Düstere Prognose für Dortmunder Badbetreiber „Dann ist die Sportwelt Mitte 2026 insolvent“

Dortmunds Badbetreiber vor ungewisser Zukunft: Droht die Insolvenz?
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Nimmt die Stadt Dortmund den Betrieb der Bäder bald in die eigenen Hände? Oder überträgt sie die Aufgabe an den Revierpark Wischlingen? Noch ist der privat organisierte Betreiber Sportwelt Dortmund für die vier Hallenbäder in Hombruch, Lütgendortmund, Mengede und Brackel zuständig. Gleiches gilt für die Freibäder Froschloch, Volkspark und Wellinghofen. Das Freibad Hardenberg, wegen ausstehender Reparaturen geschlossen, hat die Sportwelt inzwischen an die Stadt (bzw. an die städtischen Sport- und Freizeitbetriebe) zurückgegeben.

Politiker aus den Ratsfraktionen fordern schon lange ein neues Betreiber-Modell. Die städtischen Sport- und Freizeitbetriebe haben dazu bereits Varianten vorgelegt, die zumindest im Grundsatz denkbar erscheinen. Allerdings in einer Art „Rohfassung“: Bislang kennen die Politiker weder Berechnungen noch Zahlen, welche finanziellen Folgen ein Betreiberwechsel für die Stadt hätte. Billiger dürfte es nicht werden.

Ein Modell sieht vor, künftig die Revierpark Wischlingen GmbH anstelle der Sportwelt in die Bäder zu lassen – was in den Reihen von SPD, Grünen und CDU aktuell auch favorisiert wird. Dort ist der Abgesang auf die 2004 gegründete Bädergesellschaft längst in vollem Gange. Der Vertrag zwischen der Stadt und der Sportwelt läuft allerdings noch bis 2028.

"Haben unsere Aufgaben erfüllt"

In den Ratsfraktionen gilt das Unternehmen inzwischen als ungeliebtes Kind. Die immer wieder kehrenden, internen Verwerfungen zwischen den damaligen Sportwelt-Gesellschaftern haben ebenso genervt wie der jahrelange Ärger mit den städtischen Sport- und Freizeitbetrieben. Alle Vorstöße, den Streit zu schlichten, verliefen im Sande. Schließlich versuchten die Politiker über einen eigens ins Leben gerufenen „Beirat“ Einfluss auf den Badbetreiber zu nehmen. Auch das misslang. Am Ende waren die Ratsvertreter das Spiel leid und stellten ihre Arbeit im Beirat entnervt ein.

2023 dann stieg mit dem Stadtsportbund (SSB) in Ergänzung zur DLRG und zum Kreisverband Schwimmen ein neuer Gesellschafter beim Badbetreiber ein. Es sollte ein Befreiungsschlag sein. Doch nun steht der Gesellschafter plötzlich wieder vor dem Rückzug: Nach nur zwei Jahren will sich der SSB im Laufe 2025 verabschieden, wie dessen Vorstandsvorsitzender Thomas Friedhoff am Mittwoch (16.4.) im Gespräch mit unserer Redaktion erklärte. „Wir haben unsere Aufgabe vollumfänglich erfüllt“, sagt Friedhoff.

„Wir haben den Betrieb wieder handlungsfähig gemacht“, so Friedhoff mit Blick auf Sportwelt-Interims-Geschäftsführer Peter Gadow. Dessen Aufgabe war es unter anderem, die von den Vorgängern hinterlassene Buchführung „aufzuräumen“. Gadow zieht sich nun vorzeitig Ende Juni 2025 zurück. Einen Nachfolger für die Geschäftsführung der Sportwelt gibt es noch nicht. Ob die beiden weiteren Gesellschafter DLRG und der Kreisverband Schwimmen bei der Stange bleiben, soll sich in den nächsten Tagen klären.

„2025 halten wir noch durch“

Friedhoff sieht die Sportwelt gGmbH auf die Insolvenz zusteuern. Es geht wie in den Jahren zuvor ums Geld. Genauer: um die Zuschüsse der Stadt zu den laufenden Betriebskosten. Sie sind aus Sportwelt-Sicht schlicht zu gering. Rund 2,7 Millionen Euro schickt die Stadt jährlich rüber, um den Betrieb in den Bädern aufrecht zu halten. „Wir brauchen aber 4,5 Millionen Euro“, sagt Friedhoff.

Auch das Freibad Volkspark wird von der Sportwelt betrieben. Ob abeer der Sprungturm im Sommer genutzt werden kann, ist noch offen.
Auch das Freibad Volkspark wird von der Sportwelt betrieben. Ob der Sprungturm im Sommer genutzt werden kann, ist noch offen. © RN

Die Sportwelt habe Rücklagen gebildet. „2025 halten wir finanziell noch durch“, prognostiziert der SSB-Vorstandschef. 2024 werde das Defizit voraussichtlich „unter 100.000 Euro“ liegen. Noch. 2026 und 2027, so eine Hochrechnung, werde es auf je rund 1,8 Millionen Euro steigen, sagt Friedhoff. „Der Stadt liegen alle Zahlen vor.“

Das Problem: 54 Beschäftigte stehen zurzeit in Diensten der gemeinnützigen Sportwelt. Ihr Gehalt bzw. Lohn liegt unterhalb der Margen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD). Friedhoff: „Wir kommen auf gerade 75 Prozent des TVöD.“ Zudem bedürfe es mehr Personal. „Wir brauchen 15 Leute zusätzlich“. Und wenn es um bauvorbereitende Leistungen gehe, „nochmal drei weitere Leute“, so Friedhoff.

Das sei mit den derzeitigen Betriebskostenzuschüssen nicht mehr zu stemmen. Rechne man all diese Komponenten mit ein, „wird die Sportwelt Mitte 2026 insolvent sein“, wenn die Stadt ihre Zuschüsse nicht anpasse, fürchtet Friedhoff.„Unter den jetzigen Rahmenbedigungen geht der SSB aus der Gesellschaft raus“, so Friedhoff.

Übernimmt der Revierpark?

Und dann? Könnte passieren, was sich mindestens die Sportpolitiker bei SPD, Grünen und CDU wünschen: ein Betreiberwechsel hin zum Revierpark Wischlingen. Der verfüge über das notwendige Know-How, heißt es. Tatsächlich bereiten die Sport- und Freizeitbetriebe ein umfängliches Papier vor, das den Sportpolitikern in der Sitzung am 10. Juni vorliegen soll. Darin werden zwei Varianten betrachtet: der Betriebsübergang auf den Revierpark und auf die Sport- und Freizeitbetriebe.

Beide liegen in städtischer Hand. Die Sport- und Freizeitbetriebe sind als Eigenbetrieb direkt bei der Stadt angesiedelt. Bei der Revierpark Wischlingen GmbH hat die Stadt ebenfalls das Sagen – sie ist dort alleiniger Gesellschafter. „Die Bäder müssten in diesen Fällen nicht ausgeschrieben werden“, betont Bernd Kruse. Er ist Chef der Sport- und Freizeitbetriebe und nebenamtlicher Geschäftsführer der Revierpark Wischlingen GmbH in Personalunion. „Wir werden zu beiden Varianten eine Übersicht mit allen Zahlen liefern“, sagt Kruse. Auch zu den künftigen Betriebskostenzuschüssen.

Es sei absehbar, dass die Löhne und Gehälter der Beschäftigten im Falle eines Übergangs auf die Kommune (oder einen kommunalen Betreiber) auf TvöD-Niveau stiegen. Es werde im Papier für die Politiker aber auch um die anstehenden Investitionskosten gehen. „Wenn wir die Pferde wechseln, müssen wir natürlich auch die Maßnahmen abbilden, die in den kommenden Jahren in den betroffenen Bädern anstehen“, so Kruse.