Im Februar erteilte die Politik der Stadtverwaltung eine klare Aufgabe: Sie sollte Geringverdienern in Dortmund ein verbilligtes Sozialticket für Busse und Bahnen anbieten. Anlass war die bevorstehende Einführung des „Deutschland-Tickets“ für 49 Euro (viele Berufstätigte zahlen inklusive Rabatt sogar nur 34,30 Euro.)
Parallel dazu, so die Überlegungen der Politik, sollten auch die Preise für Sozialticket sinken. Das kostet bislang 41,20 Euro als Monatskarte und 36,22 Euro als Abo.
Konsequenz: Der Rat forderte die Stadtverwaltung auf, eine „Dortmunder Lösung“ zu finden. Zumindest solange, bis eine bundes- oder NRW-weite Variante des Sozialtickets zur Verfügung stehe. Demnach sollte das Dortmunder Sozialticket („Mein Ticket“) auf Wunsch des Rates auf 29 Euro herabgesetzt und Anfang Juli des laufenden Jahres 2023 eingeführt werden. Was bislang aber nicht geschehen ist. Der Auftrag des Rates hat weder in der Verwaltung noch bei DSW21 Begeisterung ausgelöst.
Alternativvorschlag der Verwaltung
Im Mai kam die Verwaltung plötzlich mit einem Alternativ-Vorschlag um die Ecke. Tenor: Statt für 29 Euro sollte das Ticket für 36 Euro verkauft und obendrein erst nach den Sommerferien angeboten werden. Bei der Politik biss die Verwaltung damit auf Granit: Sie zog ihren Vorschlag noch vor einer Beratung in den Gremien sang- und klanglos zurück.
Jetzt könnte der gordische Knoten endlich durchschlagen sein: Am Dienstag (4.7.) setzten sich Vertreter aus Ratsfraktionen, Verwaltung und DSW21 an einen Tisch, um den Ratsbeschluss umzusetzen. Das Ergebnis der Runde: Das Sozialticket für 29 Euro soll nun doch kommen. Ab August.
Gelten soll es allerdings zunächst nur vier Monate, bis Ende November. Im Dezember könnte der Preis schon wieder steigen – ab dann soll es ein NRW-weites Sozialticket („Deutschlandticket Fair“) 39 Euro geben.
Die Stadt muss sich erklären
Die Dortmunder Lösung hat aber noch einen Pferdefuß: Die Stadt muss gegenüber DSW21 sicherstellen, dass sie den Verkehrsbetrieben die Differenz zwischen dem neuen Preis (29 Euro) und dem bisherigen Monatspreis (eben 41,20 Euro) erstattet.
Und zwar ohne einen Nachweis, ob die Fahrgäste, die sich das Ticket am Automaten ziehen, tatsächlich berechtigt sind, verbilligt in Bus und Bahn zu steigen. „Wir haben diese Kundendaten nicht“, sagt DSW21- Marketingleiter Heinz Pohlmann. „Wir haben nur die Daten der Abo-Kunden.“
Die machen aber lediglich 16 Prozent der Sozialticket-Fahrer aus (2.300). Der weitaus größte Teil besorgt sich die Monatskarte am Automaten und wird eben nicht erfasst. „Für uns muss gewährleistet sein, dass die Stadt später bei der Abrechnung auf die Nachweispflicht verzichtet und unseren Verkaufszahlen glaubt“, sagt Pohlmann mit Blick auf die städtischen Rechnungsprüfer. „Sonst können wir das nicht.“ Bis Freitag, 14.7., soll die entsprechende Erklärung der Stadt da sein.

Die SPD scheint mit der Lösung leben zu können. „Das war uns mit Blick auf den sozialen Charakter des Tickets sehr wichtig“, betont Fraktions-Vize und Finanzsprecher Fabian Erstfeld. „Wir wollen diese Brücke bis Dezember haben und begrüßen, dass es jetzt an die Umsetzung geht.“ Ob das Angebot für ein 29 Euro-Ticket in Dortmund auch über November hinaus im kommenden Jahr gelten solle, bleibt aktuell offen. „Darüber wird zu reden sein“, so Erstfeld.
Bleibt das Billig-Ticket 2024?
Nach der Sommerpause müsse man überlegen, wie’s weitergeht, sagt auch Grünen-Fraktionssprecherin Ingrid Reuter. „Im Falle einer Fortführung des 29 Euro-Tickets müsste ein neuer Ratsbeschluss her“, stellt Reuter fest. In welche Richtung die Grünen tendieren, lässt sie vorläufig offen. „Erstmal sind wir zufrieden, dass der Beschluss nun umgesetzt wird. Dann schauen wir uns die Verkaufszahlen an.“
„Wir würden eine Verlängerung des 29 Euro-Tickets in 2024 nicht mitmachen“, kündigt CDU-Fraktionsvize Uwe Waßmann mit Blick auf eine NRW- oder sogar bundesweite Lösung ab Dezember an.
Zumal der VRR (Verkehrsverbund Rhein-Ruhr) Nutzern des Sozialtarifs entgegenkomme und die Ticketgültigkeit ab August aufs gesamte VRR-Gebiet ausdehne. Die Umstellung auf 29 Euro erfordere bei DSW21 hohen Aufwand – „für ganze vier Monate“, schüttelt Waßmann den Kopf.
Zudem gehe die Stadt ein Risiko ein, wenn sie DSW21 von der Nachweispflicht für die Berechtigung der Kartennutzer entbinde. Kritisch sieht Waßmann vor allem die Finanzen: Fürs zweite Halbjahr 2023 stehen 1,5 Millionen Euro Zusatzkosten im Haushalt. Er warne davor, das Ticket auch 2024 weiter herunter zu subventionieren. Die kommenden Etatberatungen würden ohnehin schwierig genug.
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