nutzt sie nichts. Und das ist nun mal die City“, sagt Langhorst.
Aus Sicht der Grünen hätte man mit einer Entscheidung zum Drogenkonsumraum noch warten müssen. Die Öffnungszeiten seien erst im November ausgeweitet worden. „Aber eine genaue Analyse und Bewertung ist hier anscheinend nicht gewünscht - weder von der Mehrheit der anderen Fraktionen, noch von der Verwaltung“, sagt Langhorst. „Unabdingbar“ sei, dass jeder andere Standort, die Kriterien des jetzigen erfüllen müsse. Und der müsse „erst einmal gefunden werden“.
Tobias Heitmann, Vorsitzender der Händlervereinigung Cityring, hatte die Pläne der Verwaltung bereits am Dienstag als positiv aufgenommen. „Das ist das, was wir immer gefordert haben“, sagte Heitmann nach Bekanntwerden der Pläne.
Er plädierte für eine „schnelle Umsetzung“. Und dafür, dass sich die Ratsfraktionen den Vorschlägen anschließen und „sich für die Akteure in der Innenstadt und die Kunden einsetzen“.
„Diese Menschen brauchen Hilfe“
„Wir finden es gut, dass der Oberbürgermeister die Erweiterung der Übernachtungsangebote zur Chefsache gemacht hat“, sagen Christiane Tenbensel und Fatma Karacakurtoglu, die die Fraktion „Die Linke+“ im Sozialausschuss vertreten. Man habe keinerlei Einwände gegen weitere Drogenkonsumräume in anderen Stadtteilen. „Aber die Ankündigung, dass der Drogenkonsumraum an der Thier-Galerie verlegt werden soll, macht uns Sorgen.“
„Sollte der Oberbürgermeister bessere und größere Räume an mindestens genauso prominenter Stelle wie dem Grafenhof anbieten, werden wir uns sicher einem Umzug nicht in den Weg stellen“, sagt Christiane Tenbensel. Bei einem Umzug an einen vermeintlich diskreteren, also abgelegeneren Ort werde die Fraktion „Die Linke+“ allerdings öffentlich protestieren.
Man verstehe, dass Händler und Besucher der City ein Problem mit aggressivem Betteln, öffentlichem Dealen oder schmutzigen Schlafplätzen haben. Aber: Die Drogensüchtigen würden nicht einfach verschwinden, weil sie in den Augen von Kritikern nicht ins Stadtbild passen. „Diese Menschen brauchen Hilfe und auch Betreuung“, sagt Tenbensel.
Wohnungslosen-Initiative ist „schockiert“
Die Wohnungslosen-Initiative „Schlafen statt Strafen“ zeigt sich in einer Pressemitteilung „schockiert von der Entscheidung der Stadtverwaltung“. Für sie wird das in diesem Bereich „sehr gut funktionierende Suchthilfekonzept durch vorschnellen Aktionismus und auf Druck von Lobbyverbänden“ demontiert.
Sprecherin Anna Flaake sagt: „Uns ist es völlig unverständlich, wie Herr Westphal in einem Atemzug den großen Erfolg des Konsumraums nennen kann und im nächsten Moment dessen Ende in der City verkündet.“ Für die Initiative ist der Einfluss Innenstadthändler auf diese Entscheidung, die nichts mit einer vorausschauenden Drogenpolitik zu tun habe, offensichtlich.

Sie sieht nicht das Ziel, suchtkranken Menschen zu helfen, sondern „unliebsame Menschen“ zu verdrängen. „Wir hoffen sehr, dass der Rat diesem undurchdachten Plan Einhalt gebietet“, sagt Anna Flaake.
Neue Übernachtungsmöglichkeit
Gleichzeitig begrüßt „Schlafen statt Strafen“ ausdrücklich die Ankündigung, zwei zusätzliche Konsumräume und eine neue, niedrigschwellige Übernachtungsmöglichkeit zu schaffen. „Allerdings kann es nicht sein, dass dafür der bestehende Konsumraum geschlossen wird.“
Bisher gebe es wenig außer der Ankündigung; Standorte, Zugänge und Zeitplanungen seien unklar, heißt es von Bodo. „Was es braucht, sind Einrichtungen, die den Anspruch, niedrigschwellig zu sein, ernst nehmen: zentral und innenstadtnah, barrierefrei, mit Zugang für alle, die ihn brauchen, und an den Bedürfnissen der Betroffenen ausgerichtet“, sagt Lutz Rutkowski, Leiter der Sozialarbeit bei Bodo. „Besonders jetzt im Winter wären passende Unterbringungsmöglichkeiten wichtig.“
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