Doch Gift am Gneisenau-Park Labrador-Retriever Tilda (3) überlebt Giftköder nur knapp

Doch Gift am Gneisenau-Park: Tilda (3) überlebt Giftanschlag nur knapp
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Bei Facebook machte Ende Juni ein Gerücht die Runde: Im Gneisenau-Park in Derne sollten Tierköder ausgelegt worden sein. Die Redaktion recherchierte, wirklich erhärten ließ sich das Gerücht nicht (wir berichteten). Weder die Polizei, das Dortmunder Grünflächenamt oder Arche 90 konnte von einem konkreten Fall aus dem Park berichten.

Doch nach der Berichterstattung meldete sich jetzt ein Hundebesitzerpaar bei der Redaktion. Laut Sebastian Adamczyk (37) und Freundin Marisa Kraft (35) ist ihr Hund Tilda (3) in unmittelbarer Nähe zum Gneisenau-Park Opfer eines vergifteten Tierköders geworden. Sie schildern den Ablauf des Unglücks.

Ein folgenschwerer Spaziergang

Für Hundedame Tilda gehört der Gang zum Gneisenau-Park zur täglichen Route. Am 25. Juni, einem Sonntag, drehte das Paar hier gemeinsam eine Runde. Entlang des Parks steht das Gras etwa 20 bis 30 Zentimeter hoch. Neugierig, wie Tilda ist, schnüffelte die Hündin im hohen Gras herum. Etwas Kleines, Unauffälliges verschwand in ihrem Maul. Der kurze Moment hat schwere Folgen für die Hündin.

Ihre Neugier wurde Hundedame Tilda (3) beinahe zum Verhängnis. Beim Wühlen im Straßengraben fraß sie einen vergifteten Tierköder. Ohne schnelle Hilfe der Tierklinik in Recklinghausen wäre sie nicht mehr am Leben.
Ihre Neugier wurde Hundedame Tilda (3) beinahe zum Verhängnis. Beim Wühlen im Straßengraben fraß sie einen vergifteten Tierköder. Ohne schnelle Hilfe der Tierklinik in Recklinghausen wäre sie nicht mehr am Leben. © Mathias Gaumann

Als das Paar wenige Minuten später wieder zu Hause ist, zeigt die Hündin bereits ein sehr auffälliges Verhalten. Sie erbricht mehrmals, die Herzfrequenz steigt stark an. Bei Marisa Kraft bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen, als sie im Erbrochenen kleine rote Partikel mit neonpinken Punkten findet. „Sowas gehört auf keinen Fall in irgendwas, was ein Hund essen sollte“, sagt Marisa Kraft. Sie erinnern die Farbe und die Pellet-Form an Schneckenkorn oder Rattengift.

Rettung in letzter Minute

Den beiden Tierbesitzern ist klar, dass sie jetzt schnell handeln müssen. Ohne lange nachzudenken machen sich Kraft und Adamczyk mit der schwer angeschlagenen Hundedame auf den Weg zur AniCura-Klinik nach Recklinghausen, der einzigen Tierklinik im Umkreis die einen 24 Stunden-Service anbietet. 25 Minuten braucht das Paar mit dem Auto.

Dort angekommen wird die extrem geschwächte Tilda sofort behandelt. Zum Erbrechen gebracht wird sie nicht mehr, die Ärztin hält sie schon für zu schwach. Unter Narkose wird der Magen der Hündin ausgespült - die Vergiftungs-Symptome aber bleiben. Zwei Tage lang kämpft die Hündin in der Klinik um ihr Leben. Auch nach dem Aufenthalt bleibt ihr EKG sehr auffällig. Marisa Kraft vermutet, dass die Vergiftung bleibende Herzschäden ausgelöst hat. Auch jetzt noch ist die Hündin nicht fit.

Auf diesem Wegstück am Gneisenau-Park passierte das Ünglück.
Auf diesem Wegstück am Gneisenau-Park passierte das Ünglück. © Mathias Gaumann

Den beiden Hundebesitzern ist die Betroffenheit immer noch anzumerken. Nachdem sie die vergiftete Tilda in die Klinik gebracht haben, suchen die beiden Besitzer den Park nach weiteren Giftködern ab - können aber nichts finden. Marisa Kraft kontaktiert einen Giftköder-Suchdienst, der jedoch eine Probe des Gifts benötigt. Ohne Beweis kein Fall.

Woher kam der Köder?

Adamczyk und Kraft vermutenhinter dem vermeintlichen Köder einen Hundehasser. Viele Hundebesitzer seien hier nachlässig, ließen Hunde-Kot liegen und nähmen die Hunde nicht an die Leine - was eigentlich Pflicht in Dortmund ist. „Vermutlich ein Mensch, der ganz viel Wut und Frust hat“, sagt Marisa Kraft. Beweisen kann sie die Vermutung nicht.

Eine Tatsache ist für das Paar besonders ärgerlich - es musste mit der vergifteten Tilda bis zur AniCura Klinik nach Recklinghausen fahren. „Warum gibt es in der Großstadt Dortmund keine Tierklinik, die 24-Stunden geöffnet hat?“, fragt sich Marisa Kraft.

Kein 24-Stunden Tierklinik

Mit dieser Frage ist sie nicht alleine. Auch Gabi Bayer vom Tierschutzverein Arche 90 hält den Zustand für verbesserungswürdig. In dringenden Fällen zählt jede Minute, und das Fehlen einer solchen Klinik kann fatale Auswirkungen haben, sagt die Tierschützerin. Es gibt zwar laut Bayer einige Tierarztpraxen, die teilweise sogar bis 22 Uhr geöffnet haben - aber in der Nacht sieht es düster aus. Wenn jetzt ein Notfall eintritt, bleibt den Tierbesitzern nichts anderes übrig, als nach Recklinghausen zu fahren.

Hinzu kommt auch: Die Tierklinik lässt sich die 24-Stunden-Verfügbarkeit gut bezahlen. Im Fall von Tilda sogar sehr gut. Das Hundehalterpaar zeigt der Redaktion die Rechnung. Für die dreitägige Behandlung ihres Hundes müssen Sebastian Adamczyk und Marisa Kraft fast 3000 Euro bezahlen. „Der Gegenwert eines ausgiebigen Urlaubs - das hat wirklich weh getan“, gibt Kraft zu. Aber natürlich haben die beiden den Preis gerne bezahlt um ihre Tilda zu retten. „Natürlich ist das viel, aber sie ist doch ein Familienmitglied. Die Frage stellt sich überhaupt nicht“, bekräftigt Sebastian Adamczyk während er die Hundedame streichelt.

Diesen Luxus haben leider nicht alle, kann Gabi Bayer berichten. Viele Menschen können sich das nicht leisten und verzichten daher auf den Gang zum Tierarzt. Sie findet, es ist höchste Zeit, dass sich in Dortmund etwas ändert. Tiere sollten keine Luxusartikel sein.

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