Für Kinder bedeuten die Corona-bedingten Einschränkungen teils eine erhebliche Belastung. Das Fehlen von Kita, Schule und Sport kann Auswirkungen auf Gesundheit und Entwicklung haben. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Kinderärzte in Dortmund
Ärztin warnt: Mehr Kinder mit Übergewicht, Panikstörungen, Sprachproblemen
Wenig Bewegung, ungesunde Ernährung, soziale Isolation: Seit Monaten leiden Kinder unter Corona-bedingten Einschränkungen. Kinderärzte in Dortmund schildern teils drastische Folgen.
Seit Monaten warnen Experten vor den Folgen, die die Corona-Pandemie insbesondere für Kinder und Jugendliche haben können. Lange Phasen ohne Präsenzunterricht oder regelmäßigen Kitabesuch, kein Training in den Sportvereinen und wenige soziale Kontakte - auch viele Eltern sorgen sich um die Langzeitfolgen dieser Einschränkungen.
Die ersten Probleme schlagen nun auch nach und nach bei den Kinderärzten in Dortmund auf, sagt Hendrike Frei. „Wir sehen mehr übergewichtige Kinder als zu Normalzeiten“, so die Sprecherin der Kinderärzte in Dortmund.
Die Gründe: „Zu wenig Bewegung, es wird nicht mehr das Richtige gegessen, Essen als Beschäftigung.“ Auch Stoffwechselstörungen gebe es vermehrt. Ob das auch langfristig Folgen hat? „Wir wissen noch nicht, ob es zu mehr Diabetes kommt.“
Depressive Verstimmungen und Rückfälle
Eine weitere beunruhigende Beobachtung: „Wir sehen Jugendliche, aber auch junge Grundschulkinder mit depressiven Verstimmungen. Und Kinder, bei denen eigentlich schon therapierte Ess- oder Panikstörungen jetzt wieder auftreten. Je länger die Pandemie dauert, umso schwieriger wird es, Rückfälle zu verhindern.“
Bei den U-Untersuchungen erlebe man, dass Kinder mehr fremdeln als gewöhnlich, so Frei: „Es gibt viele Kinder, die in den letzten Monaten nur wenige Menschen gesehen haben, das merkt man, wenn man kommunizieren will - dass sie Probleme haben, was das Sozialleben angeht.“ Da gebe es beispielsweise Kinder, die sich ständig an der Mutter festklammern.
Sprachliche Defizite durch soziale Isolation
Sprachliche Defizite seien ebenfalls schon aufgetaucht. „Insbesondere in Haushalten, wo Deutsch nicht die vorherrschende Sprache ist, gibt es Kinder, die jetzt wieder viel schlechter sprechen.“ Viele Familien meiden Spielplätze und haben große Angst vor einer Ansteckung mit Corona - die andererseits eine gute Gelegenheit seien, andere Kinder zu treffen und Deutsch zu sprechen.
Auch was die frühkindliche Bildung angeht, rechnet die Kinderärztin mit Defiziten. Nicht in jeder Familie seien Basteln, Malen, Kreativ sein selbstverständlich. „Es gibt Familien, die wissen nicht, dass man aus Kastanien Männchen bauen kann. Oder das Equipment fehlt. So viele Angebote wie eine Kita kann man als Familie nicht immer anbieten, das hat auch finanzielle Gründe.“
Schlechter auf die Schule vorbereitet
Insbesondere bei Vorschulkindern sei das problematisch: „Wir werden im Sommer Kinder in die Schule bekommen, die nicht so gut auf die Schule vorbereitet sind wie sonst.“
Aus Sicht des Infektionsschutzes seien feste Gruppen sinnvoll - damit fallen aber viele Angebote für Vorschulkinder, die sich sonst in Extra-Gruppen treffen, weg. Hier werden zum Beispiel Konzentrationsübungen gemacht. „Es wird Kinder geben, die das nicht beherrschen. Diese speziellen schulvorbereitenden Dinge können im Moment nicht so gut sein, wie es sonst war“, sagt Hendrike Frei.
Noch nur Einzelfälle - viele Kinder sind abgetaucht
Die Ärztin betont aber, dass es sich bei diesen Eindrücken noch um einzelne Fälle handelt - von Kindern, deren Eltern sie von sich aus beim Kinderarzt vorstellen. „Das sind ja die Eltern, die sehr sensibel sind, sich Gedanken machen, Probleme erkennen.“
Es gebe jedoch viele Kinder und Jugendliche, die teils seit Monaten unter dem Radar schwimmen. „Es gibt Kinder, die teils seit November nicht mehr in der Kita oder im Unterricht waren, fast gar nicht an Videokonferenzen teilgenommen haben.“
Die Kontrollfunktion, die Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter in den Einrichtungen sonst im Bereich Kinderschutz ausüben, ist dementsprechend sehr eingeschränkt. Ein Gesamtbild zu langfristigen Folgen für Gesundheit und Entwicklung könne man frühestens in einem halben Jahr erkennen.
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